Kommentar
11:22 Uhr, 16.12.2022

Frachtraten weiter im freien Fall – Entlastung an der Inflationsfront

Die Notenbanken erhöhen fröhlich weiter die Zinsen und geben sich zugeknöpft. Derweil wird an immer mehr Orten sichtbar, welche Auswirkungen dies auf die Konjunktur und den Immobiliensektor hat.

Aber nirgendwo dürfte die Abkühlung so deutlich zu sehen sein wie bei den Frachtraten. Um unglaubliche 88 Prozent ist der Preis im Jahresvergleich für einen Container gefallen, der von Shanghai nach Rotterdam transportiert werden soll.

Auch andere Routen stark unter Druck

Die Bilder von wartenden Schiffen vor den Häfen gehören schon lange der Vergangenheit an. Derzeit heißt es wohl eher wieder: Hoffentlich kommt bald der nächste Dampfer. Langfristig, und das ist wichtig, haben wir es mit einer Normalisierung zu tun.

Sie sind trotz Lockdowns in China ein Anzeichen dafür, dass die globalen Lieferketten wieder im Einklang mit der Nachfrage stehen, die zudem am Einbrechen ist. Hier und da hängt es noch, aber im Großen und Ganzen kippen wir jetzt eher in das Gegenteil über.

Die Lager werden voller und bei den ersten Produkten wird es massive Rabattaktionen geben müssen. Ein gutes Beispiel ist die Mode. Zalando und andere Onlinehändler überbieten sich wieder einmal mit Rabatten.

Die Inflation folgte dem massiven Anstieg der Frachtraten und nicht umgekehrt. Meine These: Die Inflation wird auch dieses Mal genau dieser Entwicklung folgen. Die Frachtraten sind ein hervorragender Frühindikator für das, was in der Wirtschaft passiert. Volle Lager und fallende Preise wirken deflationär.

Der Drewry World Container Index notiert derzeit bei 2.127 USD. Anfang Januar lag der Wert bei etwa 10.000 USD. Im Mittel der letzten 10 Jahre dürfte wohl ein Normalpreis bei rund 1.800 bis 1.900 USD gelegen haben. Rechnen wir die Inflation mit drauf, dann ist die Normalisierung nicht nur erfolgt, sondern bereits weitgehend abgeschlossen! Es gibt keine Knappheit mehr, außer bei ganz speziellen Gütern wie beispielsweise Mikrochips einer bestimmten Sorte.

Ich bin mir an dieser Stelle bewusst, dass die Frachtraten nur einer von vielen Indikatoren sind. Doch ein Indikator, der m. E. tief blicken lässt. Viele Faktoren, die inflationär gewirkt haben, abgesehen von steigenden Energiepreisen, hatten damit zu tun, dass die Nachfrage das Angebot überstiegen hat und die Preise angezogen sind. Diese Thematik hat sich erledigt!

Fazit: Die Containerpreise sind im freien Fall. Es ging jetzt 42 Wochen (!) in Folge bergab. Diese Entspannung wird sich mit einem Time Lag auch in den Inflationsdaten widerspiegeln. Vor dem Hintergrund, dass die FED und die EZB die Wirtschaft in eine Rezession zwingen wollen, würde mich alles andere als eine stark zurückgehende Inflation in den kommenden 6 Monaten sehr überraschen. Nach der Rede von Madame Lagarde preist der Markt jetzt ein höheres Zinsniveau in den Kursen ein. Dieser Rückgang stellt m. E. aber eine Chance dar, auch wenn er sich noch ein Stück erstrecken kann.

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4 Kommentare

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  • Sascha Gebhard
    Sascha Gebhard Redakteur

    Eine Rezession wird die deflationären Effekte weiter verstärken die heute schon bestehen. Waren werden billiger, weil die Lager voll sind, Unternehmen müssen die Preise dann reihenweise senken. Es gibt keine Knappheit mehr. Wir leben, abgesehen von Energie in Europa, wieder im Überfluss.

    14:18 Uhr, 16.12.2022
  • Mr.Rul
    Mr.Rul

    Vor dem Hintergrund, dass die FED und die EZB die Wirtschaft in eine Rezession zwingen wollen, würde mich alles andere als eine stark zurückgehende Inflation in den kommenden 6 Monaten sehr überraschen.

    wer kann mir das erklären?

    11:37 Uhr, 16.12.2022
    1 Antwort anzeigen
  • Gustaf-Anton
    Gustaf-Anton

    Sehr interessanter Artikel.Merci.

    11:36 Uhr, 16.12.2022

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Über den Experten

Sascha Gebhard
Sascha Gebhard
Redakteur

Sascha Gebhard hat nach einer klassischen Ausbildung zum Bankkaufmann im Laufe der Jahre bei verschiedenen Banken gearbeitet. Er absolvierte neben dem Beruf die Studiengänge zum Diplom-Betriebswirt (VWA) sowie den Finanz- und Investment Ökonom (VWA). Von 2008 bis 2016 war er als Eigenhändler auf eigene Rechnung an den Finanzmärkten aktiv. Weiterhin publizierte er für verschiedene Finanzverlage und schrieb zahlreiche Fachartikel rund um das Thema Börse. Die in den jeweiligen Diensten geführten Realgeld- sowie Musterdepots konnte stets überdurchschnittliche Renditen erwirtschaften. Sein Steckenpferd ist seit jeher der deutsche Aktienmarkt, wo er bestens vernetzt ist, und eine Vielzahl an Unternehmen bereits seit mehr als 15 Jahren aktiv verfolgt. Seit 2022 ist Sascha Gebhard fester Bestandteil des Redaktionsteams von stock3. Im Premium-Service Trademate betreut er das Depot "Deutsche Aktien".

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