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15:01 Uhr, 24.01.2013

Hat China schon mehr Gold als Deutschland?

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Auf amerikanischen Blogs sorgt der Vermögensverwalter Dr. Stephen Leeb gerade für Aufsehen, der meinte, dass China im letzten Jahr „mindestens 1000 Tonnen Gold“ importierte und niemand wisse, „wie viel Gold über andere Häfen als die offiziellen ins Land kam. Es könnte gut sein dass China schon die zweithöchsten Goldreserven der Welt hat, mehr als Deutschland.“ Niemand solle mitbekommen, dass China beabsichtige, eine Weltreservewährung, die mit Gold besichert ist, zu schaffen: Den Yuan.

Was ist davon zu halten?

Zunächst einmal ist es ein ganz normaler Vorgang, dass eine Zentralbank, die zu 99% nur auf ausländischen Devisen sitzt, einen Teil davon mit Gold besichern möchte, insbesondere dann, wenn ausländische Zentralbanken sich allem Anschein nach von dem Ziel der Kaufkraftwahrung ihrer Währung verabschiedet haben. Chinas Regierung hortet Gold, das steht fest. Dass der chinesische Goldschatz einmal größer sein könnte, als der deutsche sollte schon beim bloßen Vergleich der Größen Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung nicht weiter verwundern.

Offiziell ist über die chinesischen Goldreserven relativ wenig bekannt. Das letzte Mal, dass Chinas Regierung das Ausland wissen ließ, wie viel Gold sie besitzt, war im April des Jahres 2009. Sechs Jahre waren vergangen, nachdem man das letzte Mal etwas über die Goldvorräte verlautbart hatte und eine erstaunte Weltöffentlichkeit hatte damals im Frühjahr 2009 erfahren, dass China insgesamt 1054,10 Tonnen Gold besitzt, 454 Tonnen mehr als im Jahr 2003.

Als wäre das nicht schon aufregend genug gewesen goss ein ranghoher Politiker im gleichen Jahr weiteres Öl ins Feuer, als er in einer chinesischen Zeitung verkündete, China habe eine „Task Force“ aufgestellt, die Wege aufzeigen soll, wie China schnellstmöglich an weiteres Gold kommen könnte. „Wir schlagen vor, dass Chinas Goldreserven 6000 Tonnen in den nächsten 3-5 Jahren und 10.000 Tonnen in 8-10 Jahren erreichen sollen.“

Das ließ die Herzen der Goldanleger höher schlagen und höher wurde auch der Preis: In den Jahren 2009 und 2010 verteuerte sich Gold um über 100%. Von der Task Force hört man seither nichts mehr. Vielleicht hat man sich darauf geeinigt, erst dann zu verkünden, was man vorhat, nachdem man das Gold gekauft hat. Klug wäre das. Aber selbst wenn das so wäre, dass China eine goldgedeckte Währung plant, bleibt immer noch die Frage, wo das ganze Gold denn herkommen soll.

Eine Rechnung veranschaulicht das Problem: Die überirdischen Goldvorräte liegen bei rund 170.000 Tonnen. 170.000 Tonnen entsprechen 5,47 Milliarden Unzen. Zu Marktpreisen von aktuell 1680 USD/Unze beträgt der Wert dieser 5,47 Milliarden Unzen 9,18 Billionen USD. Chinas Devisenreserven erreichten im Dezember 2012 einen Stand von 3,31 Billionen USD. China müsste also irgendwie an 36% des Goldschatzes der Welt gelangen, um seine Währungsreserven vollständig mit Gold zu besichern. Würde es eine Besicherung anstreben wie Deutschland (unsere Währungsreserven sind im Januar 2013 zu 73,5% mit Gold besichert), so müsste China irgendwie in den Besitz von 1,45 Milliarden Unzen kommen, das entspricht umgerechnet rund einem Viertel des weltweiten Goldes, oder gut 45.000 Tonnen. Die von dem ranghohen chinesischen Politiker empfohlene Goldreservemenge von 10.000 Tonnen entspräche einer Besicherung um lediglich 16,3%, was dem Niveau Großbritanniens entsprechen würde, das in den 90er Jahren fast sein ganzes Gold zu Tiefstkursen von unter 300 USD/Unze verkaufte.

Goldquelle Altgold

Wer soll China das Gold verkaufen? Die Schmuckbesitzer sicherlich nicht. In ihren Schatullen liegen zwar rund 84.000 Tonnen Gold, genug also, um China zu versorgen, über Altgold und Recycling gelangen von dort allerdings nur rund 1800 Tonnen Gold pro Jahr wieder an den Markt zurück. Durch die Große Finanzkrise, in der Menschen in finanzielle Nöte gerieten, stieg diese Menge zwar von unter 900 auf jetzt rund 1800 Tonnen. Bevor der Goldpreis aber nicht über 2000 USD/Unze steigt erwartet niemand in der Recycling-Branche einen weiteren Anstieg des Altgoldangebots. Die Zentralbanken verkaufen auch nicht mehr, und das gilt auch für private Investoren. Bleibt also nur noch die Minenproduktion, die heimische wie auch die internationale.

Goldquelle Minenproduktion

Die Goldminenproduktion Chinas lag Schätzungen zufolge im Jahr 2012 bei rund 370 Tonnen, zusätzlich importierte China in den ersten 11 Monaten des Jahres 2012 über Hongkong 720 Tonnen Gold. Da das in China produzierte Gold nicht exportiert werden darf, wuchs der Goldschatz Chinas im Jahr 2012 folglich um mindestens 1090 Tonnen, wobei der Dezember noch nicht berücksichtigt ist. Addiert man die Goldimporte und Goldminenproduktion Chinas der Jahre 2009, 2010 und 2011 zu dieser Summe von 1120 Tonnen, so erhält man fast 4000 Tonnen Gold, um die der chinesische Goldschatz seit dem Jahr 2009, als die People’s Bank of China das letzte Mal ihre Goldreserven auswies, gewachsen sein könnte. Natürlich muss man hier einen Teil abziehen, der in Form von Schmuck etc. verkauft wurde. Aber selbst die Hälfte dieser Menge würde genügen, sodass China 3054 Tonnen an Goldreserven angehäuft haben würde, womit die deutschen Reserven von 3391 Tonnen schon fast erreicht wären. Dann hätte China 4,9% seiner Währungsreserven mit Gold besichert.

Autor: Jochen Stanzl, Rohstoffanalyse Limitup.de

Limitup.de ist eine Dienstleitung der BörseGo AG

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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