Kommentar
15:53 Uhr, 30.04.2013

Immobilien - wie sicher ist sicher?

Deutschland erlebt einen Immobilienboom enormen Ausmaßes. Wenn man in München wohnt fällt ein repräsentativer Blick sicherlich schwer, aber was hier in Sachen Häuser/Wohnungen/Grundstücke abgeht erzeugt schon fast Kopfschütteln. Unverschämte Preise werden aufgerufen; wenn ich den Kollegen vom Land erzähle, dass man im Großraum München für einen m² mittelmäßiges Bauland durchaus mal 700 EUR oder auch mehr einkalkulieren sollte, ernte ich staunende Blicke.

Es ist ein scheinbar überzeugendes Potpourri, dass die Menschen in Immobilien drängt: Geld „sicher anlegen“, Eurokrise im Allgemeinen, Inflationssorgen und vor allem niedrige Zinsen. Zwischen 2 und 2,5% muss man nur noch für eine zehnjährige Bindung berappen, da kann man sich schnell in Sicherheit wiegen und ausrechnen, dass das Haus eigentlich doch nicht so teuer ist – auch wenn der Preis optisch recht hoch erscheint.

Bei 1% Tilgung und gleichbleibender Annuität hat man nach 10 Jahren noch nicht wesentlich mehr als 10% der Schuld abgetragen. Aber wie sieht in 10 Jahren das Zinsniveau aus? Und wie sehen dann die Immobilienpreise aus? Wie kann ich mich refinanzieren?

Da könnten sich einige doch arg verrechnen. Denn alle scheinen davon auszugehen, dass die Preise immer nur nach oben gehen können. Ich gebe Ihnen aber Brief und Siegel, dass auch der derzeit unzerstörbar scheinende deutsche Immobilienmarkt bluten wird, wenn die Zinsen wieder steigen. Und wenn dann in 10 Jahren die Banken nicht mehr 2,x sondern 4,x oder gar 5,x% Zinsen verlangen, dann hat auch Deutschland seine Immobilienkrise.

Verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Notenbanken die Zinsen ewig am Boden liegen lassen, auch wenn es so scheint, als ginge es nicht anders. Bedenken Sie dann auch noch die Tendenzen, Steuern auf breiter Front zu erhöhen. Dann vielleicht an der einen Stelle nochmal ganz neue Abgaben (Vermögensteuer?), einmalige Aderlasse (Zypern lässt grüßen) und schon ist man in einem Umfeld, in dem Geld knapp wird. In einem solchen Umfeld steigen Preise von Vermögensgütern nicht.

Das ist mir Sicherheit kein Plädoyer gegen Immobilien, aber gegen die falschen Beweg- und vor allem unpassenden Finanzierungshintergründe. Wenn Sie 50% Eigenkapital stemmen können, wird Ihnen vermutlich auch in 10 Jahren nicht viel passieren können, wenn die Refinanzierung ansteht. Wer aber meint, er könnte ein schmuckes Haus mit 80-90% Fremdkapital finanzieren, dürfte arg in die Bredouille geraten.

Der wichtigste Grund für den Erwerb einer Immobilie sollte schlicht sein, darin zu wohnen – und nicht, viel Geld zu verdienen, die Inflation zu besiegen oder dem vermeintlichen Zusammenbruch des Euro zu entgehen.

Ihr Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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