Kommentar
09:42 Uhr, 21.02.2019

Geht es auch ohne neue Schulden?

Immer mehr Schulden wird schon fast als gottgeben angesehen. Es geht aber auch anders. Hätte China das nur vor ein paar Jahren schon begriffen...

Schuldenkönige bleiben die entwickelten Länder. Die Verschuldung des Nicht-Finanzsektors (Haushalte, Nicht-Finanzunternehmen, Staat) liegt bei ungefähr 260 % der Wirtschaftsleistung (Grafik 1). In Entwicklungsländern ist das noch anders. Hier liegt die Verschuldung bei weniger als 180 %.

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Seit 2008 holen die Entwicklungsländer allerdings auf. Während sich in entwickelten Ländern die Verschuldung lediglich um 26 Prozentpunkte erhöht hat, waren es in Entwicklungsländern 70 Prozentpunkte. Die Schulden wuchsen fast dreimal so schnell wie in den entwickelten Ländern.

Bis zu einem gewissen Grad ist das nachvollziehbar. Wer eine geringere Verschuldung hat, kann im Notfall auch mehr Schulden aufnehmen. Viele Staaten haben das getan, um gegen die Wirtschaftskrise anzukämpfen. Ein Land sticht hier besonders hervor: China (Grafik 2). Die Verschuldung stieg in den letzten 10 Jahren um fast 150 % der Wirtschaftsleistung an. Das ist ein Rekord.

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Es ist ja auch nicht so, dass die Wirtschaft nicht gewachsen wäre. Die Wirtschaftsleistung hat sich im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt. Der Schuldenberg hätte zwischen 2009 und 2018 problemlos um 7 Billionen Dollar zunehmen können. Die Verschuldung gemessen an der Wirtschaftsleistung wäre gleich geblieben. Da die Schulden aber um fast 20 Billionen in die Höhe schnellten, stieg der Verschuldungsgrad an.

Viele andere Länder haben es ohne diesen Exzess geschafft. Russland ist heute noch genauso verschuldet wie im Jahr 2000. In Indien blieb die Verschuldung in den letzten 15 Jahren konstant.

Indien ist das beste Beispiel, dass es auch ohne immer höhere Verschuldung geht. Die Schulden steigen zwar, aber nicht schneller als die Wirtschaftsleistung. Trotzdem wächst das Land inzwischen schneller als China. Indien könnte durchaus mehr Schulden aufnehmen, doch bei 7 % Wachstum pro Jahr erscheint das nicht dringend notwendig.

Den meisten Ländern erschien das auch nicht notwendig. So kommt es, dass die steigende Verschuldung der Entwicklungsländer fast ausschließlich auf China zurückzuführen ist (Grafik 3). Die Verschuldung der Entwicklungsländer ohne China hat sich kaum verändert.

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Oftmals ist in den Medien zu lesen, dass Entwicklungsländer unter ihren Schulden zusammenzubrechen drohen. Das kann man so nicht bestätigen. Es ist China und praktisch China allein, das die Statistik beeinflusst.

Entwicklungsländer sind daher größtenteils besser als ihr Ruf. Die Verschuldung der Gesamtwirtschaft ist vergleichsweise niedrig und die langfristigen Wachstumsperspektiven bleiben gut. Es geht also auch ohne Schuldenexzess. China hat das zu spät erkannt. Es muss das Problem dringend in den Griff bekommen und zwar schnell.

Die Erwerbsbevölkerung beginnt zu schrumpfen. Es werden zukünftig also immer weniger Menschen in China arbeiten. Der Schuldenberg bleibt der gleiche bzw. wächst weiter. Das ist das Rezept für Deflation und Stagnation wie sie Japan erlebt. China kann sich das im Gegensatz zu Japan allerdings nicht leisten, schon aus politischen Gründen nicht.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Dragoslav
    Dragoslav

    Ich weiss nicht, ob hier einfach die geldtheoretischen Grundlagen fehlen oder nur so getan wird als ob. Das derzeitige Geldsystem nennt sich Kredit- oder Schuldgeldsystem. Schon allein der Name gibt die Antwort auf die Frage der Titelzeile und macht den gesamen Artikel hinfällig. Ohne neue Schulden bricht das Schneeballsystem zusammen, da es Zinslasten gibt, die bedient werden müssen und diese Gelder schlicht noch nicht existieren.

    10:51 Uhr, 21.02.2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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