Kommentar
15:09 Uhr, 21.12.2018

Franz Kafka und der Kursverfall der Paket-Dienste

Wer hat nicht schon die seltsamsten Geschichten bei der Zustellung von Paketen erlebt? Bei mir geht es aber gerade etwas kafkaesk zu...

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Bekanntlich kamen die Aktien aus dem Logistik- und Paket-Dienst-Sektor, nachdem FedEx vor wenigen Tagen eine Gewinnwarnung vermeldet hatte, zuletzt reichlich unter die Räder. Als Begründung wurde u. a. angeführt, dass sich der weltweite Handel abgeschwächt hätte. Nun ist es aber so, dass diese Aktien bereits zuvor ebenfalls zu akuter Schwäche neigten und jüngst nur die nächste stärkere Bären-Attacke geritten wurde. Wenn jedoch weltweit in den Unternehmen so gearbeitet wird, wie es mir gerade widerfahren ist, dann wundert mich gar nichts mehr und ein Großteil der Probleme könnte hausgemacht -also intern- sein. Ohne einen Namen zu nennen schildere ich mal in groben (zum Teil kafkaeske Auswüchse annehmenden) Zügen, was ich zuletzt erleben durfte.

Hintergrund: Ich benötigte vor Weihnachten noch einen Artikel und bestellte diesen am Montag dieser Woche über einen großen Online-Händler. Ich wählte (trotz happiger 10 € Mehrkosten) den Express-Versand, um den Artikel möglichst zügig zu erhalten, parallel bestellte ich noch weitere Artikel, ohne diese Option. Der dortige Shop-Betreiber schickte den Express-Artikel auch vorbildlich direkt noch am selben Tag raus.

Was dann geschah: Am Folgetag trudelte ein erstes Paket ein, darin enthalten alle Artikel, die nicht via EXPRESS bestellt worden waren, was nicht ankam, war das EXPRESS-Paket. Nun denn, um Weihnachten rum kann es ja immer mal nen Tag Verzögerung geben und manchmal kommen Zusteller ja noch früh am Abend. In diesem Fall jedoch nicht und auch am Tag darauf passierte nichts, dafür stand in meinem Kundenkonto plötzlich ein veränderter Liefertermin, bei dem dann schon etwas vom 26.12. stand. Angesehen davon, dass an meinem Geburtstag noch nie ein Paketzusteller bei mir geklingelt hat, bekommt das Wort Express eine ganz neue Bedeutung, wenn das bedeuten sollte, ein Paket kommt binnen ca. 10 Tagen an. Ach wie gut, dass der Logistiker ja eine Tracking-Plattform hat, auf der man nachschauen kann, wo das Paket denn gerade zu stecken scheint und siehe da, mir wird angezeigt, es wäre tatsächlich einen Tag nach der Bestellung (18.12.) morgens im Zwischenlager angekommen und "in transit" wäre. Wie günstig, denn besagtes Lager ist nur ca. 10km Luftlinie von mir entfernt, doch auch am 19.12. tauchte meine Express-Lieferung nicht auf. Am Folgetag, also gestern, war ich eh unterwegs und in der Nähe. Da es dort auch ein Kunden-Center gibt, dachte ich mir, ich fahre dort mal vorbei, evtl. kann ich es ja direkt mitnehmen.....und spätestens dann kam Kafka ins Spiel. Vor Ort kam ich in eine Büro-Umgebung, die rein optisch auf dem Stand der frühen 80er Jahre war. Egal, eine nette Dame nahm sich direkt meines Problems an und ging dann damit zu einem Kollegen. Dieser wiederum hätte ihr aber mitgeteilt, dass mein Paket heute morgen aus Versehen auf das falsche Auto geladen worden wäre und der Zusteller damit ganz woanders sein würde, arghhh....im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass die nette Dame am Abend einen Bekannten bei mir im Ort besuchen wollte und dieser in meinem Ortsteil wohnen würde, mir wurde angeboten, dass sie mir das Paket dann abends vorbei bringen würde. Freudiger Dinge zog ich von dannen und verwarf alle Bedenken über die "Service-Wüste Deutschland" und fuhr nach Hause.....es ist wohl überflüssig zu sagen, dass ich aktuell noch immer warte und abends natürlich niemand vorbeigekommen ist. Nun denn, dann also heute den Shop kontaktiert und kurz aber bestimmt mitgeteilt, welch inkompetenten Paket-Dienst sie denn nutzen würden und ob sie dort mal nachfragen könnten, wo meine Ware denn verblieben sei?

