Greenspan: Positives Bild der US-Konjunktur
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1. Bei seiner Präsentation im Rahmen der halbjährlich stattfindenden Anhörung vor dem USKongress zeichnete Notenbankchef Alan Greenspan gestern ein sehr positives Bild für die USKonjunktur: Ein starkes Produktivitätswachstum, stabile Preise, eine expansive Geld- und Fiskalpolitik sowie sich verbessernde Finanzierungsbedingungen stützten die Aufschwungsdynamik. Kehrseite der Medaille des starken Produktivitätswachstums sei bislang die relativ schwache Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Greenspan sieht die zukünftige Beschäftigungsentwicklung aber positiv, da die Firmen im Zeitablauf immer weniger Effizienzgewinne generieren könnten und sich damit der Produktivitätsfortschritt notwendigerweise wieder verlangsamen müsse: "firms will surely once again add to their payrolls." Die Schätzung der Fed für den Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts im vierten Quartal 2004 gegenüber dem dritten Quartal 2003 liegt bei 4,5-5 % (DekaBank: 4,1 %). Im Jahresverlauf 2004 sieht die Fed also eine sehr starke gesamtwirtschaftliche Expansion. Die Prognose der Fed für die Arbeitslosenquote im vierten Quartal 2004 liegt bei 5,25-5,5 % (DekaBank: 5,5 %). Der Produktivitätsfortschritt und eine weiterhin signifikante gesamtwirtschaftliche Unterauslastung der Kapazitäten halten den Inflationsdruck niedrig. Die Fed erwartet für den Preisindex der Persönlichen Konsumausgaben PCE eine Inflationsrate im vierten Quartal 2004 von lediglich 1-1,25 %. Dies entspricht einer Inflationsrate für die Konsumentenpreise CPI von rund 1,25-1,75 %. Die Fed hat damit ihre Inflationsprognosen für 2004 trotz des positiven Konjunkturausblicks im Vergleich zum letzten Monetary Policy Report im Juli noch einmal gesenkt. Die DekaBank erwartet im vierten Quartal 2004 nun eine Inflationsrate für den CPI von 1,7 %. Die durchschnittliche Inflationsrate für 2004 haben wir von 1,7 % auf 1,6 % herunterrevidiert. Die Kerninflationsrate des CPI sollte 2004 bei 1,3 % statt bei 1,4 % liegen.
2. Risiken für dieses Szenario sieht Greenspan in einem möglichen Anstieg der Öl- und Naturgaspreise, einer möglichen Fehlbewertung der Aktienkurse, einer Fehleinschätzung der Konjunktur- und Inflationsentwicklung durch die Geldpolitik, und vor allem in dem immensen US-Budgetdefizit. Letzteres speise nicht nur das USLeistungsbilanzdefizit, sondern bringe auch langfristige Finanzierungsprobleme mit sich, und könne sogar in der kurzen Frist zu Schwierigkeiten führen. Berücksichtigten die Bondmärkte nämlich die fiskalischen Ungleichgewichte in ihren Erwartungen, so könnten der damit implizierte Zinsanstieg den Investitionsprozess nachhaltig behindern. Den Kritikern der expansiven US-Geldpolitik gab Greenspan zu bedenken, dass die umlaufende Liquidität nicht "exzessiv" sei.
3. Alles in allem zeichnete Greenspan - wie erwartet - ein begründet positives Bild für die US-Konjunktur: "Looking forward, the odds of sustained growth are good, although, as always, risks remain." Greenspan deutete an, dass das gegenwärtige Leitzinsniveau nicht auf Dauer aufrecht erhalten werden könne. Der äußerst günstige Inflationsausblick und die gesamtwirtschaftliche Unterauslastung der Kapazitäten gäben aber der Notenbank Spielraum, bei Zinserhöhungen "Geduld" zu üben.
4. Semantisch besteht kein Unterschied zwischen einer Niedrigzinspolitik, die "for a considerable period" anhalten kann und einer Geldpolitik, die sich erlauben kann "patient" zu sein. Die Änderung der Wortwahl im Statement zum letzten Zinsentscheid gibt der Notenbank aber wieder die Freiheit zurück, die sie sich selbst durch die zeitliche Bindung ("period") genommen hatte. Die Notenbank kann damit auf positive Überraschungen reagieren und ohne Glaubwürdigkeitsverlust schneller die Leitzinsen erhöhen, als dies im "considerable period"-Fall möglich gewesen wäre. Bei der Anhörung betonte Greenspan allerdings noch einmal den großen Spielraum der Fed in der Zinspolitik: Statt von "quite low inflation" wie im Statement zum letzten Zinsentscheid wurde nun von "very low inflation" gesprochen. Die Fed könne sich zudem in Geduld üben, wann sie die "current policy accomodation" - also das gegenwärtige Zinsniveau von 1 % - aufhebt. Spekulationen, dass die Fed die Zinsen früher erhöht, weil ja auch ein Zinsniveau von z. B. 2 % noch expansiv wirke, haben damit einen Dämpfer erhalten.
5. Wann kommt die Zinswende? "For our part, the Federal Reserve intends to use its monetary policy tools to promote our goals of economic growth and maximum employment of our resources in an environment of effective price stability." Wie Greenspan selbst diagnostizierte, ist das Ziel der Preisniveaustabilität erreicht. Für die Zinswende bedarf es daher einer nachhaltigen Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt. Die "maximale Beschäftigung" ("maximum employment) entspricht der Arbeitslosenquote, bei der die Inflationsrate sich nicht beschleunigt. Die inflationsstabile Arbeitslosenquote liegt gemäß den Schätzungen des CBO (Congressional Budget Office) bei rund 5 %. Ab diesem Niveau sollte der Inflationsdruck langsam ansteigen. Wir erwarten angesichts einer wahrscheinlichen weiteren Verbesserung des Arbeitsmarktes, dass die Fed die Leitzinsen im September 2004 um 25 Basispunkte auf ein Niveau von dann 1,25% erhöhen wird. Greenspan sieht die Möglichkeit, dass die inflationsstabile Arbeitslosenquote bei lediglich 4 % liegt. Damit besteht aber das erhebliche Risiko, dass sich der Inflationsausblick günstiger als von uns erwartet herausstellt und die Zinswende folglich erst zu Beginn des Jahres 2005 geschieht. Zumal sich die Fed mit diesem Schritt aus dem Wahlkampf in den USA heraushalten könnte.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 131 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.
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