Nachricht
09:47 Uhr, 20.05.2010

ifo-Institut: Euro-Rettungsschirm schadet Deutschland

München (BoerseGo.de) - Das ifo-Institut hat den Euro-Rettungsschirm mit ungewöhnlich deutlichen Worten kritisiert. "Der Rettungsschirm ist für Deutschland ein unkalkulierbares Abenteuer und eine sichere Wachstumsbremse", sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Das milliardenschwere Rettungspaket schade den deutschen Interessen und diene insbesondere der Rettung französischer Banken und den hoch verschuldeten Staaten in Südeuropa, erklärte das ifo-Institut am Donnerstag auf Basis einer eigenen Analyse.

"Gefährdet war in der Krise nicht der Euro, sondern die Fähigkeit der europäischen Schuldensünder, sich weiterhin so günstig zu finanzieren wie Deutschland", stellte Sinn klar. "Außerdem hatten viele Bankhäuser, insbesondere in Frankreich, massive Probleme, weil der Marktwert der Wertpapierforderungen gegenüber den Schuldenländern weiter zu fallen drohte. Deshalb drängten insbesondere die Franzosen Deutschland zu dem Rettungsschirm." Entgegen anders lautender Behauptungen liege keine Systemkrise des Euro vor. Der faire Kurs des Euro liege bei etwa 1,14 US-Dollar und damit deutlich unter dem aktuellen Niveau. Die Inflationsrate sei mit ungefähr 1,5 Prozent noch niedriger als zu Zeiten der D-Mark. Durch den Rettungsschirm sei das Risiko für den Euro insgesamt eher gestiegen ist, weil nun alle Länder gefährdet seien. Das zeige die Entwicklung am Devisenmarkt nach Ankündigung des Pakets.

Werde der Rettungsschirm Gesetz, übernehme Deutschland de facto die Gewährleistung für die Schulden der anderen Eurostaaten. Neben den direkten Haushaltsrisiken habe diese Gewährleistung weitere problematische Folgen für die deutsche Wirtschaft. Gravierender als mögliche Lasten aus der Haftung Deutschlands sei die Fehlsteuerung von Investitionen und die damit zu erwartende Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Deutschland.

Nach dem Beitritt zum Euro hätten die Südeuropäer von günstigen Zinsen profitiert und auf Pump einen künstlichen Wirtschaftsboom finanziert. Der Rettungsschirm verhindere nun ein Ende dieses künstlichen Booms. Für Deutschland gelte das Argument spiegelbildlich. Deutsche Ersparnisse seien jahrelang nach Südeuropa und in die USA geflossen, während im Inland kaum noch investiert worden sei. Für Deutschland wäre eine einsetzende Korrektur laut ifo-Institut vorteilhaft gewesen, da ein Großteil der deutschen Kapitalexporte von zuletzt 166 Milliarden Euro im Jahr in Zukunft im Inland verblieben wäre und hier wieder für mehr Wachstum gesorgt hätte, wie man es aus der Vor-Euro-Zeit kannte. Das Rettungspaket verhindere jedoch diese notwendige Korrektur, lenke das Kapital weiter ins Ausland und verhindere so dringend notwendige Investitionen in Deutschland, kritisiert das ifo-Institut. Selbst mit massiven Steuererleichterungen werde man nun nicht mehr für mehr Investitionen in Deutschlang sorgen können.

World of Trading 2024: Triff die stock3-Experten live vor Ort

Am 22. & 23.11. findet die World of Trading in Frankfurt statt & stock3 ist mit dabei. Wir laden Dich ein, uns & unsere Experten näher kennenzulernen. Mit dabei sind u.a. Bastian Galuschka, Sascha Gebhard u.v.m.

Jetzt kostenloses Ticket sichern!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

Mehr über Oliver Baron
  • Anlagestrategien
  • Fundamentalanalyse
  • Value Investing und Momentum-Ansatz
Mehr Experten