IfW: Haushaltskonsolidierung belastet Konjunkturaussichten
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Die deutsche Konjunktur kommt laut Winter-Prognose des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) nur langsam wieder in Fahrt, und die Abwärtsrisiken haben deutlich zugenommen. Im laufenden Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung in Deutschland um 0,3 Prozent nachgeben, minimal weniger als in der Herbst-Prognose mit minus 0,5 Prozent erwartet, teilte das Institut mit. "Die Aussichten für die Folgejahre haben sich vor allem aufgrund der anstehenden Haushaltskonsolidierung eingetrübt", so das IfW. Die konjunkturellen Folgen hingen maßgeblich von den konkreten Einsparungen und der Stärke der Folgeeffekte ab.
Unter den vom IfW gemachten Annahmen zu den Folgen der Haushaltskonsolidierung falle der Bundesetat in den kommenden beiden Jahren um jährlich rund 30 Milliarden Euro kleiner aus, was die Zuwachsrate für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2024 um gut 0,3 Prozentpunkte reduziere. Die Wirtschaftsleistung legt dann laut der Prognose um 0,9 Prozent zu, gegenüber in der Herbst-Prognose erwarteten 1,3 Prozent. Für 2025 rechnet das IfW aktuell mit einem Zuwachs von 1,2 Prozent gegenüber bislang erwarteten 1,5 Prozent.
"Schlagen die Einsparungen stärker auf die Konjunktur durch oder fallen sie stärker aus, ist auch eine noch schwächere Entwicklung möglich", warnte das Institut. "Eine Rezession ist 2024 zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen." Insgesamt sei die konjunkturelle Dynamik in Deutschland verhalten, und die Wirtschaft mühe sich aus der Stagnation. Stütze sei der private Konsum, er dürfte in den kommenden beiden Jahren um jeweils rund 1,5 Prozent zulegen. Dahinter stehen laut IfW kräftige Zuwächse der real verfügbaren Einkommen vor allem infolge der höheren Lohnabschlüsse bei gleichzeitig sinkender Inflation.
Inflation geht deutlich zurück
Die Inflationsrate dürfte in den nächsten beiden Jahren laut IfW bis auf unter das 2-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) sinken. Sowohl von den Energiepreisen als auch den Lebensmittelpreisen gingen inflationsdämpfende Effekte aus. Insgesamt dürfte die Jahresinflation 2023 bei 5,9 Prozent, 2024 bei 2,3 Prozent und 2025 bei 1,8 Prozent liegen. Die Kernrate (ohne Energie) liege rund 0,5 Prozentpunkte höher. "Im nächsten Jahr dürfte die EZB die Zinsen deutlich senken", sagte das Institut vorher.
Am deutschen Arbeitsmarkt zeigten sich Spuren der Konjunkturschwäche. Der Beschäftigungsaufbau sei im Sommer zum Erliegen gekommen, gleichzeitig nehme die Zahl der Arbeitslosen zu. Die Arbeitslosenquote steigt laut Prognose dieses Jahr auf 5,7 Prozent und nächstes auf 5,8 Prozent und geht 2025 auf 5,6 Prozent zurück.
Die Staatsschulden werden nach den Berechnungen des IfW in Relation zur Wirtschaftsleistung deutlich sinken. Die hohen Preise und Lohnabschlüsse führten zu steigenden Steuereinnahmen, gleichzeitig entfielen durch die Konsolidierung Ausgaben. Das Finanzierungsdefizit des Staates dürfte von 1,9 Prozent in Relation zum BIP in diesem Jahr auf 0,9 Prozent im Jahr 2024 und 0,7 Prozent 2025 zurückgehen. Der Schuldenstand sinke im gleichen Zeitraum von 63,8 Prozent auf 62,4 Prozent.
Impulse seitens der Weltwirtschaft ließen vorerst auf sich warten. Sie dürfte in diesem und in den kommenden beiden Jahren nach der Kieler Prognose nur um rund 3 Prozent zulegen. Die deutschen Exporte werden in diesem Jahr demnach um 1,4 Prozent sinken, im Jahr 2024 stagnieren und erst im Jahr 2025 wieder deutlicher zulegen.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/hab
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