Ifo-Präsident Fuest schlägt Wachstumsagenda 2030 vor
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Von Andreas Kißler
DOW JONES--Der Präsident des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, hat eine Trendwende in der Wirtschaftspolitik gefordert. Er legte im Rahmen der Munich Economic Debates eine "Wachstumsagenda 2030" vor, wie das Institut mitteilte. Es gelte vor allem, Investitionen zu fördern, Effizienz zu steigern und Steuer- und Transfersysteme anzupassen. "Deutschland steht angesichts neuer geopolitischer Risiken, des fortschreitenden Klimawandels und fehlender Wirtschaftsdynamik vor enormen Herausforderungen, jetzt müssen viele Themen parallel adressiert werden", sagte Fuest.
In seiner Rede sprach Fuest den Angaben zufolge von einer "problematischen wirtschaftlichen Situation Deutschlands" und wies dabei insbesondere auf die schrumpfende Bruttowertschöpfung der Unternehmen hin, auf die sinkende Zahl von Arbeitsstunden pro Beschäftigtem und auf den Rückgang von Unternehmensinvestitionen. Letztere lägen deutlich unter dem Wert von 2019. Damit Deutschland wieder Erfolgsgeschichten schreiben könne, brauche es Fortschritte bei der Anpassung an die Klimaerwärmung bei gleichzeitigem Anstieg des Energieangebots. Deutschland müsste durch die Anwendung neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz in Staat und Unternehmen erhebliche Produktivitätsfortschritte erzielen.
Nötig sei ein massiver Strukturwandel zu mehr Wertschöpfung bei mittelständischen Firmen, Hidden Champions und erfolgreichen Startups, der den Rückgang im Automobilbau und bei energieintensiven Industrieunternehmen überkompensiere. Eine vermehrte Zuwanderung von Arbeitskräften und eine Verlängerung der Arbeitszeit pro Beschäftigtem müsste das Arbeitsangebot stabilisieren. Schließlich müsste Deutschland durch einen vertieften europäischen Binnenmarkt, neue Handelsabkommen und eine bessere Verteidigungsfähigkeit weniger anfällig für Veränderungen der geopolitischen Lage sein.
Aus diesem Zielbild ergibt sich laut Fuest die Notwendigkeit, die Wirtschaftspolitik deutlich zu verändern: Eine Neuausrichtung der Staatsausgaben hin zu Investitionen in Verteidigung, Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur und weg von nicht zielgenauen und Beschäftigung hemmenden Sozialtransfers, Subventionen und sonstigen nicht prioritären Staatsausgaben. Eine neue Energiepolitik, in der Klimaziele über Marktmechanismen erreicht würden und in der auch Atomenergie wieder genutzt werde. Ein radikaler Abbau von Bürokratie, auch über die Abschaffung verfehlter Regulierungen. Ein Steuersystem, das Arbeit und Investitionen entlaste und gleichzeitig Konsum und Grunderwerb stärker belaste. Geboten wären laut Fuest zudem eine eigene Agenda für mehr Innovationen und Startups sowie eine Vertiefung des europäischen Binnenmarktes und neue Freihandelsabkommen.
Als Beispiel für den Umgang mit geopolitischen Herausforderungen führte Fuest den Angaben zufolge die israelische Wirtschaft an. Dort finanziere man die hohen Kriegskosten mit einer Mischung aus erhöhter Neuverschuldung, einer Erhöhung der Umsatzsteuer sowie der Kürzung anderer Ausgaben. Trotz der ständigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Krisen sei es gelungen, in Israel die Staatsschulden zu begrenzen, in Bildung zu investieren und eine der weltweit erfolgreichsten Startup-Strukturen aufzubauen.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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