Goldpreis: Er wünschte sich "kleinen Kotzanfall"
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Erwähnte Instrumente
- GoldKursstand: 1.277,18 $/Unze (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
- Gold - WKN: 965515 - ISIN: XC0009655157 - Kurs: 1.277,18 $/Unze (Deutsche Bank Indikation)
Wie am Freitag bekannt wurde muss Barclays 33 Millionen EUR Strafe dafür zahlen, zwischen den Jahren 2004 und 2013 "Versäumnisse" im Handel von Gold zugelassen zu haben. Wegen der guten Kooperation mit den Behörden erhielt Barclays einen Discount von 30 % auf die ursprüngliche Strafsumme.
Dabei fiel das Augenmerk der staatlichen Ermittler der Financial Conduct Authority auf den 28. Juni 2012. An diesem Tag wünschte sich der damalige Direktor des Gold Trading Desks bei Barclays, Daniel James Plunkett, bei seinen Kollegen einen - wörtlich - "kleinen Kotzanfall" im Goldpreis. Einen Tag zuvor war sein Unternehmen erst zu einer Strafe von 354 Millionen EUR verurteilt worden, weil die Bank den LIBOR-Zins manipuliert hatte. So sieht der 15-Minuten-Intraday-Chart vom 27. und 28. Juni 2012 aus:
So lief die illegale Manipulation ab:
Plunkett war verantwortlich für die Preisfeststellungen von Barclays-Edelmetall-Derivaten. Er war verantwortlich, das Risiko seiner Bank in diesem Bereich zu verwalten. Im speziellen ging es bei der Manipulation um eine exotische Option, die sich auf den Goldpreis zum Nachmittagsgoldfixing um 16 Uhr bezog. Die Option, die am 28. Juni 2011 abgeschlossen wurde, zahlte dem Kunden am 28. Juni 2012 eine Prämie von 3,9 Millionen USD, wenn der Goldpreis zum Nachmittagsfixing über 1558,96 USD/Unze festgestellt würde. Wie man im Chart gut sehen kann, standen die Chancen des Kunden noch einen Tag zuvor recht gut. Gold notierte einen Tag vor Fälligkeit der Option im Bereich von 1570-1575 USD/Unze, also gut 11-16 USD/Unze darüber. Am 28. Juni 2011 - dem Tag, als die Option abgeschlossen wurde, schloss Gold exakt bei 1500 USD/Unze. Kurz vor dem Nachmittagsfixing am 28. Juni des Folgejahres gab es aber einen plötzlichen Rutsch im Preis - und das Fixing an diesem Tag lag bei 1558,50 USD/Unze und damit 49 Cents unter dem Niveau, zu dem der Kunde eine Prämie aus der Option erhalten hätte. Der Kunde ging leer aus, Plunkett erhielt eine Prämie von 1,75 Millionen USD auf sein Handelsbuch.
Die Dokumente der britischen Behörden über die Manipulation sind spannend wie ein gut gemachter Wirtschaftskrimi:
Plunkett war sich darüber bewusst, dass die Option das größte Risiko seines Handels am 28. Juni 2012 darstellte. Am Abend des 27. Juni fasste er seine Risikopositionen für Kollegen in seiner Abteilung zusammen und bezeichnete die genannte Option als das "Hauptereignis" am 28. Juni 2012 und dass er auf einen "kleinen Kotzanfall auf 1558 zum Fixing" hoffe. Die britischen Behörden haben das so gedeutet, dass Plunkett sich einen Rückgang im Goldpreis vor dem Nachmittagsfixing gewünscht habe. Am 27. Juni wurde der Preis im Nachmittagsfixing bei 1573,50 USD/Unze festgesetzt. Zur Zeit, als Plunkett die E-Mail schrieb, notierte Gold bei 1577,50 USD/Unze. Am 28. Juni 2012 wiederholte Plunkett "hoffentlich stellen wir bei 1558 oder idealerweise 1558,75 USD/Unze fest."
Zum Start des Fixings am 28. Juni 2012 um 16 Uhr MEZ nannte der Vorsitzende einen Eröffnungskurs von 1562 USD/Unze. Der vorgeschlagene Preis rutschte dann aber schnell auf 1556 USD/Unze. Auslöser waren großvolumige Verkäufer in den August-Futures auf Gold an der New Yorker COMEX, die sich unabhängig von Plunkett und Barclays ereignet hatten. Kurz danach erholte sich der Preis wieder, und der Vorsitzende des Fixings schlug einen Preis von 1558,50 USD/Unze vor.
Jetzt, da es so aussah als würden sich die Dinge nicht mehr zu Gunsten Plunketts entwickeln, platzierte Plunkett eine große Verkaufsorder, die zwischen 40.000 und 60.000 Unzen betrug. Die Order wurde an den Vertreter von Barclays beim Goldfixing weitergereicht. Damit wurde die Order in die Nettoposition von Barclays zum Nachmittagsfixing eingerechnet, womit die britische Bank plötzlich eine Netto-Leerverkaufsposition von 52.000 Unzen besaß.
Die Absicht Plunketts war die Wahrscheinlichkeit weiter steigender Preise im Goldfixing zu verringern und die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, die teure Option wertlos verfallen zu lassen, wenn Gold unter der Barriere von 1558,50 USD/Unze gefixt werden wird.
