Frankfurt feiert seine Wolkenkratzer
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Frankfurt/Main - In dieser Stadt strebt scheinbar alles nach oben. Nirgendwo sonst zwischen Sylt und Zugspitze ragen so viele Häuser in die Höhe, heben täglich mehr Flugzeuge ab und wächst das Geld so sehr in den Himmel wie in Frankfurt am Main. Wegen ihrer Skyline wird die Stadt oft "Mainhattan" genannt. Auch wenn der Vergleich mit der Acht-Millionen-Metropole am Hudson River hinkt, können die 660.000 Frankfurter Stolz auf die optischen Parallelen zu New York nicht verbergen. Das war nicht immer so.
Noch vor 30 Jahren wäre in Frankfurt niemand auf die Idee gekommen, den Hochhäusern - wie am Wochenende (12. und 13. Mai) - mit einem riesigen Volksfest zu huldigen. Als in den siebziger Jahren die ersten Türme gen Himmel wuchsen, stieß dies noch auf heftigen Widerstand. Die Bankenzentralen galten als unheilvolles Symbol für die Macht des Kapitals, dem im Westendviertel viele gut erhaltene Villen weichen sollten. Der Protest gegen die Pläne mündete im Häuserkampf, an dem sich auch der spätere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) beteiligte.
Inzwischen hat man in Frankfurt erkannt, dass die Türme nicht nur auf Banker Anziehungskraft ausüben, sondern auch auf Touristen. Heerscharen von ihnen strömen jährlich in die Stadt, um eine Silhouette zu bestaunen, die in Europa ihresgleichen sucht. Weit mehr als 20 Hochhäuser drängen sich mittlerweile in der westlichen City. Am höchsten ragt der 1997 fertig gestellte Turm der Commerzbank empor. Mit 258 Metern plus der 42 Meter hohen Antenne hält er noch immer den Rekord in Europa.
"Höhe ist nicht alles"
Noch. Denn schon im nächsten Jahr wird der Titel wohl an Moskau verloren gehen, wo derzeit der 448 Meter hohe Federation Tower entsteht. "Höhe ist nicht alles", kommentiert Frankfurts oberster Planungschef, Stadtrat Edwin Schwarz (CDU), den verschärften weltweiten Wettstreit um das höchste Gebäude. Dahinter steckt allerdings eine nüchterne Erkenntnis: Mit der Bauwut vor allem asiatischer Metropolen kann das "Alte Europa" schon lange nicht mehr mithalten.
Kaum jemand weiß dies besser als Albert Speer, Deutschlands wohl renommiertester Architekt, der in den vergangenen Jahren in China ganze Städte und Stadtviertel für Zehntausende Bewohner entworfen hat. Nach Einschätzung Speers hat die explosionsartige Vergrößerung von Städten wie Shanghai gerade erst begonnen. Den grassierenden globalen Höhenrausch dort, aber auch in Arabien sieht er äußerst kritisch.
800-Meter-Riesen, wie sie derzeit in Dubai im Bau sind, nennt Speer "wirtschaftlich und ökologisch überhaupt nicht zu vertreten". Ist das Hochhaus also ein Umweltkiller? Ganz so einfach sei es nicht, sagt Speer. Inzwischen baue man auch energiesparende Hochhäuser. "Aber das Hochhaus als ökologische Bauform zu sehen, das werden wie nie erreichen".
Speer und sein Kollege Jochem Jourdan haben die Hochhausentwicklung in Frankfurt entscheidend mitgeprägt. Dass heute die Straßen am Fuß der Wolkenkratzer nach Büroschluss oftmals wie ausgestorben wirken, wollen sich beide Stadtplaner aber nicht ankreiden lassen. "Ich habe schon in den achtziger Jahren versucht, die Banken zu überreden, die Hochhäuser für die Bürger zu öffnen", sagt Speer. Mit "faulen Ausreden" hätten sich die Unternehmen jedoch aus der Affäre gezogen.
"Wolkenkratzer-Festival" am Wochenende
Jourdan, der gerade den neuen Hochhausrahmenplan für Frankfurt erarbeitet hat, ist sich mit Speer einig: "Man sollte künftig Wert darauf legen, dass in die Sockel etwas anderes hineinkommt als nur Büros." Andere Städte, auch in China, seien da schon weiter. Im schwedischen Malmö wurde 2005 der 190 Meter hohe Turning Torso eingeweiht, in dem mehr gewohnt als gearbeitet wird. So etwas sucht man in Frankfurt bisher vergebens.
Zurzeit sind die Hochhäuser am Main für das breite Publikum noch tabu. Nur der 200 Meter hohe Main Tower bietet dem Publikum ein Restaurant und eine Aussichtsplattform auf der Spitze. Am Wochenende dürfen ausnahmsweise auch alle anderen Türme besichtigt werden. Dann ist wieder "Wolkenkratzer-Festival". Bei seiner letzten Auflage vor sechs Jahren lockte das Fest 800.000 Neugierige an. "Das Festival zeigt, man sollte viel mehr Türme wie den Main Tower bauen", sagt Jourdan.
Guido Heisner, ddp - http://www.ddp.de/
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