Habeck will Solarproduktion in Deutschland halten
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Solarindustrie in Deutschland und Europa halten. Denkbar seien etwa Sonderausschreibungen in Europa für bestimmte Standards und Kriterien bei Solarpanelen, bei denen europäische Solarproduzenten einen Bonus in der Vergütung bekommen könnten, um so ihre Resilienz gegen die Wettbewerber aus China zu stärken. Für die Transformation hin zur Klimaneutralität braucht Deutschland nach Ansicht von Habeck Wirtschaftswachstum und Investitionen. Deutschland müsse wieder in ein "stetiges" Wachstum hinkommen, wie er auf dem Handelsblatt Energiegipfel betonte.
Es gehe auch darum, die richtigen Impulse für Wachstum in Deutschland zu setzen. Auf die Frage nach der Schuldenbremse, die Habeck reformieren möchte, sagte der Grünenpolitiker, dass Deutschland in den nächsten 15 Jahren etwas anderes machen müsse als die vergangenen 15 Jahre.
Aktuell sei eine "sehr aufgeladene Debatte" zu beobachten. Aber man müsse sich deutlich machen, dass man in Konkurrenz zu den USA und China stünde und angesichts der dortigen staatlichen Subventionen hier in Deutschland im Wettbewerb plattgemacht werden könnte. "Wir wollen uns nicht plattmachen lassen", so Habeck.
Auf die Frage nach möglichen staatlichen Hilfen für den Schweizer Photovoltaik-Hersteller Meyer Burger, der nach eigenen Angaben erwägt, sein Werk in Freiberg in Sachsen zu schließen, falls es nicht mehr staatliche Förderung geben sollte, wollte Habeck keine abschließende Antwort geben.
Er betonte aber, dass man "gut beraten" sei, Teile des Fertigungswissens bei so einer wichtigen Industrie in Deutschland und Europa zu halten. Er zeigte sich auch überzeugt, dass es in fünf Jahren noch eine Solarindustrie in Deutschland geben wird.
Habeck erwartet zügige Verständigung auf Kraftwerksstrategie
Die seit Monaten erwartete Kraftwerksstrategie der Bundesregierung wird laut Habeck hoffentlich "sehr zügig" beschlossen und vorstellt werden. Berichte, dass die Bundesregierung am Abend sich zu dem Vorhaben abschließend treffen wolle, wollte Habeck weder bestätigen noch dementieren. "Wir waren eigentlich schon sehr weit in der Bundesregierung und dann kam das Haushaltsurteil, und dann mussten wir erst einmal was anderes machen", sagte Habeck.
Mit dem Bau neuer Kraftwerke soll ein verlässliches Gegengewicht zur schwankenden Produktion von erneuerbaren Energien geschaffen werden. Ab 2030 soll Deutschland möglichst ohne Kohlestrom auskommen und der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch soll dann bei 80 Prozent liegen. In wind- oder sonnenarmen Zeiten sollen dann Gas- oder Wasserstoffkraftwerke als Reservekraftwerke für die Stromproduktion einspringen.
Die staatliche Förderung für solch einen Bau von Gaskraftwerken ist offen, da das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts den finanziellen Rahmen der Bundesregierung eingeschränkt. Habeck betonte, dass die Kraftwerksstrategie sowohl eine sogenannte CapEX- Förderung für langfristige Investitionen in die Kraftwerke als auch eine sogenannte OpEx-Förderung für die Betriebsausgaben von Kraftwerken beinhalten sollte, bis der Markt über die CO2-Bepreisung dies regeln werden.
Vergangenen Sommer hatte Habeck bereits Zahlen für die geplanten Energiemengen in der geplanten Kraftwerksstrategie des Ministeriums genannt. So sind 8,8 Gigawatt an reinen Wasserstoff-Kraftwerken vorgesehen und weitere 15 GW an Wasserstoffkraftwerken, die vorübergehend mit Erdgas betrieben werden können. Bis 2026 sind bereits 10 der 15 GW geplant.
Habeck kritisiert zugespitzte Debatten
Habeck sagte zudem angesichts der hohen Unterstützung von rechten Parteien und Gruppierungen in Deutschland und Europa, dass eine freie Demokratie beweisen müsse, dass sie Probleme lösen könne. Mit Blick auf die zugespitzten Diskussionen über einzelne Themen wie etwa den Verbrennungsmotor, die Windkraft oder den Haushalt sollten die Parteien bedenken, dass wohl keine von ihnen nach der kommenden Bundestagswahl alleine regieren werde.
Die Parteien sollten lösungsorientiert streiten und bei ihrer Haltung bleiben und trotzdem einen Schritt auf den Koalitionspartner zumachen, um Kompromisse finden. Habeck vermied eine konkrete Partei zu nennen, aber besonders zwischen seiner Partei, den Grünen, und dem Koalitionspartner FDP hat es in den letzten Wochen und Monaten heftigen Streit gegeben.
Wenn Politiker nur noch politische Entscheidung träfen, die der eigenen Partei am Tag nutzten und die kommenden 15 Jahre und die Ziele bei der Transformation außer Sicht ließen, "dann habe ich keinen Bock mehr. Das kann noch nicht richtig sein", sagte Habeck.
Mit Blick auf die AfD, die für Referendum über den Verbleibt Deutschlands in der Europäischen Union ist, sagte Habeck, der Rückzug aus dem EU-Binnenmarkt wäre "das Ende" von Deutschland.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/apo
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