Im Gespräch mit peaq-Gründer Leonard Dorlöchter
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Dieser Beitrag erschien im DACH Insider Ausgabe 07 am 01.12. Der DACH Insider ist das Insider-Journal für die deutschsprachige Digital Assets Industrie. Jeden zweiten Sonntag liefern wir exklusive Analysen und Hintergrundberichte aus dem DACH-Raum. Schau dir hier die komplette Ausgabe an.
Die deutsche Gründerszene ist seit wenigen Tagen um ein Unicorn reicher - und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern in harten Zahlen. Die Rede ist vom peaq-Netzwerk, dessen Token vor rund zwei Wochen handelbar wurde und aktuell zu einer vollständig verwässerten Bewertung in Höhe von 1,4 Milliarden USD taxiert wird.
Durch Partnerschaften mit Industriegrößen wie Lufthansa, Bosch und der Deutschen Telekom hebt sich peaq dabei deutlich von anderen Layer-1-Netzwerken ab. Speziell für DePIN-Projekte und das Internet der Dinge konzipiert, strebt peaq an, die zentrale Plattform für die Maschinenökonomie der Zukunft zu werden.
Die bisherige Traction ist vielversprechend: Mit über 50 DePIN-Projekten und über zwei Millionen vernetzten Maschinen ist peaq schon vor seinem Mainnet-Launch zu einem der führenden DePIN-Ökosysteme herangereift.
Aber was genau ist eigentlich die Maschinenökonomie und warum ist das Internet der Dinge auf Blockchains angewiesen, um wirklich skalieren zu können? Im Gespräch mit peaq-Mitgründer Leonard Dorlöchter haben wir genau diese Fragen diskutiert. Mit greifbaren Beispielen skizzierte er seine Vision der Wirtschaft von morgen, erklärte, welche Industrien durch DePIN besonders tiefgreifende Veränderungen erfahren werden, und zeigte auf, welche Schlüsselrolle peaq in dieser neuen Welt einnehmen könnte.
Die Vision der Maschinenökonomie
Bevor wir uns konkreter über peaq unterhalten, eine Frage vorweg: Was verstehst du unter einer Maschinenökonomie?
Die Maschinenökonomie ist für uns die Vision einer Welt, in der Maschinen, Geräte und Infrastruktur nicht nur miteinander kommunizieren, sondern auch ökonomisch agieren können. Das bedeutet, dass Maschinen autonom Transaktionen durchführen, sich authentifizieren und Daten austauschen können. Ein einfaches Beispiel wäre ein Robotaxi, das selbstständig eine Ladestation ansteuert, dort Strom lädt, diesen bezahlt und dann eine Person abholt. Es geht darum, eine vernetzte Wirtschaft zu schaffen, in der Maschinen miteinander handeln und auf Basis von realer Nachfrage und Angebot agieren können – ohne menschliches Zutun.
Das klingt sehr nach dem Internet of Things. Warum muss diese Maschinenökonomie auf Blockchains laufen? Können die großen Industrieunternehmen nicht einfach ihre eigenen Systeme ausrollen?
Die Herausforderung bei zentralisierten Systemen ist, dass sie in Silos arbeiten. Jede Anwendung – sei es Carsharing, Parken oder Ladestationen – funktioniert als geschlossene Plattform. Wenn du Carsharing nutzen möchtest, musst du eine App herunterladen, dich anmelden und deine Zahlungsmethode hinterlegen. Das Gleiche gilt für das Laden von Elektroautos oder das Parken.
In einer Zukunft, in der Maschinen autonom agieren, müsste ein Robotaxi für jede dieser Anwendungen separate Plattformen nutzen – was schlicht unmöglich ist. Maschinen brauchen eine offene Infrastruktur, die ihnen erlaubt, sich zu identifizieren, zu kommunizieren und ökonomische Transaktionen abzuwickeln, ohne dass sie sich bei jeder Plattform anmelden müssen.
