Kommentar
20:36 Uhr, 22.05.2014

Häusermarkt mit Warnsignalen: USA vor Verarmung?

Die wichtigste Quelle des Reichtums in den USA ist Häusermarkt – und gerade dieser kommt nicht in Gang. Da könnte ziemliches Ungemach drohen.

In eigener Sache: Noch bis 26.5. 12 Uhr läuft die Abstimmung für die Vergabe des "Smeil Award". Es geht um die Kür des besten Finanzblogs. Ich trete dort mit meinem Guidants-Desktop an und würde mich sehr freuen, wenn Sie mir Ihre Stimme geben. Besten Dank!

Die Preise von Immobilien steigen zwar seit 2010 wieder, aber das nur sehr langsam. Für Amerikaner, die ein Haus besitzen, ist das ärgerlich. Viele haben vor der Krise zu hohen Preisen auf Kredit gekauft und haben im Vergleich zum Wert der Immobilie einen hohen Schuldenberg, den sie abstottern müssen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch ein Problem für den Konsum, der einen Großteil der Wirtschaftsleistung ausmacht (ca. 70%). In den USA war es üblich, mehr Kredit für den Konsum aufzunehmen, wenn der Hauspreis stieg. So wurde immer mehr Konsum ermöglicht. Mit fallenden Preisen geht das natürlich nicht und auch der aktuelle, moderate Aufschwung sorgt nicht für Konsum auf Kredit.

Für Amerikaner, die ein Haus kaufen wollen, ist die aktuelle Lage gut. Der Leistbarkeitsindex ist in der Krise rapide angestiegen. Kurs vor der Krise konnten sich immer weniger Amerikaner ein Haus leisten. Das ist jetzt anders, auch wenn der Index von 2011 bis 2013 wieder etwas sank, weil die Preise gestiegen sind. Interessant ist, dass der Index seit einem halben Jahr wieder ansteigt, Häuser also wieder leistbarer werden.

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Obwohl Häuser leistbar sind, kaufen Amerikaner nicht mehr wie früher. Es scheint, als hätte das Haus an Stellenwert verloren (Grafik 2). Die Eigentümerquote befindet sich nur knapp über dem Niveau von 1984. Im Vergleich zu 2008, als 69% der Amerikaner bzw. Familien ihr eigenes Haus hatten, sind es derzeit nur gut 65%. Die Differenz klingt nicht nach viel. Es handelt sich dabei aber um über 10 Mio. Häuser, die nicht mehr im Eigentum einer Familie oder einer Einzelperson sind, es aber vor der Krise waren. Das ist schon eine ganze Menge.

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Man fragt sich also, wieso Amerikaner nicht wieder auf den Geschmack kommen, ihr eigenes Haus zu besitzen. Das ist eigentlich etwas uramerikanisches. Einer der Präsidenten (ich glaube es war George W. Bush) hatte sogar die Vision, dass jeder Amerikaner sein eigenes Haus besitzen sollte. Daraus wurde nichts und wird wohl auch nichts mehr. Die dritte Grafik zeigt die Neubaubeginne. Diese sind noch immer auf Rezessionsniveau wie z.B. 1991.

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Ähnlich verhält es sich bei der Anzahl im Bau befindlicher Häuser. Obwohl die Bevölkerung der USA Anfang der 80er Jahre fast um 100 Mio. kleiner war, wurden mehr Häuser gebaut. Der geringe Nachschub an Häusern hat interessanterweise keinen Effekt auf die Preise. Trotz geringen Nachschubs steigen die Preise nur moderat, weil sich Amerikaner immer seltener den Traum vom eigenen Haus verwirklichen. Man kann sogar beim Bestand fertiger Häuser (Inventar) erkennen, dass sich eine Bodenbildung andeutet. Das liegt vor allem am Rückgang beim Verkauf bestehender Häuser. Die Zahl ist rückläufig bei stabilem Nachschub. Damit steigt das Inventar. Kommt der Markt hier nicht bald in Schwung, dann sollte ein höheres Inventar auch irgendwann auf die Preise wirken und diese ggf. sogar zu sinken beginnen. Für den Konsum wäre das äußerst schädlich.

