Kommentar
00:00 Uhr, 16.02.2010

Hat man in Athen etwa einen Funken Anstand entdeckt?

Das griechische Drama erhält Woche für Woche, Tag für Tag, neue Akte. Die für mich am wenigsten überraschende „Neuerung“: Goldman Sachs, das Zentrum der Welthochfinanz, hat den Griechen bei ihrer überaus kreativen Buchführung geholfen. Es ging dabei, vor der Aufnahme in die Währungsunion, um die Verschleierung von Schulden. Dabei machte man sich die Definition von Schulden im Sinne der EU-Verträge zunutze und konstruierte über Derivate abenteuerliche Geschäfte, so dass aus „Anleihen“ „Währungsgeschäfte“ wurden. Hinzu kam noch die Verpfändung zukünftiger, sicherer Einnahmen des Staates gegen einmalige Zahlungen jetzt und hier, um die aktuelle Situation aufzufrischen.

Dies alles diente nur dem einen Zweck: Griechenland hatte die Kriterien nicht erfüllt, wollte aber trotzdem in den Euro aufgenommen werden. Also wurde schlicht und einfach betrogen. Und wer andere beim Betrug unterstützt, leistet Beihilfe zum Betrug. Die lieben Goldmänner strichen für ihre Tips 300 Mio. ein...Beides (sollte) strafbar(sein) – Betrug und Beihilfe. Aber wer traut sich Anklage zu erheben?

Goldman Sachs kam letzten Herbst sogar erneut auf Griechenland zu und wollte abermals mit 100% moralfreien Ideen zur Seite stehen. Immerhin widerstand man diesmal der Versuchung, langsam wurde es aber auch wirklich kriminell. Hat man in Athen etwa einen Funken Anstand entdeckt?

Wenn Sie mich fragen, dann sind solche Leute – in den Regierungen und in den Banken – die wahren Sünder der Finanzkrise. Moral ist ein völliges Fremdwort für diese Gierschlunde. Und die Achtung des Rechts interessiert nur soweit, als es den eigenen Interessen dient. Damit diese überaus eifrigen Boni-Sammler endlich mal etwas mehr Respekt und Achtung vor dem Rest der Welt bekommen, muss aber auch etwas geschehen. Die juristischen Schwierigkeiten dabei sind mir bewusst, aber ein Verfahren wegen (versuchten?) Betruges wäre doch wohl das mindeste, um zumindest einen Abschreckungseffekt zu erreichen. Das gilt sowohl für Banker als auch noch viel mehr für die Politiker, die ja letztlich entscheiden müssen und dem Volkswohl verpflichtet sind. Es ist kein Wunder, dass auch das gemeine Volk dazu neigt, in jedem Bereich (Steuern, Sozialleistungen etc.) mitzunehmen was nur irgendwie geht, wenn es doch überall vorgelebt wird. Da hat Guido Westerwelle, dessen Wortwahl ich übrigens in der Härte für absolut angemessen halte, doch völlig Recht. Der Ehrliche ist derzeit der Dumme – und wenn unser Gemeinwesen weiter stabil und prosperierend existieren soll, muss sich das ändern – auf jeder Ebene.

Daniel Kühn - Chefredakteur von http://www.tradersjournal.de/

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Über den Experten

Daniel Kühn
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Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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