Analyse
10:52 Uhr, 19.02.2008

Gulf-Koopertationsrat - eine neue "Soft power" mit großem Einfluss auf die internationalen Finanzmärkte

Externe Quelle: Deutsche Bank Research
Autorin: Zeynep Kudatgobilik

Fast täglich finden wir in der Tagespresse Schlagzeilen über die Länder des Golf-Kooperationsrates (Gulf Cooperation Council, GCC), ihre umfangreichen Kapitalspritzen und Investitionen und insbesondere die Umwandlung von Ölreichtum in eine neue Art "Soft power". Obwohl die sechs Golfstaaten (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate) deutliche Unterschiede aufweisen, haben sie alle von den hohen Energiepreisen profitiert und in den letzten Jahren einen breiten Wirtschaftsaufschwung verzeichnet. Die auf Rekordhöhen gestiegenen Ölexporteinnahmen spiegeln sich in gesunden Staatsfinanzen, hohen Leistungsbilanzüberschüssen, einem starken Anstieg von Auslandsanlagen und boomenden Investitionen wider. Der kurzfristige Ausblick ist recht positiv. Das hohe Wirtschaftswachstum in der Region dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen, wobei die hohen Energiepreise und das Wachstum außerhalb des Energiesektors die wichtigsten Wachstumsimpulse sein dürften. Die GCC-Staaten dürften außerdem von den zunehmenden Handelsströmen zwischen der Golfregion, dem weiteren Mittleren und Nahen Osten/Nordafrika und Asien profitieren. Nach einer kürzlich vom McKinsey Global Institute (MGI) veröffentlichten Analyse würden die Golfstaaten sogar bei einem Ölpreis von nur USD 50 pro Barrel bis 2020 Ölexporterlöse von USD 4,7 Bill. erwirtschaften (was dem 2,5fachen der Gewinne der letzten 14 Jahre entspräche). Das MGI erwartet zudem, dass die Nettoauslandsanlagen der GCC-Länder im Jahr 2008 über USD 2 Bill. liegen werden. Angesichts dieser Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass sich Investoren, Regulierungsbehörden und politische Entscheidungsträger immer mehr für die Region interessieren.

Neue Trends in der Region

In den letzten Jahren war in allen Golfstaaten eine starke Trendwende in Bezug auf Entwicklungsprojekte, Anlagestrategien und die Politik gegenüber ausländischen Investoren festzustellen. Die Golfländer zeigen allmählich eine offenere Haltung gegenüber ausländischen Investoren an den Aktienmärkten ihrer Länder und in anderen speziellen Sektoren, lockern Vorschriften und vereinfachen Genehmigungsverfahren für Firmen aus Ländern, die nicht dem Golfkooperationsrat angehören, und richten mehrere neue Freihandelszonen ein. Obwohl Petrodollars weiterhin die Haupteinnahmequelle in der Golfregion sind, gewinnen Infrastrukturprojekte und Investitionen in der Industrie und im Immobilien- und Tourismusbereich zunehmend an Bedeutung. In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) spielt Dubai als attraktiver Standort für Finanzdienstleistungen und Tourismus eine zentrale Rolle, und Abu Dhabi gewinnt als kulturelles Reiseziel ebenfalls an Beliebtheit. Saudi-Arabien und Katar sind Vorreiter hinsichtlich der Erfolge in der Verarbeitenden Industrie, besonders im Bereich Petrochemie und in der Metallerzeugung.

Der gegenwärtige Boom erscheint zunehmend strukturell. Die Investitionspläne und Entwicklungsprojekte der GCC-Länder seit Beginn dieses Jahrzehnts unterscheiden sich deutlich von dem Kurs, den die Regierungen während der vorherigen Ölpreisbooms in den siebziger und achtziger Jahren verfolgten. Um Boom-Bust-Zyklen entgegenzuwirken, haben die GCC-Länder Reserven aufgebaut, ihre öffentliche Verschuldung reduziert und Überschüsse angesammelt, die auf Ölstabilisierungsfonds, Staatsfonds (Sovereign Wealth Funds – SWFs) und andere staatlich kontrollierte Anlagevehikel übertragen wurden. Das Management von Staatsfonds-Vermögen hat sich deutlich verbessert, und die Allokation der Vermögenswerte in der Region erfolgt jetzt nach moderneren Prinzipien.

Steigende Diversifizierung. In allen GCC-Ländern hat sich der Hauptwachstumsimpuls vom öffentlichen auf den privaten Sektor verlagert. Sowohl der öffentliche Sektor als auch der Privatsektor versuchen, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren, indem sie die inländischen Investitionen steigern und eine Diversifizierungsstrategie verfolgen. Chancen für Investoren bieten sich jetzt im Finanzsektor, im Bauwesen, im Immobilienbereich und im Tourismus. Ziel der Diversifizierung ist die Schaffung wertschöpfender Arbeitsplätze in zusätzlichen Berufsbereichen. Deshalb erhöhen die Regierungen der GCC-Länder die Investitionen in die soziale Infrastruktur, d.h. das Gesundheitswesen, den Bildungssektor, die berufliche Weiterbildung und Innovationen.