Sieht man von der Horrorvorstellung fallender Preise ab und betrachtet nur die momentane Situation, dann müsste eigentlich folgende Rechnung gelten: immer weniger Amerikaner kaufen sich Häuser. Sie müssen damit keine Zinsen zahlen und haben mehr Geld zur Verfügung. Das können sie entweder sparen oder gleich in den Konsum stecken. Letzteres scheint nicht der Fall zu sein, denn dann würde die US Wirtschaft deutlich schneller wachsen, macht doch der Konsum ca. 70% der Wirtschaftsleistung aus. Sparen sie das Geld etwa? Die vierte Grafik zeigt die Sparquote. Diese ist nach der Krise auf über 6% angestiegen, liegt inzwischen aber wieder auf dem Niveau von 2006.

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In der Grafik ist auch zu sehen wie viel des verfügbaren Einkommens in den Schuldendienst für Häuserkredite aufgewendet werden muss. Der Prozentsatz lag einmal bei 13,5% des verfügbaren Einkommens. Inzwischen liegt er bei 10%. Auch das klingt nicht nach viel, sind aber auf das ganze Land gesehen gleich einmal mehrere hundert Milliarden Dollar. Hunderte Milliarden Dollar, die entweder gespart oder verkonsumiert werden könnten. Es zeigt sich aber kein besonders rapider Anstieg beim Konsum. Der Konsum steigt derzeit so schnell wie Anfang der 90er Jahre bzw. liegt im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte. Gespart wird das Geld aber auch nicht. Die Sparquote sinkt sogar. Wo ist das Geld? Wenn Amerikaner theoretisch mehr Geld zur Verfügung haben, weil sie weniger für Kredite aufwenden müssen und weniger sparen, aber kein Geld in den Konsum geht – wo ist es dann?

Hier geht irgendetwas nicht auf, es sei denn, die Amerikaner verarmen derzeit heimlich. Für die Zukunft ist das kein gutes Signal. Die Häuserpreise steigen nur langsam, sind also keine Quelle für mehr Vermögen. Steigen die Zinsen wieder, dann müssen Amerikaner, die bereits auf einem Kredit sitzen, mehr dafür zahlen und haben weniger Geld zur Verfügung. Wenn es ganz dick kommt, dann driftet der Häusermarkt sogar wieder in die Rezession. Der Anstieg es Inventars deutet das an. Fallende Preise würden noch mehr Vermögen vernichten und weniger Konsum zu Folge haben.

Clemens Schmale

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9 Kommentare

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  • Investor
    Investor

    Guten Morgen,

    wie üblich finde ich Ihre Analyse gut fundiert. Ich glaube es gibt noch einige Aspekte, die Sie zwar in anderen Ihrer Artikel beleuchtet haben, die aber hierfür eine wichtige Rolle spielen.

    Mit dem Wachstum von China & Indien ist die US Wirtschaft schwächer gewachsen. Wenn ich mich richtig erinnere anstelle der durchschnittlichen 5%. Parallel dazu sind in den 90er Jahren die Einkommen vom Wirtschaftwachstum entkoppelt und sind kaum noch gewachsen. Durch die wachsenden Immobilienpreise mussten die Menschen nicht ihren Konsum einstellen, sondern sind für den Konsum auf Immobilienkredite ausgewichen. Dies war sowohl von der Wirtschaft als auch von der Politik so gewollt.

    Mit dem Platzen der Blase war diese Option beendet. Parallel wurden nach der Einführung der nordamerikanischen Freihandelszone massiv Arbeitsplätze nach Mexiko verlagert, was dort zu einem Aktienboom geführt hat. Weitere Arbeitsplätze wurden nach China (Produktion) und Indien (Services) verlagert. Dies führt zu einem niedrigen Beschäftigungsquote.

    Für dem Immobilienmarkt gibt es mehr nicht beschäftigte, die kein eigenes Haus sich mehr leisten können und entweder wieder bei ihren Familien oder auf der Strasse leben. Ausser dem Niedriglohnsektor kommt der Arbeitsmarkt auch nicht mehr zum laufen. Man sehe sich die Zahlen in USA an. Die Firmen koppeln sich immer weiter vom US Markt ab und machen ihre Gewinne (S&P im Mittel 60%) im Ausland. Damit entkoppeln sich Beschäftigte, Wirtschaft und Unternehmensgewinne.

