Habeck gegen generelle Bevorzugung von EU Firmen bei öffentlichen Aufträgen
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist gegen eine generelle Bevorzugung von europäischen Produkten im öffentlichen Auftragswesen, unterstützt aber Überlegungen für neue ethische oder ökologische Standards als Grundlage für deren Vergabe. Er forderte die Europäische Kommission auf, hierzu zügig entsprechende Vorschläge zu machen. Grundsätzlich gelte aber, dass offene Märkte, eine globalisierte Welt und der Handel zwischen den Nationen gut seien und unterstützt werden müssten, wie Habeck nach einem Treffen mit seinen französischem und italienischen Kollegen in der Nähe von Paris sagte. Zuvor hatte Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sich für solch eine Präferenz von europäischen Unternehmen stark gemacht, da Europa angesichts des Protektionismus in den USA und der vielen billigen chinesischen Produkte in Europa geschwächt werde.
Habeck sieht protektionistische Bestrebungen generell kritisch. "Alle die Tendenzen, die wir im Moment sehen, Protektionismus hier, Zölle hoch, geschlossene Grenzen und auch 'Local Content Rules' - also 'Buy American Rules' oder was auch immer man sich ausdenken mag - zerstören ja die Möglichkeit von Warenflüssen", sagte Habeck bei dem Treffen im französischen Meudon, bei dem die Minister über die europäischen Industrie- und Wirtschaftspolitik sprachen.
Habeck plädierte hingegen dafür, dass man faire Wettbewerbsbedingungen mit anderen Nationen dadurch erreicht, dass gleiche Standards und Normen von allen eingehalten würden. "Das gilt für ökologische oder soziale Kriterien", so Habeck. Es dürften keine Vorteile durch Zwangsarbeit oder Sklaverei entstehen. "Diese Kriterien einzupreisen in die Güter - das ist meine Ansicht nach der richtige Weg. Und der ist einem plumpen Protektionismus überlegen, weil wir damit ein Level Playing Field prinzipiell ermöglichen", betonte Habeck.
Le Maire warnt vor wachsendem Handelsdefizit mit China
Le Maire räumte ein, dass die drei Minister auf dem Treffen noch keine Einigkeit zu dem Thema erzielt hätten, man aber Fortschritte erzielen wolle. Er wies darauf hin, dass das Handelsdefizit zwischen Europa und China sich innerhalb von zehn Jahren verdreifacht habe. Daher müsse man handeln.
"Wäre es nicht angebracht, öffentliche Aufträge für Produkte made in Europa vorzubehalten - mit einem europäischen Content in den Ausschreibungen von 30, 40, 50 Prozent oder aber Qualitätsnormen oder ökologische Normen vorzugeben, und zwar die striktesten für die Produkte, bei denen es um die öffentlichen Aufträge geht?", schlug Le Maire vor.
Habeck betonte, man könnte zur Grundlage für solche Aufträge ethische, ökologische und Nachhaltigkeitsstandards machen, an die man sich selber halten müsste. Hierzu sollte die Europäische Kommission Kriterien für diese Standards "sehr schnell" vorlegen.
"Es muss nicht für alle Bereiche sofort sein, aber für die wesentlichen Bereiche, wo wir sonst überrannt werden, müssen wir einmal durchdeklinieren, welche Qualitätskriterien wir in Europa einhalten wollen, damit wir selbst nicht nur reden, aber in Wahrheit den Worten keine Taten folgen lassen", sagte Habeck.
Habeck betonte außerdem, dass sich Deutschland, Frankreich und Italien eng abstimmen sollten in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung. Insgesamt müsse Europa zudem bei den Verfahren schneller werden. Auch Le Maire rief den Kontinent zu schnellerem Handeln auf. China und die USA warteten nicht auf Europa.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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