Kommentar
13:50 Uhr, 30.01.2004

Hexenkessel China

Die chinesische Konjunktur läuft auf Volldampf. Export, Konsum, Kapitalströme, alles zeigt steil nach oben. Und die Börsianer vergessen alle Vernunft und werden euphorisch, wie sie das in solchen Situationen immer tun.

Besonnene Anleger täten gut daran, sich in dieser Lage den Unterschied zwischen ökonomischer Realität und den emotionsgesteuerten Zuckungen der Aktienmärkte zu vergegenwärtigen. Kaum jemand mag ernsthaft bestreiten, dass China erst am Beginn eines langen Marsches an die Spitze der Weltwirtschaft steht. Ein gigantischer Binnenmarkt und ein schier unerschöpfliches Reservoir an billigen und oft auch hochqualifizierten Arbeitskräften sind Garanten dafür, dass der einst schlafende Riese unaufhaltsam seinen Weg zur größten Exportnation und ultimativ zur wichtigsten Volkswirtschaft der Welt fortsetzen wird.

Doch dieser lange Weg ist auch mit zahlreichen Stolpersteinen gesäumt. Probleme wie die immens hohe Zahl an notleidenden Bankkrediten, Korruption, die steigende Arbeitslosigkeit durch Schließung maroder Staatsbetriebe und die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich bereiten der chinesischen Regierung Kopfzerbrechen. Um die sozialen Spannungen nicht zu landesweiten Unruhen ausufern zu lassen, ist die KP dazu verdammt das Wirtschaftswachstum weiter anzufeuern. Zu weiteren Reformen gibt es also keine Alternative.

Doch sind Wachstumsraten von offiziell neun Prozent wie im vergangenen Jahr(nach Ansicht von Invesco-Fondsmanager Billy Chan in Wirklichkeit noch bedeutend höher) langfristig durchzuhalten? Oder wird es nicht doch bald wieder einen für Schwellenmärkte so typischen Einbruch geben?

Die Aktienkurse vor allem der in Hongkong notierten chinesischen Unternehmen, der sogenannten H-Shares, sind auf Kursniveaus angelangt,die selbst mit anhaltend starkem Gewinnwachstum kaum noch zu rechtfertigen sind. Daher sollten auch Anleger, die von der Dynamik der Konjunktur im Reich der Mitte - sicherlich zu Recht - begeistert sind Vorsicht walten lassen. Die Erfolgsstory in China ist zweifelsohne intakt. Doch selbst die Berufsoptimisten von der Fondsmanagerzunft äußerten in unserer jüngsten europaweiten Umfrage eine gewisse Besorgnis ob der inzwischen erreichten, oft irrwitzigen Bewertungsniveaus. Wenn das kein Warnsignal ist...

Quelle: Morningstar Deutschland

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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