Kommentar
16:12 Uhr, 03.03.2022

Für manche ist Inflation besser als ihr Ruf

Für Sparer und auch Aktionäre ist Inflation ein Graus. Inflation hat aber auch positive Vermögenseffekte.

Für viele ist klar, dass Inflation, die so hoch ist wie jetzt, schlecht ist. Das gilt nicht nur für Anleger und Sparer. Zuallererst sind Personen mit geringen Einkommen betroffen. Für diese Gruppe ist die Entwertung des Ersparten ein Luxusproblem, denn wer wenig verdient, kann nicht sparen.

Bereits vor dem Inflationsanstieg reichte das Einkommen nur für das Notwendigste. Jetzt, da alles um 5 % und mehr teurer geworden ist, reicht es nicht einmal mehr dafür. Das ist zumindest das, was man immer wieder lesen kann. Man hört von Einzelschicksalen, in denen Rentner zwischen Medikamenten und Lebensmitteln wählen müssen.

Als Sparer und Aktionär hat man also tatsächlich ein Luxusproblem. Die Zinsen sind so niedrig, dass Geld auf dem Sparkonto im Eiltempo entwertet wird. Aktien schützen nicht wesentlich besser. Nach Berücksichtigung der Inflation verlor man mit einem Investment in den S&P 500 im vergangenen halben Jahr 5 %. Auf Jahressicht konnte ein Investment in den DAX die Kaufkraft gerade so erhalten.

Obwohl die Umsätze von Unternehmen mit der Inflation steigen, wird der Markt bei höherer Inflation tendenziell niedriger bewertet. Aktien können erfahrungsgemäß in Zeiten mit Inflationsraten wie wir sie aktuell sehen die Kaufkraft nur mit Mühe erhalten, wenn überhaupt.

Trotz allem ist eine Inflationsrate von mehr als 5 % nicht nur schlecht, solange es nicht in Hyperinflation ausartet. Obwohl ein gewisser Konsens besteht, dass hohe Teuerungsraten alle belasten, lässt sich die nicht unbedingt durch Zahlen untermauern. Vereinfacht sorgt höhere Inflation dafür, dass sich die Ungleichheit in der Gesellschaft verringert.

Grafik 1 zeigt dazu den Anteil des Gesamtvermögens, welches auf das reichste Prozent und auf die untersten 50 % der Gesellschaft entfallen. Die Grafik zeigt Daten für die USA. Während der Hochinflationszeit von 1965 bis zu Beginn der 90er Jahre fiel der Vermögensanteil der Reichen um ein Viertel. Das Vermögen der unteren 50 % stieg um 50 %. Damit war der Vermögensanteil allerdings immer noch sehr gering.

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Daten, die länger zurückreichen, zeigen ein ähnliches Bild. Der Gini Koeffizient misst die Ungleichheit (je höher der Wert, desto ungleicher). Während der Großen Depression und Deflation stieg die Ungleichheit. Mit der Inflation während des Zweiten Weltkrieges bis Ende der 70er Jahre fiel die Ungleichheit (Grafik 2).

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Treiber ist die Einkommensentwicklung (Grafik 3). Das Einkommen der Reichsten besteht nur zu kleinen Teilen aus Arbeitseinkommen. Ein Großteil ist Kapitaleinkommen. Dieses steigt während Hochinflationsphasen weniger schnell als das Arbeitseinkommen. Gleiches gilt für das Vermögen. Wer reich ist, hat viel Finanzvermögen. Wer zur Mittelschicht gehört, hat vor allem Sachvermögen (eigenes Haus). Finanzvermögen performt in Hochinflationszeiten weniger gut als Sachvermögen.

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Das Phänomen ist keines, welches nur in den USA gilt. Auch in Deutschland steigt die Ungleichheit der Vermögen an. Das oberste Prozent hält derzeit über 10 % des Gesamtvermögens (Grafik 4). Wie zuverlässig die Daten direkt vor und nach den Kriegsjahren sind, sei dahingestellt. Der Trend ist jedoch ähnlich zum Trend in den USA. Hochinflationszeiten reduzierten den Vermögensanteil der Reichsten.

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Die Korrelation (höhere Inflation = geringere Ungleichheit) ist nicht nur zufällig. Kapitaleinkommen und Finanzvermögen performt bei höherer Inflation nun einmal schlechter. Damit ist höhere Inflation nicht auch gleich gut. Der Gewinn der unteren 50 % ist klein und konzentriert sich eher am oberen Ende der Bevölkerung mit Einkommen zwischen 0-50 %. Am meisten gewinnen jene, deren Einkommen und Vermögen zwischen 50 % und 90 % liegen. Wer arm ist, bleibt arm und wird vermutlich ärmer. Wer vor allem Arbeitseinkommen und Sachvermögen hat, gewinnt überproportional.

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2 Kommentare

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  • Sebastian Solter
    Sebastian Solter

    Finde ich einen sehr interessanten Aspekt, auf den nicht einmal Thomas Piketty hingewiesen hat. Hut ab! Natürlich löst es nicht unsere Gesellschaftsprobleme. Aber wer tut das schon? -- Es ist, wenn man so will, ein Steinchen im Mosaik.

    16:00 Uhr, 04.03.2022
  • LukiLuke
    LukiLuke

    Also die, die zuviel haben, müssen ein wenig abgeben. Die, die genug haben, bekommen mehr. Und diejenigen die schon arm sind werden noch ärmer.. sehr vorteilhaft.. löst bestimmt unsere gesellschaftsprobleme.

    18:15 Uhr, 03.03.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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