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13:31 Uhr, 30.04.2014

Gold und die Sache mit der Stabilität

Gold ist eine Anlage-Bank in unsicheren bzw. unseren Zeiten. So wird es zumindest behauptet. Aber stimmt das wirklich? Eine Polemik von einem, der den Goldpreis jeden Tag analysiert.

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Kursstand: 1.292,98 $/Unze (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Gold - WKN: 965515 - ISIN: XC0009655157 - Kurs: 1.292,98 $/Unze (Deutsche Bank Indikation)

Hallo liebe Blogleserinnen und -leser,

vor ein paar Monaten hat ein Kollege von uns Gold gekauft. Dass er seitdem sehr regelmässig die aktuelle Preisentwicklung verfolgt und sich damit auch ein wenig von der Börse in ihren Bann hat ziehen lassen, ist zwar ein schönes, aber ein anderes Thema.

Gekauft haben er und viele andere Anleger aus Gründen der Wertstabilität des Edelmetalls, zur Depotabsicherung, als Inflationsschutz, als langfristiges Investment usw. Aber wie sieht das ganze eigentlich im historischen Vergleich aus? Hat Gold diese Eigenschaften? Und wer legt diese Eigenschaften eigentlich fest?

Wenn man sich den Kursverlauf von Gold etwas langfristiger ansieht, fallen aus meiner Sicht zwei Dinge auf:

  1. hat der Goldpreis erst um das Jahr 2000 begonnen, Quartal für Quartal zu steigen - Gold als Rallygarant ist also ein jüngeres Phänomen (sieht man mal vom Anstieg Ende der Siebziger ab)
  2. sieht man nicht erst seit 2012, dass auch der Goldpreis erheblichen Schwankungen unterliegt (auch hier sei auf die Zeit Ende der Siebziger/ Anfang der Achtiger Jahre verwiesen)

Eigentlich könnte man im Vergleich zu den letzten drei bis vier Jahren überspitzt sagen, dass Gold in den Neunzigern niemanden interessiert hat. In dieser Zeit dümpelte das Edelmetall zwischen 250,00 USD und 500,00 USD vor sich hin und fiel tendenziell sogar im Wert. Optisch erinnerte das eher an einen schlecht laufenden Immobilienfonds. Weniger an das, als was es heute vielfach gesehen wird: ein Basisinvestment zur Absicherung gegen vielerlei finanzielle Risiken. Gut, aber die Zeiten ändern sich ja und verändern damit auch die Einschätzung und Wahrnehmung.

Denn eigentlich kam erst Mitte 2005 Bewegung in den Kursverlauf. Hatten wir da eigentlich schon Finanzkrise? Danach kam der große Anstieg, dem in den letzten Monaten eine steile Abwärtsbewegung folgte. Aber auch 2008 gab es einen Kursrutsch um immerhin rund 35%. Das fällt jetzt in der Rückschau kaum mehr auf, signalisiert aber, dass auch ein "sicherer Hafen" ab und zu geflutet werden kann. Dieses "Fluten" bzw. große Schwankungen allgemein sind bei Werten, die an der Börse gehandelt werden, doch eigentlich auch normal. Weil es einfach normal ist, dass jeder, der Geld anlegt, auf Rendite aus ist und sich gerne noch eine Scheibe Rendite mitnimmt, wenn es gerade etwas zu holen gibt.

Das ist das Holz aus dem Rallyphasen geschnitzt sind. Gold kam in Mode und jeder wollte es tragen. Anscheinend gab es im Umkehrschluss in den Neunzigern bei Gold nicht allzu viel zu holen oder die sicheren bzw. lukrativen Häfen hießen nur anders (General Electric, Staatsanleihen, Venture Capital Fonds, später die DotCom-Familie, um nur ein paar zu nennen). Entkräftet das nicht auch das Argument der Sicherheit und Stabilität?

Und auf der anderen Seite ist der Anleger natürlich auch unsicher und leicht aus der Fassung zu bringen, wenn die Kurse mal ein wenig oder ein wenig stärker ins Rutschen kommen. Aber das macht ja in Verbindung mit Gold nicht so viel aus, sagt zumindest mein Kollege und auch so manch Goldanalyst. Denn Gold biete einen entscheidenden Vorteil: wenn alle (finanzpolitischen) Stricke reißen, wird es höchstwahrscheinlich wie früher zum Zahlungsmittel und erhält damit einen neuen, weiter bestehenden Wert.

Ja, Gold war einmal zentrales Zahlungsmittel, wie noch weiter in der Vergangenheit zurück einmal Kaurimuscheln, Salz oder andere seltene und/oder wichtige Waren. Irgendwann wurde dieser Status wegrationalisiert und Münz-, Plastik- und zuletzt Onlinegeld eingeführt. Vielleicht, weil es einfach praktischer ist, die Hose oder die Gummibärchen mit Karte zu zahlen, als mit der Goldwaage und Goldstaub vor der Kassiererin zu stehen? Aber man soll ja die Dinge nicht zu sehr zuspitzen, nicht vom Ende her denken und die vermeintlichen Auswirkungen tatsächlich ernst nehmen...

Bleiben wir realistisch. Was passiert, wenn die Korrektur im Goldpreis langfristig andauert - z.B. analog zu den Neunzigern - und wir z.B. jahrelang irgendwo zwischen 900,00 USD und 1.500,00 USD seitwärts laufen? Dann wäre Gold zwar Garant für Stabilität, aber nicht mehr für Rendite. Und eigentlich will doch kaum jemand diese Form von Stabilität, oder? Lieber noch einmal schön stabil in Richtung 2.000,00 USD... Meinen Kollegen würde es freuen und mich in der Meinung bestärken, dass Stabilität nur ein vorgeschobenes Argument ist. Eigentlich geht es um stabile Rendite. Und bleibt die einmal über einen längeren Zeitraum aus, dann würde auch der Goldpreis in der öffentlichen Wahrnehmung an Bedeutung verlieren. Gold würde aus der Mode kommen. Wie in den Neunzigern. Und das würde mich wiederum überhaupt nicht freuen, das hätte Gold nicht verdient!

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Über den Experten

Thomas May
Thomas May
Experte für Fibonacci-Analyse

Thomas May entdeckte Ende der 1990er Jahre die Leidenschaft für die Börse. Zu Beginn fundamental orientiert, war er bald von der Charttechnischen Analyse begeistert und befasste sich intensiv mit klassischer Charttechnik, Elliott Wellen, Fibonacci- und Zyklenanalyse. Seit 2010 im Team der stock3 AG war er von 2012 bis 2016 Chefredakteur von GodmodeTrader.de, ist Autor der DVDs „Charttechnik für Einsteiger“ und „Fibonacci-Trading“, Mitherausgeber des ersten Teils von „Das große GodmodeTrader-Handbuch“ sowie einer der Autoren im zweiten Teil der Buchserie. Auf stock3 liegt sein Schwerpunkt auf charttechnischen Edelmetall-, Aktien- und Indexanalysen. Auf dem stock3 Terminal betreut der leidenschaftliche Swing-Trader seinen eigenen Desktop für Chartanalysen und Trading-Setups.

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