Kommentar
10:56 Uhr, 25.06.2020

Gelingt die wirtschaftliche Erholung nur in Deutschland?

Die deutsche Wirtschaft könnte sich deutlich schneller als vergleichbare Industrieländer vom Corona-Schock erholen, wie Echtzeitdaten aus dem Gastronomie-Sektor zeigen.

Die Gastronomie ist einer der Sektoren, der von der Corona-Pandemie besonders hart getroffen wurde. Umso wichtiger sind Daten aus diesem Sektor, um beurteilen zu können, wie schnell die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wieder überwunden werden.

Auch wenn in vielen Ländern die Lockdowns inzwischen aufgehoben oder deutlich gelockert wurden, verhalten sich die Verbraucher noch lange nicht so wie vor der Krise – mit Ausnahme der Bundesbürger.

Der zum US-Unternehmen Booking Holdings gehörende Gastronomiedienstleister OpenTable, der einen Reservierungsservice für Restaurants betreibt, veröffentlicht auf Basis von 20.000 Restaurants weltweit Echtzeitdaten zur Anzahl der Restaurantbesuche. Die Daten, die in der folgenden Grafik gezeigt werden, zeigen dabei die Anzahl der Restaurantbesuche im Vergleich zum selben Wochentag in der jeweils identischen Kalenderwoche von einem Jahr. (Hinweis: Da sich die allermeisten von OpenTable analysierten Restaurants in den USA befinden, verlaufen die Kurven "USA" und "Welt" beinahe identisch).

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Zwischen Mitte März und Mitte Mai brachen die von OpenTable registrierten Restaurantbesuche in praktisch allen Märkten völlig ein. Die Restaurantbesuche lagen entsprechend um 100 Prozent unter dem Vorjahr, weil etwa in Deutschland, Großbritannien und weiten Teilen der USA Restaurants geschlossen bleiben mussten.

Ab Mitte Mai kam es dann zu einer höchst unterschiedlichen Entwicklung in Deutschland und den anderen Märkten, in denen OpenTable tätig ist. Während in den USA und den meisten anderen Ländern sich die Restaurantbesuche nur äußerst langsam erholten und zuletzt noch rund zwei Drittel unter dem Vorjahresniveau lagen, legten sie in Deutschland deutlich zu und lagen an manchen Tagen im Juni sogar wieder höher als ein Jahr zuvor. In Großbritannien bleiben Restaurants noch voraussichtlich bis zum 4. Juli geschlossen.

Während die US-Konsumenten deutlich weniger in Restaurants gehen als vor Corona, scheinen die Bundesbürger inzwischen wieder relativ unbekümmert zu sein und ähnlich häufig ins Restaurant zu gehen wie vor Corona.

Für die unterschiedliche Entwicklung dürfte es verschiedene Gründe geben:

  • In Deutschland ist die Eindämmung von Covid-19 nach objektiven Kriterien (Anzahl Erkrankungen und Tote) besser gelungen als etwa in den USA. Die Aufhebung der Lockdowns ist deshalb auch weiter fortgeschritten.
  • In Deutschland sind die Verbraucher durch Covid 19 weniger stark verunsichert als etwa in den USA und weniger bereit, ihr Leben und ihre Verhaltensweisen nach der Krise nachhaltig zu verändern. Die psychologischen Schäden durch Covid-19 könnten in Deutschland also geringer ausfallen als in anderen Ländern.

Die Entwicklung im Gastronomie-Sektor legt nahe, dass auch die Erholung der Realwirtschaft insgesamt in Deutschland schneller vonstattengehen könnte als in anderen Märkten. Das gilt allerdings nur dann, wenn man die Daten aus dem Gastronomiesektor zumindest teilweise auch auf andere Bereiche des wirtschaftlichen Lebens übertragen kann.


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4 Kommentare

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  • Tüskendör
    Tüskendör

    Die Zahlen können nicht die gesamte Branche repräsentieren. Dafür sind schlicht zu viele Restaurants noch komplett geschlossen und zu viele um zu viele Tische/Plätze ausgedünnt. Geht nicht, kann nicht - sicher.

    23:12 Uhr, 25.06.2020
  • angola_murksel
    angola_murksel

    Die Aussagen von OpenTable erinnern mich an Aussagen von Wirecard zu diversen Treuhandkonten. Alle Infos, die mir vorliegen, und wir sind Dienstleister auch für die Gastrobranche, sagen das komplette Gegenteil. Angesichts von nicht geöffneten oder nur mit begrenzter Öffnung arbeitenden Lokalitäten auch gar nicht anders zu erwarten. Keine Ahnung, wo die Ihre Daten her beziehen, aus der Tourismusstadt Weimar können sie nicht kommen, auch nicht vom Darss oder von Rügen, auch nicht aus den ostdeutschen Mittelgebirgen. Dazu paßt die Meldung von gestern, daß die Brauerei Apolda 35 von 50 Beschäftigten in Kurzarbeit schickt wegen "fehlender Faßbiernachfrage", und weiterhin kann man sich den Kurs vom Lachshersteller Mowi anschauen, der insbesondere wegen der weggebrochenen Nachfrage aus Hotels und Gaststätten dort steht, wo er gerade steht. Ich halte die Daten für falsch.

    14:02 Uhr, 25.06.2020
  • Effe
    Effe

    Entschuldigung, das ist leider Unsinn.

    Deutschland ist eine Exportnation, da kann man nicht mit Restaurantbesuchen argumentieren.

    11:40 Uhr, 25.06.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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