Gold-Minen: „Das haben Investoren noch nicht begriffen“
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KURZVITA: Francis D. Gannon ist Vermögensverwalter bei Royce & Associates. Er hat 19 Jahre Berufserfahrung im Investmentbereich und arbeitet seit dem Jahr 2006 bei Royce & Asssociates. Zuvor war er Investmentstratege bei AIG SunAmerica Asset management. Francis D. Gannon hält einen Bachelor und einen Master des Boston College.
Herr Gannon, verraten Sie uns doch einmal grundsätzlich, wie Sie Aktien auswählen.
Wir orientieren uns zum Teil an Graham & Dodd Investing. Das ist ein Value-Investing-Ansatz, der schon seit dem Jahr 1973 erfolgreich praktiziert wird. Wir sind in erster Linie Risiko-Manager und verbringen viel Zeit damit, die Risiken in unseren Portfolios zu evaluieren. Am Ende des Tages versuchen wir, qualitativ hochwertige und gut geführte Small- und Micro-Cap-Unternehmen zu finden, die mit einem Abschlag zu dem bewertet werden, was wir als den fairen Wert ansehen. Wir können nicht sagen, wann der Markt beginnt, den richtigen Wert einzupreisen, aber wir sind nicht ungeduldig und halten Aktien auch für eine lange Zeit. Wir haben also bei uns keine Leute, die versuchen zu sagen, wie das Wirtschaftswachstum in einem oder zwei Quartalen sein wird und in welcher Region es jetzt sinnvoll wäre, über- oder untergewichtet zu sein. Wir orientieren uns ausschließlich an dem einzelnen Unternehmen und dessen Bewertung.
Wie ist die Stimmung bei den Unternehmen, die Sie beobachten?
Wenn man die Schlagzeilen in den Zeitungen verfolgt, könnte man auf die Idee kommen, sehr pessimistisch zu werden. Aber die Welt dreht sich weiter und die Geschäfte bei den Unternehmen, die wir beobachten und die uns interessieren, gehen weiter und während das Umfeld nicht einfach ist, laufen die Geschäfte gut.
Jedoch fallen die Börsenbewertungen, weil Investoren die Schlagzeilen in den Zeitungen verfolgen und alle Aktien in Sippenhaft nehmen.
Genau da liegt die Chance. Die Börsenbewertungen koppeln sich ab von der tatsächlichen Geschäftslage und das ist ein ideales Umfeld für Langzeitanleger wie uns. Die Differenz des Preises, zu dem wir physisch kaufen und dem, zu dem wir physisch verkaufen, ist der Total Return. Alles dazwischen können Störungen und zufällige Bewegungen sein, weshalb wir dazu tendieren, Aktien für drei bis fünf Jahre zu halten.
Also interessiert Sie nicht, was mit Chinas Wirtschaft oder mit dem Euro geschehen wird?
Ja, wir haben keine Vorstellung davon, was in Chinas Wirtschaft als nächstes passieren wird oder wie lange es den Euro noch geben wird. Uns interessiert nur, dass viele Unternehmen weiterhin großartige Gewinnspannen haben und über einen hohen Cashflow verfügen, aber an der Börse dennoch mit einem starken Discount bewertet werden. Aus unserer Sicht ist das ziemlich attraktiv, aber es war frustrierend in der jüngsten Vergangenheit, weil nur noch die Schlagzeilen in den Zeitungen beachtet werden.
Neben den Margen und dem Cashflow: Welche Kriterien interessieren Sie außerdem?
Wir schauen nach Unternehmen, die mehr besitzen, als sie jemandem schulden. Das ist einer der grundsätzlichen Ansätze von Graham & Dodd. Die Unternehmen sollten möglichst wenig Schulden vorweisen und möglichst hohe Barbestände, wir sind also keine großen Anhänger von überschuldeten Unternehmen, sondern wir achten viel stärker auf den operativen Hebel, den Unternehmen durch ihr Geschäftskonzept ausüben können, und meiden Unternehmen, die einen finanziellen Hebel durch hohe Schulden aufbauen wollen. Außerdem schauen wir uns die Ertragshistorie eines Unternehmens an und können dadurch eine weitere Differenzierung vornehmen.
Wie sind die Unternehmen in ihrem Anlageuniversum derzeit bewertet?
Qualität gibt es zum Sonderpreis, defensive Werte werden bevorzugt. REITs, Healthcare, Grundnahrungsmittel – diese Aktien sind unserer Einschätzung nach die teuersten Bereiche des Marktes geworden. Die zyklischen, am stärksten konjunkturell abhängigen Unternehmen sind hingegen am günstigsten bewertet. Dazu zählen die Sektoren Industrie, Informationstechnologie, Rohstoffe oder Energie. Dort liegen die Chancen.
Wenn Sie die Welt unter dieser Prämisse in drei Regionen aufteilen – Amerika, Europa und Asien - würden Sie sagen, dass es dort aktuell Unterschiede gibt?
