ifo-Geschäftsklima: Das Schlimmste steht erst noch bevor
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Externe Quelle: Nord/LB
Das Münchener ifo Institut hat soeben die Ergebnisse seines Konjunkturtests bei rund 7.000 deutschen Unternehmen für den Berichtsmonat Oktober veröffentlicht. Nach den schon seit drei Wochen zur Verfügung stehenden, bisher allerdings noch recht wenig Aufmerksamkeit auf sich lenkenden Zahlen der Internetplattform Sentix sowie den sehr stark beachteten Daten der ZEW-Umfrage und der Markit Einkaufsmanagerindizes liegen mit dem Geschäftsklimaindex und seinen Unterkomponenten nun auch Informationen zum letzten prominenten Konjunkturindikator für die deutsche Wirtschaft vor. Demnach sind die auf die wirtschaftliche Lage in 6 Monaten gerichteten Geschäftserwartungen geradezu dramatisch auf nunmehr nur noch 81,4 Punkte gefallen. Das ist der tiefste jemals gemessene Wert seit dem Beginn der Befragungen in dieser Form im Jahr 1991. Die Beurteilung der gegenwärtigen Geschäftslage konnte sich hingegen auf niedrigem Niveau bei 99,9 Punkten stabilisieren. Der sich aus beiden Komponenten als geometrisches Mittel zusammensetzende Geschäftsklimaindex fiel mit 90,2 Punkten auf den niedrigsten Stand seit dem Frühjahr 2003.
Die heutigen Meldungen aus München bestätigen das düstere Konjunkturbild, das schon von anderen Indikatoren gezeichnet wurde. In der öffentlichen Wahrnehmung relativiert sich der Informationsgehalt möglicherweise auch dadurch, dass der Präsident des ifo Instituts, Hans- Werner Sinn, ebenfalls heute und damit nahezu zeitgleich mit Äußerungen Schlagzeilen machte, die auch bei vorsichtiger Lesart zumindest als sehr unglücklich zu bezeichnen sind. Sinn hatte erklärt, dass in jeder Krise nach Schuldigen gesucht würde, in der Weltwirtschaftskrise von 1929 seien es die Juden gewesen, in der derzeitigen Finanzmarktkrise die Manager. Nach unserem Geschmack hat Sinn mit den für ihn charakteristischen provokanten Thesen schon häufig Anlass dazu gegeben, dass über Sinn und Verstand der vorgetragenen Inhalte trefflich diskutiert werden konnte. Der jetzt von ihm bemühte Vergleich hat da jedoch für uns noch einen etwas anderen Beigeschmack.
Da wir zunächst aber an unserer Meinung festhalten wollen, dass die Zahlen des ifo Instituts mehr taugen als die markigen Worte seines Präsidenten, entnehmen wir den nun vorliegenden Befragungsergebnissen zwei durchaus interessante Informationen im Kontext der ansonsten hinlänglich bekannten Konjunkturflaute. Zum einen haben sich die Erwartungen nicht bestätigt, dass sich das aktuelle Umfeld der Unternehmen mit der sich immer weiter verschärfenden Finanzmarktkrise abermals verschlechtert hat. Andererseits sind die befragten Firmenchefs aber offenbar der Meinung, dass ihnen und uns das Schlimmste erst noch bevorsteht. Wenn sich das als zutreffend erweisen sollte, dann ist erstens davon auszugehen, dass die Turbulenzen der Finanzmarktkrise vorerst keinen Halt finden. Zweitens muss befürchtet werden, dass die Kollateralschäden für die Realwirtschaft heftiger werden als bis dato angenommen.
FAZIT: Die heute veröffentlichten Angaben zum ifo Geschäftsklimaindex und seinen Unterkomponenten reihen sich ein in die negativen Signale, die bereits von anderen Indikatoren gegeben wurden. Eine interessante und zugleich beunruhigende Implikation des dramatischen Einbruchs der Geschäftserwartungen ist die mehr und mehr schwindende Aussicht darauf, dass die Rezession in Deutschland nur eine kurze Stippvisite macht. Eine anhaltende Konjunkturflaute würde indes einen immer stärkeren geldpolitischen Handlungsbedarf in Richtung einer schnellen und beherzten Lockerung der Leitzinsen erzeugen.
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