Kommentar
02:00 Uhr, 07.02.2008

Geschäftiges Emissions-Treiben Land auf Land ab

Es tut sich etwas in den Hexenküchen der Fonds- und Zertifikateindustrie. Die Kreativität der Finanzingenieure in beiden Lagern ist aktuell gefragt wie nie zuvor, bestimmen doch wichtige Termine die jeweiligen Rezepturen der neuen Produkte. So können die Renditen bei den „Strukturierten“ derzeit gar nicht hoch genug ausfallen, um noch schnell Anleger aufgrund der zwölfmonatigen Spekulationsfrist bis Ende Juni dieses Jahres in steueroptimierte Zertifikate zu locken. Die Vielzahl gleichzeitig auf mehreren Underlyings basierenden sogenannten „Multi-Papieren“ spricht hier eine deutliche Sprache. Das Problem dabei: Mit einer höheren Rendite, noch dazu erzielbar innerhalb eines maximalen Zeitraums bis zum 30. Juni 2009, dem Ende der steuerlichen Übergangsfrist für Zertifikate, steigt natürlich auch das Risiko. Dagegen möchte man im gegenüberliegenden Lager wiederum eingedenk der steuerlichen Galgenfrist bis Jahresende, geschwind noch einmal Zertifikateanlegern den Weg mit geeigneten strukturierten Alternativen auf die zusätzlich vom Emittentenrisiko befreite Fondsseite ebnen, indem diverse liebgewordene Strukturen einfach in einen Fondsmantel gekleidet werden. Kein Wunder, dass auch hier ständig Neuprodukte auf die Anlegerschar losgelassen werden, die allerdings aufgrund ihrer bescheidenen Konstruktionsweise und ambitionierten Kostenstruktur bislang noch wenig Anreiz zum „Fremdgehen“ bieten.

Die beiden aktuellen Kandidaten kommen von dem bisher wohl eifrigsten Fondsstrukturierer HypoVereinsbank und der UBS, die sich bei ihrem LSAM Rolling Step Down Fonds auf den Euro STOXX 50 ganz auf die Expressschiene verlegt hat. So besteht hier erstmals nach 13 Monaten die Möglichkeit, bei einem zumindest unveränderten Indexstand sieben Prozent Rendite einzustreichen und aufgrund der unfixierten Laufzeit des Fonds anschließend in einen neuen adäquaten Anlagezyklus zu rollen. Im Misserfolgsfall beginnt das Expressspiel von neuem, diesmal aber im Dreimonats-Rhythmus, wobei sich die Rendite jeweils um ca. zwei Prozentpunkte erhöht. Um die ganze Sache abzukürzen, gönnt der Schweizer Emittent dem Produkt auch noch eine sukzessive Absenkung der Tilgungsschwelle in 3-Prozent-Schritten, in Fachkreisen auch „Step-Down“-Mechanismus genannt. Dabei erfolgt der Reduktionsakt im Extremfall nach 61 Monaten bis auf 52 Prozent des Ausgangsindexstandes. Wie eine Rückrechnung bis ins Jahr 1990 zeigt, wäre das Szenario spätestens dann zu 100 Prozent aufgegangen und hätte aus heutiger Sicht eine Rendite von insgesamt knapp 41 Prozent für den gut fünfjährigen Zeitraum erbracht. Während die Erfolgswahrscheinlichkeit bei dem UBS-Fonds also schon sehr hoch ist, geht die HypoVereinsbank bei ihrem neuesten Produkt, dem Rolling Protect 1SI ebenfalls auf den europäischen Standardindex, gleich auf Nummer sicher. Der Anleger erhält hier jeweils innerhalb einer fünfjährigen Zeitperiode die Chance, mit einem vollständigen Kapitalschutz 1:1 am Index zu partizipieren, allerdings immer nur bis zu einem Cap zwischen indikativ 45 bis 55 Prozent, was einer maximalen Ertragsmöglichkeit von 7,72 bis 9,17 Prozent p.a. entspricht. Garantie kann also ganz schön teuer sein, muss doch hier komplett auf eine Seitwärtsrendite verzichtet werden.

Egal ob nun Viele noch mal so richtig um Erträge schachern oder nur einseitig auf steueroptimierte Anlagen schielen, ein Problem ist wohl bisher im Zuge des aktuellen Subprime- und Rezessionsangst-Crashs nur Besitzern von vor dem ominösen 15. April 2007 erworbenen Zertifikaten so richtig bewusst geworden. Was ist eigentlich, wenn das Investment nicht genau das macht, was man von ihm erwartet, wenn die Performance ausbleibt? Dann ist es womöglich ziemlich schnell vorbei mit der Freude über eine mögliche Steuerfreiheit. Wie schwer wird man sich wohl auch in diesem Fall wieder von seinem Papier trennen können? Ein Dilemma, in das die „wahren“ Optimierer, die den Steueraspekt nur als einen unter mehreren Entscheidungskriterien verstehen, erst gar nicht kommen. Insofern dürfen die Anbieter von Zertifikate-Fonds zukünftig auch gerne noch etwas tiefer in ihre Trickkiste greifen.

Fondsname

Anbieter

WKN

Strategie

LSAM Rolling Step Down Fonds

UBS

A0M8VC

Rollierender Express-Ansatz

Rolling Protect 1SI Fonds

HVB

A0M7SN

Garantieansatz mit 1:1-Part.

Autor: Armin Geier

Besuchen Sie die Zertifikate-Unterseite von Godmode-Trader und erfahren Sie alles rund um das Thema Zertifikate + Grundlagenwissen. Klicken Sie hier!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

Mehr über Jochen Stanzl
Mehr Experten