Kommentar
08:34 Uhr, 27.03.2007

Getreide: Die Stunde der Wahrheit

Am Freitag um 14:30 Uhr schlägt die Stunde der Wahrheit für die Getreidemärkte. Weltweit blicken Händler mit Spannung auf den dann zur Veröffentlichung anstehenden „Prospective Plantings“-Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums USDA. Darin werden die Umfrageergebnisse für die geplanten Anbauflächen der Getreide in diesem Jahr bekannt geben.

Dabei geht es um allerlei Pflanzen - von Sonnenblumen bis hin zu Kartoffeln. Besondere Aufmerksamkeit gilt aber den drei Getreide Mais, Weizen und Soja. Sie befinden sich in einem Wettrennen um die meisten Anbauflächen, da diese insgesamt ja begrenzt sind.

Mais: USA stehen vor Rekordernte

Ginge es alleine nach dem Preis, müssten sich die Landwirte vorwiegend für Mais entscheiden. Hier stieg der Preis in den letzten 12 Monaten um 85%. Weizen stieg im gleichen Zeitraum nur um 23,8% an, das Plus bei Soja beträgt 32%.

Die gute Entwicklung von Mais lässt sich vor allem dadurch erklären, dass die Nachfrage nach den gelben Körnern aus der Ethanolindustrie so stark gestiegen ist, während gleichzeitig die Futtermittelnachfrage durch wachsenden Fleischbedarf anzieht. Vor allem spielt aber die Ethanolnachfrage eine Rolle. US-Präsident Bush hat Gesetze in die Wege geleitet, die in den USA eine 20%ige Beimischung des Alkohols zum Benzin innerhalb von zehn Jahren vorsieht. Damit soll die Abhängigkeit der Vereinigten Staaten vom Erdöl aus dem Mittleren Osten verringert werden. Und Ethanol soll dort aus Mais hergestellt werden.

Ethanol-Benzin: US-Mais reicht nicht aus

Das Ziel einer 20%igen Beimischung von Ethanol zu Mais würde einen Nachfrageanstieg um 800% bis 2017 auslösen. Selbst wenn das Maisangebot in den USA bis dahin um 30% pro Jahr wachsen könnte, würde es nicht ausreichen, um die wachsende Nachfrage nach Mais zu decken. Das Getreide dürfte also weiterhin sehr knapp bleiben. Die Daten am Freitag werden sehr interessant werden, da sie erste Reaktionen der Landwirte auf die drohende Verknappung von Mais zeigen werden. Die Maisgeschäfte scheinen auf jeden Fall gesichert, da schon heute fest steht, dass große Mengen Mais aus dem Ausland in die USA importiert werden müssen, da das inländische Angebot niemals ausreichen wird.

Brasilien soll es richten

Nicht ohne Hintergedanken zeigt US-Präsident Bush in jüngster Zeit reges Interesse an Südamerika. Er reiste Mitte dieses Monats nach Brasilien, um dort umfassende Abkommen für die Zusammenarbeit im Agrarsektor zu unterzeichnen. Brasilien ist bereits seit Jahrzehnten im Ethanolsektor tätig, und die Erfahrung des Landes in diesem Bereich zahlt sich jetzt aus. Die USA wollen in den nächsten Jahren große Mengen Ethanol importieren. Das Land am Zuckerhut soll dabei eine große Rolle spielen. Außerdem soll der Maisanbau aus den USA teilweise nach Brasilien ausgelagert werden, hieß es in Presseberichten.

Die Konsensschätzungen für die Anbauflächen bei Mais liegen bei 88 Millionen Morgen. Analysten der Commonwealth Bank of Australia gehen davon aus, dass die Lagerbestände aber auch bei einer solchen Ernteausweitung um 2% nicht merklich ansteigen werden. „Wenn wir annehmen, dass 92% dieser Ernteflächen tatsächlich geerntet werden können, und die Ertragsraten bei 148 Scheffeln pro Morgen Land liegen werden, würde dies zu einer Rekordernte bei Mais führen. Aber selbst dann wären die Lagerbestände noch knapp.“

Weizen: Eine ähnliche Rechnung

Die Schätzungen für die Anbauflächen bei Sommerweizen liegen bei 14,5 Millionen Morgen. „Daraus lässt sich eine Erntemenge von 61 Millionen Tonnen ableiten“, schätzen die Analysten der Commonwealth Bank of Australia. „Wir gehen außerdem davon aus, dass in Australien in diesem Jahr mehr geerntet werden kann. Die Dürre dürfte nicht so dramatische Opfer fordern, wie im letzten Jahr. Die Erntemenge dürfte bei 27 Millionen Tonnen liegen. Insgesamt sind das in etwa 30 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Aber auch das wird nicht viel an den Weltlagerbeständen ändern, die immer noch knapp sind.“

Soja wird weniger angebaut

Die Rekordlagerbestände bei Soja werden sich in diesem Jahr wahrscheinlich auf die Produktion auswirken. Die Schätzungen gehen von einer Anbaufläche bei Soja von 70 Millionen Morgen aus, was laut Commonwealth Bank unter normalen Bedingungen zu einem Rückgang der Erntemenge um 10 Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahr führen könnte. Analysten gehen davon aus, dass dies sich jedoch nicht merklich auf die Preise auswirken werde, da in Südamerika in diesem Jahr erneut eine gute Ernte erwartet wird. An den Rekordbeständen von Sojabohnen dürfte sich also auch in diesem Jahr nichts merklich ändern.

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