    Die Staaten verschulden sich in der Situation immer stärker und werden keinen immer größeren Anteil von maximal Niedriglohnbeschäftigte versorgen müssen. Die Renten werden sich immer mehr in Richtung Grundversorgung/Sozialhilfe entwickeln.

    Tendenziell sehen wir die auch in Europa und in Deutschland.

    Diese Probleme werden aber nicht durch niedrige Zinssätze gelöst, sondern nur zugedeckt.

    10:13 Uhr, 23.05.2014
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    Hallo Herr Schmale, danke für die Analyse - lese öfters Ihre Analysen und finde die sehr interessant. Auch die zum Strompreis zum Beispiel.

    Das schlimme ist, dass die Investoren das Phänomen ebenfalls schon erkannt haben und massenweise Mietswohnungen aufkaufen und die zu teurem Geld vermieten (an die, die sich kein Haus mehr leisten können).

    Das ist für mich ein wesentlicher Indikator, der Ihrer Analyse Recht gibt.

    05:31 Uhr, 23.05.2014
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Tja Herr Schmale,

    was läuft da schief, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Sofern man sich mittels der Qualitätpresse informiert, wird ein sehr positives Bild von Amerika vermittelt. Schaut man hinter die Kulissen, ergibt sich ein verzagtes um nicht zu sagen düsteres Bild. Gut geht es in den USA dem 1en % für die das EstablishmentPolitik macht. Die anderen 99% werden wahlweise in MC-Jobs verheizt oder sie dienen auch gerne als Kanonenfutter in den rund 70 Kriegen, an denen die USA seit 1945 beteiligt waren. Der bekannte amerkanische Wirtschaftswissenschaftler John Williams gibt auf seiner Internetseite shadowstats.com die aktuelle Arbeitslosenrate mit 24% und die Inflation mit 6% an. Er führt einfach die Berechnungsmethoden fort, welche bis zum Beginn der Ära Ronald Reagen verwendet wurden. Dann übernahmen Leute vom Schlage Krugman und Konsorten die Kontrolle. Die Jungs mit der tief verwurzelten Überzeugung, das man Wohlstand drucken kann. Die Partizipationsrate der Amerikaner im arbeitsfähigen Alter ist so gering, wie zu Beginn der 1970er Jahre. Realistisch betrachtet, befindet sich der Arbeitsmarkt auf Depressionsniveau. Das ist der wirkliche Grund, weshalb sich John Sixpack kein Haus leisten kann. Sein Werkbank wurde nach China ausgelagert und er darf neben dem Hauptberuf noch 3 Nebenjobs ausüben um seine Familie über Wasser zu halten. Wenn er allerdings vom Schicksal wirklich hart getroffen wird, und sich seinen NINJA-Kredit (no income, no job, no assets) der ihm von einem feist grinsenden Bankster angedreht wurde, nicht mehr leisten kann, dann darf John Sixpack sein Häuschen verlassen und mit seiner Familie in eine Wohnwagensiedlung umziehen. Verhungern muss er allerdings nicht, der amerikanische Traum hält für ihn und seine Familie dann wenigstens noch Essensmarken bereit. Yeah man, thats America 2014............

    00:20 Uhr, 23.05.2014
  • elliot
    elliot

    "...mehr Geld zur Verfügung haben, weil sie weniger für Kredite aufwenden müssen..."

    --> Anstatt dessen müssen sie dann aber Miete zahlen...

    22:23 Uhr, 22.05.2014
    1 Antwort anzeigen
  • 280a
    280a

    "Hier geht irgendetwas nicht auf, es sei denn, die Amerikaner verarmen derzeit heimlich."

    Warum soll es denen besser gehen wie uns? Auch bei uns wird der Mittelstand durch das bestehende System zusehends enteignet und verarmt immer mehr!

    21:37 Uhr, 22.05.2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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