Blockchain bietet genau diese gemeinsame Grundlage. Sie ermöglicht, dass Maschinen vernetzt sind und auf einer Infrastruktur agieren, die unabhängig von einzelnen Betreibern ist. So können Maschinen eigenständig handeln, Zahlungen abwickeln und Ressourcen teilen. Blockchain bringt Transparenz, Sicherheit und Dezentralität – die Grundlage für eine globale Maschinenökonomie, in der jede Maschine mit jeder anderen interagieren kann. Web2-Lösungen hingegen bleiben isoliert. In einer echten Maschinenökonomie, basierend auf Web3, agieren Maschinen auf einer gemeinsamen Grundlage – das ist der Schlüssel zu einer offenen und vernetzten Zukunft.
peaq als DePIN-fokussierte Layer-1
Ok, verstehe. Und wie lautet der Pitch für peaq? Also warum sollte diese Maschinenökonomie nicht auf einer General Purpose Blockchain wie Solana oder Ethereum, sondern lieber auf einer DePIN-fokussierten Layer-1 entwickelt werden?
Als wir damals gestartet sind, hatten wir nicht das Ziel, eine Layer-1- oder Layer-2-Blockchain zu bauen. Unser Fokus lag auf der Idee der Maschinenökonomie – eine Vision, die es zu verwirklichen galt. General Purpose Blockchains wie Ethereum oder Solana sind nicht darauf ausgelegt, die spezifischen Anforderungen der Maschinenökonomie zu erfüllen. Sie bieten zwar Flexibilität, aber keine optimierten Lösungen für maschinenspezifische Probleme wie Identitäten, Zugangskontrollen oder Datenverifizierung. peaq hingegen ist genau darauf ausgerichtet. Unsere Layer-1 hat diese Funktionalitäten bereits in die Blockchain-Architektur integriert, was es einfacher und effizienter macht, solche Anwendungen zu entwickeln.
Ein weiterer Nachteil von General Purpose Blockchains wie Solana ist, dass dort nicht nur DePIN-Aktivität stattfindet, sondern auch viele andere Transaktionen, darunter auch Memecoin-Trading. Das führt dazu, dass Konzerne wie Bosch große Vorbehalte haben, weil sie Angst vor dem Reputationsrisiko haben, das mit solchen Netzwerken verbunden ist. Bei peaq bieten wir hingegen eine gezielte Lösung für DePIN-Projekte, ohne Ablenkungen durch andere Aktivitäten. Das ist der Schlüssel: nicht nur Blockspace anzubieten, sondern gezielte Tools für DePIN-Projekte bereitzustellen.
Kannst du diese konkreten Eigenschaften einmal anschaulicher machen und 2-3 Module nennen, die ihr gebaut habt?
Ein Kernmodul ist peaq ID, mit dem Maschinen eine Identität erhalten – ähnlich wie ein Passwort für Menschen. Diese Identität ermöglicht es Maschinen, sich zu authentifizieren und mit anderen Geräten oder Plattformen zu kommunizieren. Ein weiteres Modul ist Role-Based Access Control, das regelt, welche Maschinen Zugriff auf bestimmte Ressourcen haben, sei es Strom, Parkplätze oder Daten. Schließlich haben wir ein Modul für Datenverifizierung entwickelt, das sicherstellt, dass Daten von Maschinen authentisch und manipulationssicher sind. Diese Module sind entscheidend, um eine funktionierende Maschinenökonomie aufzubauen.
Vor wenigen Tagen habt ihr euer Mainnet gelauncht. Die ersten DePIN-Projekte sollen zeitnah live gehen, viele weitere sollen in den nächsten Monaten folgen. Kannst du einmal ein paar Projekte hervorheben und erklären, was sie genau machen?
Ein Beispiel ist Silencio, eine App, die eine globale Karte zur Lärmbelastung erstellt. Nutzer können anonym Daten zur Geräuschkulisse sammeln und dadurch passives Einkommen generieren. Ein weiteres Projekt ist SkyX, das ein dezentrales Wetterdaten-Netzwerk aufbaut, um z.B. Katastrophenwarnsysteme zu verbessern. Und im Energiebereich gibt es Combiner, das Haushaltsgeräte ans Netzwerk anschließt, um dezentrale Energienetze zu schaffen. Diese Projekte zeigen, wie vielfältig die Anwendungen von DePINs sind.
