Kommentar
15:23 Uhr, 05.11.2003

Fidelity - Umfassender Marktrückblick

USA: Die US-Börse legte im Wochenverlauf zu. Erfreuliche BIP-Daten hoben die Stimmung der Anleger.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wuchs die US-Wirtschaft im Zeitraum Juli bis September um 7,2 Prozent (aufs Jahr hochgerechnet). Dieser Wert, der die Prognosen der Analysten übertraf, war der höchste seit fast zwei Jahrzehnten. Dahinter stand neben höheren Verbraucherausgaben auch eine Belebung der Investitionstätigkeit der Unternehmen. Das amerikanische Handelsministerium teilte mit, zum sprunghaften Anstieg des privaten Konsums hätte auch die Steuerentlastung der Bürger beigetragen. Ökonomen sahen in den Zahlen zu den Investitionen ein klares Indiz für eine positive Trendwende bei den Unternehmensausgaben. Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen reagierten mit einem Anstieg auf den höchsten Stand seit zwei Wochen.

Die Federal Reserve ließ die Zinsen auf ihrer letzten Sitzung unverändert bei 1 Prozent. Das für die Geldpolitik zuständige Gremium beschloss die Beibehaltung der niedrigsten Sätze seit 45 Jahren, um das Risiko eines Absinkens der Inflationsrate auf ein unerwünscht niedriges Niveau zu verringern. Von Ökonomenseite hieß es, der Leitzins werde wohl vorerst nicht erhöht werden, bevor der Aufschwung nicht deutlichere Konturen angenommen habe.

Aus einem anderen Bericht des Handelsministeriums ging hervor, dass der Markt für Wohnimmobilien weiter zur wirtschaftlichen Erholung beiträgt. Die Verkaufszahlen bei neuen Eigenheimen hielten sich im September über der Marke von 1,1 Million auf Jahresbasis - Ökonomen hatten einen Rückgang vorhergesagt. Die Verkäufe neuer Eigenheime haben einen Anteil von rund 15 Prozent an der Gesamtzahl aller Verkaufstransaktionen im privaten Wohnimmobiliensektor; nun warten die Analysten gespannt auf die Zahlen des Immobilienmaklerverbands National Association of Realtors über die Umsätze bei Bestandsimmobilien (auf sie entfallen die übrigen 85 Prozent). Sie sollen in der nächsten Woche bekannt gegeben werden.

Die Gewinne der amerikanischen Unternehmen stiegen im dritten Quartal so kräftig wie seit drei Jahren nicht mehr. Höhere Verbraucherausgaben und der schwache Dollar stärkten die Nachfrage nach Industrieerzeugnissen. Bei den 323 Unternehmen des S&P 500 Index, die bis zum 24. Oktober ihre Ergebnisse vorgelegt hatten, betrug der Gewinnanstieg im Durchschnitt über 21 Prozent.

Bank of America (BoA) kündigte die Übernahme der siebtgrößten amerikanischen Bank FleetBoston Financial für einen Kaufpreis von 47 Mrd. $ an. Durch die Fusion entsteht die nach der Bilanzsumme zweitgrößte Bank der USA. BoA will für die Aktien von FleetBoston einen Aufpreis von 42 Prozent auf den Schlusskurs von Freitag zahlen.

Europa: Die europäischen Aktienmärkte stiegen, während Staatsanleihen wegen der sich abzeichnenden Erholung der US-Wirtschaft Einbußen erlitten. Am Freitag gaben allerdings viele Indizes in Kontinentaleuropa nach, als enttäuschende Einzelhandelszahlen aus Deutschland und Beschäftigungsdaten aus Frankreich bekannt wurden.

In Deutschland stieg der Ifo-Geschäftsklima-Index im Oktober im sechsten Monat in Folge. Der wichtige Frühindikator der deutschen Wirtschaft, der die Erwartungen von Führungskräften in 7.000 Unternehmen misst, signalisierte eine Stimmungsverbesserung. Positive Faktoren waren insbesondere die Konjunkturbelebung in den USA und Steuersenkungen in der Eurozone. Eine optimistische Stimmung herrschte auch in der französischen Industrie, wie eine ähnliche Untersuchung des Statistikamts Insee für Oktober ergab. Die Inflationsrate lag im Euroraum nach offiziellen Schätzungen im Oktober unverändert bei 2,1 Prozent.

