Kommentar
11:57 Uhr, 17.03.2004

Gewinnmitnahmen im Zuge der Terroranschläge

USA: Sorgen über die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne belasteten die US-Aktienmärkte. Zudem wurden die Anleger durch die Bombenanschläge in Spanien verunsichert; am Freitag konnte der Markt allerdings wieder etwas Boden gutmachen.

Die diese Woche veröffentlichten Einzelhandelsumsätze zeigten den vierten Monat in Folge nach oben. Das Handelsministerium meldete für Februar einen Anstieg der Umsätze von 0,6 % auf 327 Mrd. US$ (Januar: +0,2 %). Experten werteten die Nachricht positiv, da sie für solides Konsumverhalten spricht.

In einer Rede vor Politikern äußerte der US-Zentralbankchef Alan Greenspan, die US-Wirtschaft zeige verstärkt Anzeichen einer Erholung. Da die Produktion weiter steige, so Greenspan weiter, erwarte er eine Besserung auf dem Arbeitsmarkt.

Nach Angaben des Handelsministeriums kletterte das Handelsbilanzdefizit der USA im Januar auf die neue Rekordmarke von 43,1 Mrd. US$, was von Experten nicht erwartet worden war. Als Gründe gelten der starke Exportrückgang sowie der Anstieg der Importe auf den zweithöchsten jemals gemessenen Stand.

Aktien des kanadischen Netzwerkausstatters Nortel Networks verloren, als das Unternehmen eine Korrektur seiner Ertragszahlen für das Jahr 2003 in Aussicht stellte. Dies versetzte dem Anlegervertrauen einen weiteren Schlag, nachdem das Unternehmen bereits im Oktober 2003 eine Revision der Ertragszahlen für die Jahre 2000 bis 2002 angekündigt hatte.

Ungünstige Wirtschaftsdaten trieben die Kurse von Anleihen im Wochenverlauf nach oben. Nach einer positiven Äußerung zur Wirtschaftslage von Alan Greenspan stiegen die Renditen jedoch wieder.

Europa: Nachdem die Aktienmärkte in Europa zum Wochenbeginn ihre Höchstmarken seit 20 Monaten erreicht hatten, gaben sie im weiteren Wochenverlauf kräftig nach. Nach dem starken Anstieg der vergangenen 12 Monate kam es zu Gewinnmitnahmen, verstärkt durch Terrorängste und Skepsis über die Nachhaltigkeit des Wirtschaftswachstums im Euroraum.

Die europäischen Rentenmärkte konnten Gewinne verbuchen: Anleger setzten darauf, dass ein Anstieg der US-Zinsen frühestens zum Jahresende stattfinden dürfte. In Deutschland sank die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe auf ihren niedrigsten Stand seit acht Monaten.

Nachdem der Euro in jüngerer Vergangenheit volatil war, blieb er - trotz des Rekorddefizits in der US-Handelsbilanz - gegenüber dem US-Dollar mit 1,23 US$ relativ stabil. Manche Analysten schrieben die überraschende Dollar-Stärke dem verringerten US-Handelsbilanzdefizits gegenüber dem Euroraum zu.

In Deutschland sank die Industrieproduktion im Januar gegenüber dem Vormonat um 0,1 %, was die Analysten verblüffte, die mit einem Anstieg von 0,5 % gerechnet hatten. Die Daten vergrößern die Skepsis in Bezug auf die Wirtschaftsstärke; manche Fachleute haben bereits ihre Wachstumsprognosen für 2004 zurückgenommen.

Der spanische Telefondienstleister Telefonica zahlte BellSouth eine Summe von fast 6 Mrd. US$ für die Übernahme des Lateinamerikageschäfts. Mit dieser Transaktion steigt Telefonica, gemessen an Teilnehmerzahlen, zum viertgrößten Mobilfunkanbieter der Welt auf.