Ausblick auf den DePIN-Sektor
Sind wir an einem Wendepunkt angelangt, an dem die Vision einer Maschinenökonomie endlich konkrete Formen annehmen kann?
Absolut. Wir sind an einem Punkt, an dem die notwendige Infrastruktur – skalierbare Blockchains, interoperable Standards und die richtigen Anreize – endlich vorhanden ist. Dazu kommt das Konzept von DePINs, das es ermöglicht, Netzwerke über Token-Incentives zu bootstrappen. Wir sehen die ersten realen Anwendungen, die echten ökonomischen Wert schaffen, und ich bin überzeugt, dass DePINs in fünf bis zehn Jahren Einzug in unser aller Leben gehalten haben werden.
Welche Sektoren werden deiner Meinung nach am stärksten von DePIN-Projekten transformiert werden? Mobility? Energie?
Mobility und Energie sind sicher die zentralen Bereiche, aber auch Telco ist spannend. Besonders interessant finde ich, wenn dezentrale Netzwerke genutzt werden, um globale Umwelt- oder Standortdaten zu sammeln und zu monetarisieren. Ein gutes Beispiel hierfür sind geospatiale Daten, also die Erfassung und Nutzung von geografischen Informationen. Projekte wie das NATIX Network arbeiten daran, solche Daten zu sammeln, um zu verstehen, was an bestimmten Orten passiert – sei es durch Kameras oder andere Sensoren.
In der Zukunft werden Maschinen und KI solche Daten brauchen, um sich in komplexen Umgebungen zu orientieren, zum Beispiel in einer Smart City oder in einem Einkaufszentrum. Ein humanoider Roboter müsste normalerweise kontinuierlich seine Umgebung scannen, was viel Batterieleistung benötigt. Wenn solche Daten jedoch von der Community gesammelt und bereitgestellt werden können, könnte der Energieverbrauch erheblich gesenkt werden.
peaq-Token und Roadmap
Ihr habt sehr viel Lob für euren Tokenlaunch erhalten. Wie blickst du darauf zurück?
Wir haben bewusst darauf geachtet, zu einer fairen Bewertung zu launchen, die den Markt nicht überhitzt. Der Launch war ein großer Erfolg, mit einem Handelsvolumen von über 125 Millionen USD am ersten Tag – und das ohne die großen Börsen wie Binance oder Coinbase.
Welche Utility steckt hinter eurem Token?
Der Token wird als Gas Fee für Transaktionen, für Staking und für Governance verwendet. Zusätzlich arbeiten wir an maschinenspezifischen Anwendungen, z.B. Reputation-Systems, bei denen Maschinen für ihre Zuverlässigkeit bewertet werden.
Zum Abschluss noch die Frage nach dem Ausblick: Woran arbeitet ihr bei peaq aktuell? Was könnt ihr in den nächsten Monaten verkünden?
Für nächstes Jahr steht bei uns besonders das Thema Machine DeFi im Fokus. Wir planen, mehr und mehr Lösungen in diesem Bereich auszurollen. Um etwas Alpha zu geben: Stell dir vor, wir haben tokenisierte Maschinen, also Maschinen, die Einnahmen generieren, beispielsweise Solarpanels. Diese Maschinen könnten als Assets on-chain registriert werden, was es ermöglicht, sie als Sicherheit (Collateral) für Finanzierungen zu nutzen. Dadurch entsteht eine völlig neue Form von Besicherung und eine komplett neue Assetklasse. Das ist besonders spannend, da es ein DeFi-Ökosystem schafft, das auf realen wirtschaftlichen Werten basiert, die on-chain abgebildet werden.
Außerdem arbeiten wir an massiven Upgrades, um Performance, Durchsatzgeschwindigkeit und Skalierbarkeit weiter zu verbessern. Da werden viele nicht schlecht gucken, wenn wir die Lösungen vorstellen.
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