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10:00 Uhr, 18.03.2024

Ifo: Forscher plädieren für mehr Energie-Zusammenarbeit in Europa

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Wirtschaftsforscher aus verschiedenen Ländern fordern von der Europäischen Union mehr Energie-Zusammenarbeit, um als Reaktion auf die Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die europäische Energieversorgung zu optimieren und Strompreise zu senken. Nach Angabe des Ifo-Instituts plädieren die internationalen Ökonomen des Forschungsnetz EconPol für ein marktwirtschaftliches Vorgehen und eine staatliche Förderung während des Übergangs zur kohlenstoffarmen Wirtschaft, wobei diese Staatshilfen nicht mit neuen Schulden, sondern mit Ausgabenkürzungen finanziert werden sollten.

"Die Umstellung auf nicht-fossile Energiequellen kann nicht nur die strategische Abhängigkeit verringern, sondern richtig gemacht auch die Strompreise senken und der EU und ihren Mitgliedstaaten helfen, ihre Klimaziele zu erreichen. Eine weitere Integration der europäischen Strommärkte und Gasnetze ist unerlässlich, um regionale Knappheiten besser auszugleichen", schreiben die Wirtschaftswissenschaftler in einem Papier für das Forschungsnetz EconPol Europe, dem Experten vom Ifo-Institut angehören.

Zu vermeiden seien wettbewerbsverzerrende Maßnahmen wie etwa staatliche Preiseingriffe. Diese würden nach Ansicht der Ökonomen Sparanstrengungen dämpfen und Investitionsanreize verringern. "Kurzfristige Eingriffe könnten langfristig den Umbau des Energiesystems erschweren", erklärte das Ifo-Institut. Nehme man sie dennoch vor, sei es notwendig, eine Balance zwischen Stützungsmaßnahmen für Haushalte und für Unternehmen zu finden.

Strategische Abhängigkeiten vermeiden 

Die Experten mahnten außerdem, dass Europa strategische Abhängigkeiten vermeiden sollte, wie etwa bei Rohstoffen oder beim Wasserstoff. Dies erfordere mehr Flexibilität innerhalb Europas, eine globale Versorgungsvielfalt und ein angemessenes Pipelinenetz für Wasserstoff und Gas. Gasnetze müssten zudem stillgelegt oder für Wasserstoff umgewidmet werden. Diese Herausforderung jetzt zu ignorieren, werde wahrscheinlich langfristig die Kosten in die Höhe treiben, wie due Wirtschaftswissenschaftler warnten.

Notwendig sei außerdem, dass Regierungen einen finanziellen Spielraum schafften, um in Krisenzeiten unterstützen zu können. Zusätzlich sei es nötig, den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu fördern. Dafür sei es nicht notwendigerweise erforderlich, die Staatsverschuldung zu erhöhen, sondern die Ausgaben zu senken - etwa durch die Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe - oder auch durch eine Erhöhung der Einnahmen über angemessene CO2-Preise, wie das Ifo-Institut betonte.

Um besser mit zukünftigen Krisen umgehen zu können, sollte sich Europa nach Ansicht der Forscherinnen und Forscher ein strategisches Zukunftsbüro zulegen, ähnlich wie Singapur, oder wie es Taiwan speziell für Gesundheitsfragen getan habe. Taiwan habe damit während der Corona-Pandemie große Erfolge erzielt, weil das Land sehr gut vorbereitet gewesen sei.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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