Für deutsche Branchen doppelt gefährlich
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externe Quelle: Deutsche Bank
Der internationale Handel leidet stark unter den Folgen der aktuellen Wirtschaftskrise und sieht sich einer neuen Protektionismuswelle gegenüber. Weil die deutsche Wirtschaft einer der größten Gewinner der Globalisierung ist, birgt diese Entwicklung für ihre Branchen besonders große Gefahren. Vor allem der Export von Autos, Maschinen und Chemieprodukten ist betroffen. Letztlich eröffnet aber nicht Protektionismus, sondern Freihandel den Weg aus der Krise.
Der internationale Handel steht vor einer schwierigen Zukunft. In Deutschland sanken die Exporte im Januar 2009 im vierten Monat in Folge und so stark wie seit 1993 nicht mehr. Von dieser schwachen Nachfrage nach Gütern „Made in Germany“ waren alle Branchen betroffen, wobei insbesondere die Auto- und Maschinenbauer Federn ließen. Gleichwohl ist Deutschland kein Einzelfall. Für das Gesamtjahr wird erwartet, dass das globale Handelsvolumen um bis zu zehn Prozent sinken könnte. Dies wären der erste Rückgang seit 17 Jahren und der stärkste seit der Großen Depression in den 1930er Jahren.
Angesichts dieser düsteren Aussichten wiegt die nun zwangsläufig wieder aufflammende Gefahr protektionistischer Maßnahmen besonders schwer – vor allem für Deutschland. Schließlich erwirtschaftete der Exportweltmeister im Jahr 2008 mit Ausfuhren im Wert von fast einer Billion Euro etwa die Hälfte seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) durch Warenverkäufe über die Grenze. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt vom Export ab. Protektionismus wäre also auch eine Bedrohung für deutsche Jobs.
Auf Branchenebene spielen unter anderem die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Chemische Industrie eine Schlüsselrolle für den deutschen Außenhandel: Im Jahr 2008 sorgten diese drei Sektoren für fast die Hälfte aller Ausfuhren. Ferner löst die Exportstärke dieser Produkte auf Grund ihrer hohen Vorleistungsintensität bedeutende Spillover-Effekte in anderen Branchen aus. Davon profitieren mehr und mehr auch die mit der Industrie verbundenen Dienstleister. Protektionismus wäre also für deutlich mehr Branchen schädlich, als oberflächlich betrachtet vermutet werden könnte.
Doch der große Erfolg im Ausland wird dann zum Bumerang, wenn die Nachfrage dort weg bricht. Eine hohe Exportquote ist dann nicht nur Ausdruck von Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch ein Maß für die Abhängigkeit des jeweiligen Sektors von ausländischen Abnehmern. Hierbei definieren wir die Exportquote als Auslandsanteil am Gesamtumsatz. Diese beträgt für die Automobilindustrie, den Maschinenbau und die Chemische Industrie jeweils rund 60 Prozent.
Bietet intra-industrieller Außenhandel Schutz vor Protektionismus?
Neben den Exporten ist Freihandel für die deutschen Branchen aber auch mit Blick auf die Importe von großer Bedeutung. Zum Beispiel sind die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Chemische Industrie auch für etwa ein Drittel aller Einfuhren verantwortlich. Zwar ist Deutschland – trotz steigender Importkomponenten unserer Exportgüter – nach wie vor keine Basarökonomie, profitiert aber zweifelsohne wie kein anderes großes Industrieland von der internationalen Arbeitsteilung. Dadurch gelangen zum einen Vorleistungsgüter in unser Land, die dann (zumindest teilweise) zur Produktion der eigenen Exportgüter weiter verarbeitet werden. Und zum anderen können wir Güter konsumieren, die zu Hause (z.B. auf Grund zu hoher Lohnkosten) gar nicht mehr hergestellt werden. Letztlich resultiert daraus eine starke grenzüberschreitende Verflechtung bis auf Branchenebene, die insbesondere durch den großen Umfang des intra-industriellen Außenhandels zum Ausdruck kommt. Intra-industrieller Außenhandel entsteht, wenn Güter einer Branche sowohl ex- als auch importiert werden.
Intra-industrieller Handel ist ein Indiz für internationale Verflechtung von Branchen und Wertschöpfungsketten. Das erzeugt Abhängigkeiten; einfache protektionistische Maßnahmen lassen sich schwieriger politisch umsetzen. Der Versuch, einen bestimmten Sektor zu schützen, kann dazu führen, dass derselbe Sektor im Ausland als Antwort ebenfalls abgeschottet wird. Solch drohende Gegenmaßnahmen dämpfen die Begeisterung für protektionistische Maßnahmen nicht nur bei der Politik, sondern auch bei den „Schutz nachfragenden“ Branchen. Diese Logik des intensiven intra-industriellen Außenhandels könnte das Risiko weit reichender protektionistischer Eingriffe gerade auch im Vergleich zu der Entwicklung von 1929 etwas reduzieren – eine Garantie für ungestörten Freihandel ist es natürlich nicht.
Nationalismus in der Automobilindustrie als warnendes Beispiel
Die Gefahr zusätzlicher, gut gemeinter Handelshemmnisse bleibt hoch: „Etwas Protektionismus“ ist nämlich keineswegs ein notwendiges Übel in der Krise, wie unlängst von der französischen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde propagiert, sondern vielmehr der „todsichere Weg von der Rezession in die Depression“, so ihr britischer Amtskollege, Peter Mandelson. Als warnendes Beispiel für zunehmenden Wirtschaftsnationalismus dient dabei insbesondere die Automobilindustrie: Ob milliardenschwere Kredithilfen in den USA, nur etwas in ihrer protektionistischen Schärfe abgeschwächte Maßnahmen in Frankreich oder drastische Erhöhungen der Importzölle auf ausländische Wagen in Russland – um die heimischen Autohersteller werden besonders hohe Schutzzäune errichtet.
Letztlich gefährdet Protektionismus den Wohlstand aller Beteiligten. Denn die Weltwirtschaft und vor allem die Bundesrepublik fahren seit Jahren gut damit, wie die Länder die Arbeit klug untereinander aufgeteilt haben. Folglich bleibt zu hoffen, dass die Entscheidungsträger auch in der größten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression nicht vergessen, dass Außenhandel kein Nullsummenspiel ist, sondern einer der Katalysatoren des nächsten Aufschwungs sein wird.
Autor: Patrick Stephan
Quelle: Deutsche Bank Research
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