Neue "Global Players" in der Region. Die größten Staatsfonds und andere Anlagevehikel der GCC-Staaten sind jetzt wichtige Akteure im internationalen Finanzsystem. Obwohl es in den fortgeschritteneren Industriestaaten zunehmende Besorgnis hinsichtlich des potenziellen Einflusses von Staatsfonds gibt, eröffnen die Diversifizierungsstrategie und die Investitionen der SWFs der Golfländer riesige Chancen für künftige Generationen in der Region. Da Staatsfonds in zunehmendem Maße im Mittleren und Nahen Osten investieren, können sie zum Reifungsprozess der Finanzmärkte beitragen, eine weitere Diversifizierung fördern und dringend benötigte Arbeitsplätze für Staatsbürger der GCC-Länder schaffen.

Ausweitung des Handels in der Region aufgrund des vor kurzem in Kraft getretenen Gemeinsamen Marktes (CM) wahrscheinlich. Im Januar 2008 trat der Gemeinsame Markt der GCC-Mitgliedsstaaten in Kraft (zahlreiche Modalitäten des Abkommens müssen noch verabschiedet werden). Der Gemeinsame Markt wird zusätzliche Möglichkeiten für die Handels- und Investitionsaktivitäten zwischen den Golfstaaten eröffnen. Das Abkommen bildet den Rahmen für Wirtschafts- und Investitionsdienstleistungen, Aktienmarkttransaktionen und die Gründung von Aktiengesellschaften und Privatunternehmen. Der Gemeinsame Golf-Markt erlaubt den freien Kapitalverkehr und ist die Basis für den freien Personenverkehr, die Niederlassungsfreiheit und die Berufsausübung der Staatsbürger der GCC-Region – sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor – in allen sechs Ländern. Unabhängig davon, ob der Gemeinsame Markt der Golfstaaten auf die geplante Währungsunion und die einheitliche Währung im Jahr 2010 hinauslaufen wird, wird sich dieser Prozess positiv auf die Handelsströme innerhalb der Region auswirken und die Attraktivität der Golfstaaten für ausländische Investoren erhöhen.

Risiken und Anfälligkeiten

Ungeachtet des kurzfristig positiven Ausblicks sind wirtschaftliche Herausforderungen und Risiken für die Golfstaaten ebenfalls zu berücksichtigen. Trotz der zunehmenden Diversifizierungsbemühungen sind die Golfstaaten weiterhin hauptsächlich vom Öl- und Gassektor abhängig. Obwohl die realen Wachstumsraten in anderen Sektoren immer noch höher sind (in allen GCC-Staaten außer Katar), haben die Erlöse im Bereich der fossilen Energien weiterhin einen Anteil von ca. 84% an den gesamten Staatseinnahmen. Dies macht die Region anfällig für Energiepreisschwankungen und geopolitische Risiken. Wenn eine Rezession in den USA in einem Negativszenario zu einem starken Ölpreisrückgang führen würde, hätte dies starke Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Golfstaaten, obwohl der Abschwung durch große, bereits bestehende oder geplante große Infrastrukturprojekte gemildert würde.

Anziehende Inflationsraten, niedriges Realzinsniveau und Währungsdruck sind große Herausforderungen auf der makroökonomischen Seite. Die Region ist mit dem Problem eines zunehmenden Inflationsdrucks konfrontiert (knapp zweistellige Inflationsraten in den VAE und Katar). Dieses Problem wird in hohem Maße durch einen schwachen USD verursacht, an den die meisten Währungen der GCC-Staaten gebunden sind. Eine weitere Abschwächung des USD würde die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Wechselkursanbindungen in Frage stellen und die Regierungen der Golfländer zwingen, in der nächsten Zeit eine Aufwertung ihrer Währungen gegenüber dem USD vorzunehmen.

Hohe Arbeitslosigkeit unter GCC-Staatsbürgern – auch hier besteht Lösungsbedarf. Die GCC-Länder sind weiterhin in hohem Maße von einer Vielzahl ausländischer Arbeitskräfte abhängig und werden in ihrer Weiterentwicklung durch die begrenzte Verfügbarkeit von Humankapital mit entsprechender beruflicher Qualifikation gebremst. Die Mehrzahl von Arbeitsplätzen in der Privatwirtschaft sind in der Hand von ausländischen Arbeitnehmern, und die meisten inländischen Arbeitskräfte sind im öffentlichen Dienst beschäftigt. Die zunehmenden Arbeitslosenraten unter Inländern und das hohe Bevölkerungswachstum haben zur Einführung von Barrieren für ausländische Arbeitnehmer in den Golfstaaten geführt. Investitionen in Humankapital und institutionelle Reformen zur Integration des Arbeitsmarktes sind von entscheidender Bedeutung. Die Verbesserung des Bildungsniveaus der Bevölkerung der GCC-Staaten wird den inländischen Staatsbürgern ermöglichen, die Anforderungen zu erfüllen und von der sich ändernden Wirtschaftsstruktur der Golfländer zu profitieren.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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