Als alle Teilnehmer am Londoner Nachmittagsfixing ihre Positionen erklärt hatten übertraf die kumulierte Nettoverkaufsposition die Kaufposition um 190 Goldbarren (155 Barren Geld/345 Barren Brief). Damit war es in diesem Moment klar, dass der Preis zum Fixing eher sinken wird.
Wenig später nahm Plunkett also seine Verkaufsposition wieder gänzlicha us dem Markt. Die Gesamte kumulierte Nettoshortposition sank damit von 190 auf 60 Barren (155 Barren Geld/ 215 Barren Brief).
Das Ziel des Rückzugs der Verkaufsorder war, die für das Fixing erlaubte maximale Differenz zwischen Verkaufs- und Kaufbereitschaft wieder in den zulässigen Bereich von 50 Barren zu bringen. Damit wurde, so die britischen Behörden, ebenfalls beabsichtigt, ein schnelles Fixing unter der Barriere der Option herbeizuführen.
Durch den Rückzug Plunketts entschied sich ein weiterer Teilnehmer des Gold-Fixings, seine Verkaufsposition ebenfalls um 10 Barren zu senken. Damit war die Differenz auf 50 Barren gesunken. Unglücklicherweise (aus Plunketts Sicht) kamen genau zu dieser Zeit neue großvolumige Kauforders, die den August-Gold-Kontrakt in New York wieder steigen ließen. Plötzlich standen im Fixing 155 Barren im Brief und nur noch 45 Barren im Geld. In New York handelte die Feinunze schon bei 1560 USD/Unze.
Um 16:09 Uhr entschied sich Plunkett also, erneut eine Verkaufsorder über 60.000 Unzen (150 Barren) seinem Kollegen im Goldfixing zu übermitteln. Damit sank Barclays' Nettoverkaufsposition auf 40.000 Unzen oder 100 Barren.
Die Differenz zum Fixing lag dann bei 10 Barren (155 Geld/145 Brief) und der Vorsitzende setzte den Gold-Fixing-Preis bei 1558,50 USD/Unze fest, was unter der Barriere der Option lag. Barclays musste also die Prämie von 3,9 Millionen USD nicht an den Kunden auszahlen und Plunketts Handelsbuch erlöste 1,75 Millionen USD für seine Verdienste. Dieser Gewinn addierte sich zu den Gebühren, die ursprünglich vom Kunden an Barclays für die Einrichtung der Option gezahlt wurden.
Kurz nach dem Fixing kaufte Plunkett 60,000 Unzen oder 150 Barren Gold zurück, um die Short-Position wieder aufzulösen, die er während des Nachmittagsfixings aufgebaut hatte. Der Verlust der Position betrug 144.000 USD, da der Rückkaufkurs höher war als derjenige während des Fixings.
Wenig später meldete sich der Kunde bei Barclays und verlangte eine Erklärung für das mysteriöse Kursgeschehen während des Goldfixings und die Anfrage wurde an das Team von Plunkett weiter gereicht. Plunkett schob die Verkäufe auf New York, es habe dort im August-Gold-Future erhöhtes Verkaufsvolumen gegeben. Er sagte keinen Ton über seine eigenen Verkaufsaktivitäten. Er hätte rechtlich jedoch darüber Auskunft geben müssen.
Am gleichen Tag und auch am Folgetag gab es weiteren internen Schriftverkehr zwischen Barclays und Plunkett. Dabei ging es um die Besorgnisse des Kunden. Auch da sagte Plunkett keinen Ton über seine eigenen Handelsaktivitäten.
Nach dem Wochenende, am Morgen des 2. Juli, wandt sich Plunkett an seinen Abteilungsleiter und auch an die Compliance-Abteilung von Barclays und informierte sie über seine Handelsaktivitäten. Während der internen Ermittlung bei Barclays wurde später festgestellt, dass die Angaben, die Plunkett am 2. Juli und danach machte, das Ziel gehabt hätten, den Anschein zu erwecken, dass die eigentliche Intention der Verkäufe nicht eine gezielte Manipulation des Goldpreises gewesen sei. Auch bei seinen Anhörungen mit den Behörden bestritt er immer wieder, dass das Ziel nicht gewesen sei, das Nachmittagsfixing unter die Barriere der Option zu drücken.
Die Umstände wurden bei Barclays ermittelt und aufgedeckt und der Kunde erhielt seine vollständige Prämie ausbezahlt.
Die Frage ist natürlich, wie viele weitere Trader wurden von den Aktionen Plunketts geschädigt und wer zahlt sie aus. Wie viele andere Trader handeln exakt so wie Plunkett?
jetzt wo das gold- und silberfixing ohnehin abgeschafft wurde, kann man bedenkenlos darüber berichten….,
Schön zu lesen, wie uns die Großbanken um unsere Einsätze bringen ... und das passiert an den "Märkten" jeden Tag.
Wer mitspielt, ist selbst schuld! Den Instituten sollte das Handeln verboten werden, nur so kann sich unser Geldsystem regenerieren.
Herr Stanzl, ich lese immer gerne Ihre Kommentare. Diesmal habe ich mich köstlich amüsiert und würde plunkett sogar zu den market wizards aufnehmen ;-)
Ich würd mir im DAX einen großen Kotzanfall wünschen :)