Günstiges US-Gas: Gibt es da Chancen?
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Erdgas kostet in den USA nur noch 2,35 USD pro britischer Thermaleinheit. Es gilt:
1 MWh = 3.413 mmbtu
Entsprechend liegt der Preis für eine Megawattstunde Erdgas an der New Yorker Energiebörse NYMEX für Lieferungen im Juni aktuell bei 6,13 EUR. Anbei der Chart von Henry Hub umgerechnet in EUR und MWh:
Zeitweise war der Preis im April bis 5 EUR/MWh gefallen, gegenüber 11 EUR/MWh im Sommer 2011. Der langfristige Chart seit Frühjahr 2008 zeigt, wie stark die US-Erdgaspreise gefallen sind:
Zeitweise kostete Erdgas fast 30 EUR/MWh. An der European Energy Exchange wird eine Megawattstunde Erdgas bei 24,76 EUR gehandelt:
Gas kostet in Europa also um 304% mehr, als in den USA. Sehr gut ist der Aufpreis europäischen Gases gegenüber dem US-Gas im Spread-Chart zu erkennen:
Zeitweise kostete europäisches Gas im März 2012 das fünffache des US-Gases. War das ein Extremwert? Und lohnt es sich nun, auf steigende Gaspreise zu setzen? Meiner Meinung nach bleibt US-Erdgas aus Investmentgesichtspunkten unattraktiv. Ich traue der Entwicklung des Spotpreises von US-Erdgas angesichts des massiven Überangebots auf dem US- und kanadischen Markt keine größeren Preissteigerungen zu, als es Terminmarkt nicht ohnehin schon vorwegnimmt. Da der über Open-End-Zertifikate immer investierte nächstfällige Kontrakt (aktuell der Juni-Kontrakt) sich zum Laufzeitende immer dem Spotpreis annähert, müssen zwangsläufig Rollverluste auftreten.
Hier zu sehen ist die Terminkurve. Nehmen wir an: Sie möchten auf einen steigenden Gaspreis bis Juni 2013 wetten. Sie sehen: Der Preis im Juni 2013 wird schon bei 3,46 USD/mbtu veranschlagt. Ich glaube nicht, dass der Erdgaspreis bis dahin stärker steigen wird, als bis auf diesen Wert. Sie können aber mit Zertifikaten nur Geld verdienen, wenn der Spotpreis bis dahin über 3,46 USD/mbtu steigt. Erreicht er lediglich 3,46 USD/mbtu, geht die Spekulation Null auf Null auf. Liegt der Spotpreis darunter, treten Verluste auf.
Erdgas ist aber von einer ganz anderen Warte aus betrachtet interessant: Und zwar insofern, dass er den USA einen Wettbewerbsvorteil ermöglicht. Einerseits liegt durch den schwachen Erdgaspreis (übrigens ist auch das US-Öl WTI günstiger als Brent-Öl) die Verbraucherpreisinflation niedriger. Dadurch hat das Fed einen größeren Handlungsspielraum bei der Festlegung der Geldpolitik, insbesondere was eine dritte quantitative Lockerung anbelangt. Andererseits entstehen im Gas- und Ölsektor in den USA seit einigen Jahren im großen Stil neue Arbeitsplätze, da es möglich geworden ist, durch eine neue Bohrmethode, das so genannte hydraulische Fracking, an Schiefergas- und Ölschiefer-Vorkommen zu gelangen, die zuvor nicht verfügbar waren.
Da Öl und Kohle durch Gas substituiert werden kann (außer im Transportsektor), dürfte mittelfristig auch die Importbelastung durch Öl der USA abnehmen und dadurch (zusammen mit angestrebten Sparprogrammen der Obama- oder Folge-Regierung) könnte sich das Außenhandelsdefizit deutlich verbessern. Der Import von Erdöl macht leicht über 40% des US-Handelsbilanzdefizits aus.
Photo von leehaywood / Flickr Creative Commons