Die Gesamtjahreszahlen des französischen Bankkonzerns Crédit Agricole, der vergangenes Jahr seinen Mitbewerber Crédit Lyonnais übernommen hatte, zeigten, dass die Einsparungen aus der Fusion in diesem Jahr nur halb so hoch ausgefallen sind wie erwartet. Trotz der hieraus resultierenden Belastung von 716 Mio. Euro stieg der Kurs der Aktie, da sich Anleger auf den Gewinnanstieg 2003 konzentrierten.

Großbritannien: Der britische Aktienmarkt beendete die Woche im Minus, da die Aktienmärkte weltweit einen Teil ihrer seit Jahresbeginn erzielten Gewinne einbüßten. Hinter den Verlusten standen Zweifel über die Nachhaltigkeit des aktuellen Bewertungsniveaus sowie, nach den Attentaten in Spanien, die Angst vor weiteren Anschlägen. Auch die vergangene Woche veröffentlichten Handelsbilanzdefizite Großbritanniens und der USA, beide auf Rekordständen, trugen zur schlechten Stimmung am Markt bei.

Im Wochenverlauf stieg der FT Government All Stocks Index für britische Staatsanleihen im Fahrwasser des US-Rentenmarktes, wo die Renditen für 10-jährige Papiere auf ihren niedrigsten Stand seit Juli 2003 gesunken sind.

Das Britische Pfund gab vergangene Woche nach seinem Hoch von 1,90 US$ nach und beendete die Woche deutlich schwächer bei etwa 1,80 US$. Auch gegenüber dem Euro verlor die britische Währung: Der Euro steht nun bei 0,68 Pfund.

Die Produzentenpreise fielen im Februar unerwartet stark um 0,8 % gegenüber dem Vormonat, die Produktionspreise hingegen stiegen um 0,2 %. Die Daten belegen erneut, dass die Gewinnmargen der Produzenten zunehmen.

Lloyds TSB meldete einen Ertragsrückgang, der auf Grund von Gewinnen aus Verkäufen und anderen Sonderfaktoren nur gering ausgefallen war. Der von manchen Analysten erwartete Aktienrückkauf wurde vom Unternehmen nicht bestätigt. Statt dessen legt Lloyds Kapital für künftige Zukäufe zurück.

Alvis, der Hersteller von gepanzerten Fahrzeugen, erhielt ein Übernahmeangebot von dem amerikanischen Verteidigungsunternehmen General Dynamics. Daraufhin stiegen die Aktien des Unternehmens über den gebotenen Kaufpreis, da weitere Angebote erwartet wurden, möglicherweise auch von der BAE, die 30 % des Unternehmens hält.

Japan: In Japan beendeten die Aktienmärkte die Woche im Minus. Am Freitag gaben die Kurse den dritten Tag in Folge nach, der Nikkei-Index rutschte zeitweise unter die psychologisch wichtige 11.000-Punkte-Marke, konnte sich im späten Handel aber wieder erholen.

Die führenden Bankenwerte konnten in der Woche großenteils ihre positive Dynamik beibehalten, doch auch sie gerieten am Freitag unter starken Abgabedruck. Sumitomo Mitsui Financial verlor von seinem Rekordstand am Donnerstag 3,9 %.

Japan Airlines, die größte Fluggesellschaft Asiens, meldete für das zum 31. März 2004 endende Steuerjahr über Erwarten hohe Verluste. Nach November war dies nun die zweite Korrektur der Verluste nach oben. Das Unternehmen will 4.500 Mitarbeiter entlassen, um die Folgen der SARS-Krise des vergangenen Jahres zu bewältigen.

Zur Wirtschaft: Die japanische Regierung korrigierte die Industrieproduktion für Januar nach unten: Gegenüber dem Vormonat stieg diese saisonbereinigt um 3,3 % (ursprüngliche Schätzung: 3,4 %). Trotz der Korrektur liegt sie auf ihrem höchsten Stand seit Dezember 2000. Auch das Wirtschaftswachstum für das vierte Quartal musste von 7,0 % p.a. auf 6,4 %, zurückgenommen werden. Die Gründe: Die Lagerbestände waren stärker als erwartet zurückgegangen, die Investitionsausgaben entsprechend gesunken.