Ja, absolut. Das ist immer der Fall. Es ist aber immer eine Frage der Perspektive. Man könnte etwa argumentieren, dass Aktien in den USA niedriger bewertet sind, weil sie von den Problemen in Europa negativ beeinflusst werden. Oder man könnte sagen, dass es Unternehmen in entwickelten Ländern innerhalb Europas immer noch phantastisch geht, weil sie auch ein etabliertes Exportgeschäft haben und dass die Bewertungen gerade deshalb sehr attraktiv sind. Aus unserer Sicht ist es nicht relevant, wo das Unternehmen sein Geld verdient – wir betrachten jedes Unternehmen nach den gleichen Qualitätsrichtlinien.
Investieren Sie in den problembehafteten Club-Med-Ländern?
Viele Unternehmen aus den europäischen Problemländern erfüllen unsere Qualitätskriterien hinsichtlich der Eigenkapitalfinanzierung nicht. Ein Unternehmen, in das wir investieren, muss weniger als 50% durch Schulden finanziert werden, und es muss eine Marktkapitalisierung von unter 5 Mrd. USD haben. Da ist es sehr schwer interessante Unternehmen in Italien oder Spanien zu finden. Es gibt aber viele interessante Unternehmen in Deutschland, Österreich oder England. Auch in Asien gibt es immer mehr Unternehmen die in Frage kommen, vor allem in Japan.
Gibt es bei der Bewertung von Edelmetall-Aktien Unterschiede zu anderen Sektoren?
Unsere Erfahrung im Edelmetallaktienbereich reicht zurück in die späten 90er Jahre. Damals begannen wir, in Silber- und Goldminen zu investieren. Damals gab es strukturelle Veränderungen in diesem Sektor – und die Mehrheit der Investoren kümmerte sich damals vor allem um Technologieaktien. Der Edelmetallsektor ist recht überschaubar: Sobald man hier ein Unternehmen trifft bekommt man einen neuen Kontakt und irgendwann kennt man alle. Man lernt dann ziemlich schnell, dass es sehr wichtig ist Unternehmen zu finden, die wirklich Vorkommen und ein fähiges Management-Team vorweisen können. Wenn man dort zum Beispiel auf einen Geologen trifft, der genau weiß, welche Vorkommen er entdeckt hat, der sich selbst aber nicht auf der betriebswirtschaftlichen Seite auskennt. Auf der anderen Seite gibt es einen Investment-Banker, der wenig Verständnis von den geologischen Vorkommen hat, der aber sehr wohl weiß, wie die Finanzierung für ein solches Projekt funktioniert und der in der Lage ist, Kapital einzusammeln und die Vermarktung zu übernehmen. Mit der Zeit bekommt man ein gutes Gespür dafür, was ein gutes Management ist, und was eben nicht. Die Edelmetall-Aktien, die wir halten –haben wir gekauft, weil wir glauben, dass sie gute Unternehmen sind, an die wir glauben.
Was zeichnet diese Gold-Aktien aus?
Da sind Unternehmen dabei, die Gold für 400 oder 500 USD aus der Erde holen und es zu aktuellen Marktpreisen von 1600 USD verkaufen. Das sind Margen, die wir sonst nur im Pharmaziesektor sehen. Das wird vom Markt noch nicht ausreichend gewürdigt. Die Bewertungen im Sektor sind zu niedrig.
Woran liegt das?
Viele Unternehmen im Sektor hatten Probleme mit ihrer Kostenstruktur, was die Margen belastete. Am Markt wurde vor allem das wahrgenommen. Die Kosteninflation wurde durch die hohen Energiepreise ausgelöst, und die Energiepreise sind zuletzt wieder etwas gefallen, also zumindest was das Öl anbelangt. Ich weiß nicht, ob das anhalten wird. Ich rechne damit, dass die Forderungen der Angestellten nach mehr Gehalt weiter steigen werden, das hängt aber von dem Standort des Unternehmens ab. Unabhängig davon generieren diese Unternehmen einen sehr hohen Cashflow und das ist relativ unabhängig davon, ob Gold etwas höher oder etwas niedriger notiert. Wir glauben, dass es ein guter Zeitpunkt ist diese Aktien zu kaufen, weil sie mit einem Abschlag bewertet werden. Wenn Sie einen Gold-ETC kaufen, dann haben sie diese Art von Prämie nicht.
Wie gehen die Unternehmen im Sektor mit den steigenden Kosten um?
Es gibt wenig, was man steigenden Energiepreisen oder höheren Lohnforderungen entgegensetzen kann. Wir sehen aber, dass im Goldsektor zunehmend die Rendite auf das investierte Kapital ROIC beachtet wird. Diese Größe war lange Zeit nur stiefmütterlich behandelt worden, weil die Goldminen einfach nur darauf fokussiert waren Gold zu fördern und zu verkaufen, egal zu welchem Preis. Die Goldminen könnten eine ähnliche Entwicklung vor sich haben wie amerikanische Stahlkocher. Sie haben seit den späten 90er Jahren zunehmend in die Effizienz ihrer Produktion investiert und haben den ROIC in den Vordergrund gestellt. In den Jahren 2008 und 2009 gab es so auch viele Stahlkocher die ihre Produktion stilllegten, da der ROIC nicht mehr stimmte. Das hatte zum Nebeneffekt, dass die Lagerbestände nach der Rezession damals nicht so dramatisch anstiegen wie während vergangener Rezessionen.
Herr Gannon, herzlichen Dank für das Gespräch.
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