Die EU-Kommission äußerte die Einschätzung, dass Deutschland und Frankreich mit ihren Haushaltsdefiziten auch im Jahr 2005 - und dann bereits im vierten Jahr in Folge - das 3-Prozent-Kriterium verletzen werden. Ferner gab die Kommission bekannt, auch Italiens Staatsfinanzen würden die zur Wahrung der Geldwertstabilität festgelegten Grenzen überschreiten.

Die Stärke des Euros gegenüber dem Dollar schmälerte den Gewinn von VW im dritten Quartal erheblich. Er verringerte sich um 51 Prozent, da die in den USA erzielten Erlöse mit einem ungünstigeren Wechselkurs umgerechnet werden mussten.

Das niederländische Geldinstitut ABN AMRO erhöhte seine Prognose für das Ertragswachstum im laufenden Jahr von 15 auf 25 Prozent, nachdem sein Gewinn im dritten Quartal kräftig gestiegen war. Höhere Einnahmen im Investmentbanking und im Verbraucherkreditgeschäft in den USA trugen mit zu dem positiven Ergebnis bei.

Die Aktie des russischen Ölkonzerns Yukos fiel im Wochenverlauf, nachdem Michail Chodorkowski, der Chef des Unternehmens, wegen Steuerhinterziehungs- und Betrugsvorwürfen verhaftet worden war. Später beschlagnahmten die russischen Behörden die 44 Prozent der Yukos-Aktien, die sich im Besitz von Chodorkowski befanden. Russlands Präsident Putin traf sich unterdessen mit Investoren und bemühte sich, ihre Sorgen über die Absichten der Regierung zu besänftigen.

Großbritannien: Der britische Aktienmarkt beendete die Woche mit einem Plus. Den verbesserten Aussichten der Unternehmen stand die Erwartung gegenüber, die Bank of England werde auf der nächsten Sitzung ihres geldpolitischen Ausschusses in der ersten Novemberwoche den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt anheben.

Der erwartete Zinsanstieg trug zur Verteuerung des Pfunds gegenüber anderen Währungen bei. Gegenüber dem Dollar kletterte es auf fast 1,71 $ und erreichte damit einen 5-Jahreshöchststand.

Laut Zahlen der Bank of England für September bewegte sich die Kreditaufnahme der Verbraucher auf Rekordniveau. Dazu trugen insbesondere Hypothekendarlehen bei. Die Immobilienpreise stiegen im Oktober nach Angaben der Bausparkasse Nationwide um mehr als 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das war der stärkste Anstieg seit August 2002.

Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen (Gilts) kletterten am Wochenbeginn zum ersten Mal seit fast zwei Jahren über die Marke von 5 Prozent.

Die Aktie des Tabakkonzerns BAT Industries zog scharf an, nachdem Pläne für eine Fusion seiner US-Tochter mit Konkurrent RJ Reynolds verkündet worden waren. Falls die Fusionsabsicht verwirklicht wird, bliebe BAT künftig von den in den USA verbreiteten Schadensersatzprozessen möglicherweise verschont, da RJ Reynolds dieses Risiko übernehmen würde.

Der Ölkonzern BP meldete für das dritte Quartal ein Ergebnis, das etwas schlechter ausfiel als vom Markt erwartet. Nach dem Urteil der Anleger waren die Zahlen jedoch weniger enttäuschend als die kürzlich von BPs Konkurrent Shell Transport & Trading veröffentlichten Ergebnisse. Vor dem Hintergrund der politischen und finanziellen Instabilität, die in dieser Woche aus Russland gemeldet wurde, bekräftigte BP sein langfristiges Engagement in dem Land und bemühte sich, die Anleger zu beruhigen.

Japan: Nach Bekanntwerden solider Unternehmenszahlen stieg der japanische Aktienmarkt in der ersten Wochenhälfte. Gegen Ende der Woche fielen die Kurse jedoch auf Grund von Gewinnmitnahmen.

Japans größtes Wertpapierhaus Nomura Holdings meldete für das zweite Quartal eine Verdreifachung seines Gewinns dank der kräftigen Marktrally.