Sharp, Japans größter Hersteller von LCD-Bildschirmen, meldete, er wolle seine Investitionen in Halbleiter-Ausrüstung verdoppeln, um die Produktion von optischen Sensoren und Speicherchips zu steigern.

Südostasien: Obwohl die Wirtschaftsnachrichten insgesamt positiv blieben, gaben die Aktienmärkte in der gesamten asiatisch-pazifischen Region im Wochenverlauf nach. Eine Ausnahme bildete Thailand.

Offiziellen Angaben zufolge wuchs die thailändische Wirtschaft im vierten Quartal um 2,7 %, so schnell wie seit vier Jahren nicht mehr. Getragen wurde das BIPWachstum von höheren Unternehmensinvestitionen und von Konsumausgaben. Für das gesamte Jahr betrug das Wirtschafts-wachstum 6,7 % und lag damit auf dem höchsten Stand seit 1995.

In Hongkong stiegen die Einzelhandelsumsätze im Januar den sechsten Monat in Folge. Der Tourismus-Boom nach dem Ende der SARS-Krise förderte Konsumausgaben bei kleineren Luxusartikeln wie Designerkosmetik und Schmuck. Steigende Aktienkurse und Immobilienpreise förderten indes den Binnenkonsum.

Der Konsumklima-Index für Australien, der Westpac Melbourne Institute Index, sank im März hingegen um 3,8 %. Im Vormonat hatte er noch mit 118 Punkten den höchsten Stand seit 9 Jahren erreicht.

In Seoul beendete der Aktienmarkt die Woche weitgehend schwächer, nachdem das südkoreanische Parlament zum ersten Mal ein Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten Roh Moo-hyun wegen angeblicher Verstöße gegen das Wahlgesetz beschlossen hatte.

Lateinamerika: Argentinien stimmte einer Zahlung von 3,1 Mrd. US$ an den Internationalen Währungsfonds IWF zu und entging damit dem bislang ersten Zahlungsausfall in der Geschichte des IWF. Damit kam Bewegung in das festgefahrene Verhältnis zwischen der Regierung von Präsident Kirchner und dem IWF. Zudem unterzeichneten Argentinien und der IWF eine Absichtserklärung, in der sich das Land verpflichtet, sich bis Anfang Juni mit privaten Gläubigern zusammenzusetzen, um die von den Zahlungsausfällen betroffenen Anleihen zu restrukturieren.

Der brasilianische Zentralbankchef Henrique Meirelles äußerte, sein Land könne bei Beibehaltung des aktuellen Zinsniveaus das von der Regierung vorgegebene Wachstumsziel von 3,5 % p.a. erreichen. Präsident Lula da Silva hingegen meinte, ohne Zahlen zu nennen, die Wirtschaft des Landes werde wahrscheinlich langsamer wachsen als er gehofft hatte.

In Chile meldete Codelco, der staatliche und weltweit größte Kupferproduzent, für 2003 die Förderung von 1.563 Mio. Tonnen Kupfer; dies sind 4,1 % weniger, als offiziell geschätzt, aber 2,8 % mehr als 2002. Nach dieser Meldung stiegen die Kupferpreise an der Londoner Metallbörse.

AUSBLICK:

Anleger suchen nach Belegen dafür, dass das weltweite Wirtschaftswachstum höhere Bewertungen rechtfertigt.

Quelle: Fidelity

Die US-Investmentgesellschaft Fidelity wurde 1946 gegründet und ist mit einem verwalteten Vermögen von rund 1.000 Mrd. US-Dollar das größte unabhängige Fondsmanagement-Unternehmen der Welt. Es beschäftigt insgesamt 31.595 Mitarbeiter und stellt privaten und institutionellen Anlegern Investmentprodukte und -dienstleistungen zur Verfügung.

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