Folgende Mail kam dann zurück: "...Nach Rückfrage bei XXXXXX ist die Ware leider seit mehreren Tagen nicht bewegt worden weshalb hier von einem Verlust der Ware ausgegangen werden muss. Damit Sie die Ware rechtzeitig bekommen, nehmen wir hier einen weiteren Expressversand zum 22.12.18 vor. Zudem werden wir die Kosten von 10 EUR erstatten, da der Express hier leider nicht erfolgreich war...."

Ich bin gespannt, wie diese Geschichte denn letztlich enden wird, bekomme ich womöglich alles doppelt und falls ja, versende ich das Doppelte mit demselben Anbieter wieder zurück und muss evtl. noch dafür bezahlen? Kommt die zweite Sendung eventuell auch nicht an? Fragen über Fragen....

In der Summe ist diese kleine Anekdote es vermeintlich nicht einmal wert, veröffentlicht zu werden, doch dem ist meiner Meinung nach nicht so, denn hier sieht man, wie in einfachen wirtschaftlichen Prozessen mutwillig Geld und Ressourcen verschwendet werden, weil eine Partei aus unerfindlichen Gründen einen Bock nach dem anderen gebaut hat (und ich bin diesbezüglich gewiss kein Einzelfall), sind die beiden eigentlichen Geschäftspartner verärgert. Ich, weil ich trotz Mehrpreis ewig auf meine Ware warten muss und der Verkäufer, weil er nun doppelte Versandkosten an den Hacken hat und vermutlich bei einem Gesamt-Warenwert von 59,90 € bei diesem Geschäft in der Summe wohl eher drauf zahlt als etwa zu verdienen. Ich kenne die Geschäftsbedingungen in solchen Fällen nicht, eventuell muss der Kurierdienst ja die Kosten an den Verkäufer erstatten aber dann wäre es ein echter Bärendienst für die Transportfirma, denn neben dem Image-Schaden entstünde für diese auch ein zusätzlicher direkter materieller Schaden. 10 € hier und 10 € da..... so kann man sich auch seine Gewinnmargen zerschießen. In dem Sinne mögen die Kursabschläge der vergangenen Wochen in diesem Sektor ja auch ganz andere Ursachen haben als eine weltweite Abschwächung des Handels.

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4 Kommentare

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  • Wurzel-Sepp
    Wurzel-Sepp

    Schön beschrieben, im Einzelfall kostet das Zeit und Nerven. Und der Online-Handel kommt mit dem Nadelöhr Logistik auf der letzten Meile an die "Grenzen des Wachstums". Citynahe Lagerflächen, Parkraum und Personal sind nun mal nicht beliebig skalierbar wie ein Webshop.

    PS: Im November hat ein Paketdienst ein neues Smartphone doch tatsächlich unter der Fußmatte deponiert, eine andere Lieferung war in der blauen Papiertonne versteckt :)

    17:23 Uhr, 14.01.2019
  • Gänseblümchen
    18:26 Uhr, 21.12.2018
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    ich kann sie trösten - mein bestellter Balkon kam bei mir nie an - aber die haben dann nen

    zweiten geliefert - der erste dürfte vermutlich in Sibirien montiert worden sein

    17:55 Uhr, 21.12.2018
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Liest sich nach Hermes...

    17:49 Uhr, 21.12.2018

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Über den Experten

Michael Borgmann
Michael Borgmann
Technischer Analyst und Trader

Als "Kind des Neuen Marktes" kann Michael Borgmann inzwischen auf über 25 Jahre Börsenerfahrung zurückblicken und hat dabei schon früh die Anwendung der Technischen Analyse (Charttechnik) als "Mittel zum Zweck" für sich ausgemacht. Bei seinen Analysen beschränkt er sich nicht nicht auf einzelne wenige Aspekte der Materie, sondern verfolgt einen ganzheitlichen analytischen Ansatz, indem er Candlesticks, Elliott-Wellen, Fibonaccis, die Ichimoku-Methodik und diverse andere charttechnische Hilfsmittel miteinander kombiniert. In der Summe sieht er dadurch die Technische Analyse gegenüber der Fundamental-Analyse im Vorteil, da sie tagesaktuelle Chartdaten auswerten kann und somit einen deutlichen zeitlichen Vorsprung gegenüber der Auswertung zum Beispiel veralteter Quartalszahlen hat. Seit Juli 2015 betreut Michael Borgmann den Premium-Service „Centre Court Börse” (CCB) im stock3 Terminal (vormals: Guidants).

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