Der weltgrößte Kopiergerätehersteller Canon verzeichnete in den drei Monaten bis Ende September einen Gewinnanstieg um 27 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Die größten Beiträge dazu leisteten die Sparten Farbdrucker und Digitalkameras. Matsushita Electric, der größte Unterhaltungselektronikhersteller der Welt, meldete für das zweite Quartal seines Geschäftsjahrs einen Gewinnsprung um 45 Prozent im Vorjahresvergleich. Das Unternehmen profitierte von einer starken Nachfrage nach TV-Geräten mit Flachbildschirm und DVD-Spielern der Marke Panasonic. Unterdessen gab der zweitgrößte japanische Autobauer Honda für das zweite Quartal seines Geschäftsjahrs einen Gewinnanstieg um 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr bekannt. Wesentlichen Anteil daran hatte die starke Nachfrage nach den Geländefahrzeugen der Modellreihen CR-V und Pilot in den USA.

Es gab aber auch unerfreuliche Nachrichten. Der zweitgrößte Mobilfunkkonzern der Welt NTT DoCoMo meldete für die zweite Hälfte seines Geschäftsjahrs einen Rückgang des operativen Gewinns um 7,8 Prozent. Das Unternehmen hatte in dem Zeitraum große Summen in eine umfangreiche Werbekampagne für seine Internetangebote investiert.

Südostasien: Taiwan Semiconductor (TSMC), der weltweit größte Hersteller von Computerchips im Auftragsverfahren, meldete für das dritte Quartal ein Rekordergebnis und einen überraschend deutlichen Anstieg des Reingewinns. TSMCs wichtigster Rivale United Microelectronics gab unterdessen bekannt, sein Reingewinn habe sich im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Beide Unternehmen profitierten von einer erhöhten Nachfrage nach Chips für Kommunikationsgeräte.

In Hongkong kletterte die Aktie des größten chinesischen Petrochemie-Unternehmens Sinopec auf ein Rekordhoch, nachdem das Ergebnis im dritten Quartal deutlich über den Erwartungen gelegen hatte. Sinopec gab auch einen optimistischen Ausblick auf die weitere Ertragsentwicklung.

Im Gegensatz dazu meldete in Australien BHP Billiton, der größte Bergbaukonzern der Welt, für das erste Quartal seines Geschäftsjahrs einen Gewinnrückgang. Als Grund wurde der Effekt des starken australischen Dollars auf die repatriierten Erträge des Unternehmens genannt.

Hongkongs Exporte stiegen im September um 6,4 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat. Es handelte sich um das niedrigste Wachstum seit 13 Monaten. Die Regierung der Sonderwirtschaftszone beeilte sich jedoch, die Abschwächung auf einen besonders starken Anstieg der Lieferungen im September 2002 zurückzuführen. Dadurch sei der Vergleichswert sehr hoch, und im Übrigen seien die Aussichten für die Exporte weiterhin äußerst ermutigend.

Lateinamerika: In Kolumbien boten die Mitglieder des Kabinetts ihren Rücktritt an, um es Präsident Uribe leichter zu machen, nach dem Scheitern seines Referendums über Ausgabenkürzungen eine neue Regierung zu bilden. Nach den Worten Uribes strebt Kolumbien ein Abkommen mit seinen Gläubigern an, das die Schuldenlast verringern soll. Zugleich will das Land seinen Sparkurs fortsetzen und durch Steuererhöhungen mehr Geld in die öffentlichen Kassen bekommen. Der Präsident erklärte weiter, Erleichterungen bei den Kreditkonditionen seien erforderlich, damit "wir den Schuldendienst bewältigen, aber auch unsere unbestreitbaren Verpflichtungen gegenüber den Armen erfüllen können."

Die Firma Rexam, die zwei Fünftel aller Coca-Cola-Dosen herstellt, will das brasilianische Unternehmen Latasa für 462 Mio. $ übernehmen. Rexam gewinnt dadurch eine beherrschende Stellung auf dem weltweit drittgrößten Markt für Dosengetränke und wird zudem mit einem Anteil von fast 25 Prozent Weltmarktführer bei Getränkedosen.

AUSBLICK:

Nach den positiven Konjunkturdaten, die in letzter Zeit aus den USA gemeldet wurden, dürften die Marktteilnehmer auf weitere Anzeichen für einen dauerhaften Aufschwung warten.

Quelle: Fidelity

Die US-Investmentgesellschaft Fidelity wurde 1946 gegründet und ist mit einem verwalteten Vermögen von rund 1.000 Mrd. US-Dollar das größte unabhängige Fondsmanagement-Unternehmen der Welt. Es beschäftigt insgesamt 31.595 Mitarbeiter und stellt privaten und institutionellen Anlegern Investmentprodukte und -dienstleistungen zur Verfügung.

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