Kommentar
14:25 Uhr, 21.05.2003

Fidelity - Die Märkte nach dem Irak-Krieg

Nach dem Ende des Konflikts im Irak haben die Analysten ihre Aufmerksamkeit jetzt auf die Wirtschaftsaussichten, die Stärke der Erholung des Wirtschaftswachstums im Anschluss an den Krieg sowie auf Unternehmensdaten gerichtet.
Bezogen auf die ökonomischen Auswirkungen des Krieges scheint deutlich zu werden, dass nach anfänglichen Schwierigkeiten die Auseinandersetzungen kürzer waren als von einigen Beobachtern befürchtet. Die Ölförderungsanlagen sind großenteils funktionsfähig, was dazu geführt hat, dass der Ölpreis gesunken ist. Dies wiederum könnte dem Konsum in den kommenden Monaten besonders in den USA als Netto-Importeur von Energie Auftrieb geben.

Der Irak-Krieg hat die wirtschaftliche Abschwächung verschlimmert. Allerdings deuten die langfristigen BIP-Wachstumsprognosen darauf hin, dass sich das Wachstum in den USA erholen dürfte. Die Aussichten für das BIP in Euroland sind unterschiedlich. In größeren Ländern wie Deutschland, Frankreich und Italien sind die Erwartungen eher gedämpft, wohingegen sie in einigen der kleineren Märkte in Euroland etwas besser erscheinen. Die langfristigen Aussichten für Großbritannien sind stabil, geben allerdings keine Hinweise darauf, ob der Euro in den kommenden Jahren als nationale Währung eingeführt wird. Die Wachstumserwartungen der japanischen Wirtschaft sind ebenfalls schwach. Die schwachen Wachstumsaussichten der letzten zehn Jahre scheinen sich fortzusetzen.

Die meisten Aktienmärkte haben sich bereits von ihren Tiefständen vor Ausbruch des Krieges erholt, wobei die Märkte in Europa die bisher deutlichste Erholung verzeichneten und der japanische Markt auch weiterhin eher schwach bleibt.

Die Hauptfrage, die sich vielen Anlegern derzeit stellt, betrifft die Marktaussichten nach dem Irak-Krieg und die Frage, ob sich der aktuelle Aufschwung fortsetzen wird. Um diese Fragen zu beantworten wenden sich zahlreiche Marktbeobachter folgenden Themen zu: Geopolitische Risiken, die Weltwirtschaft und für die Aktienmärkte noch wichtiger, die Aussichten für das Wachstum der Unternehmensgewinne.

Eine Reihe weltpolitischer Erwägungen bleibt auch nach dem Irak-Konflikt. Dazu gehört die Fähigkeit einer von den USA geführten irakischen Regierung das Land zu stabilisieren, andere regionale Sorgen über Nordkorea, den Fahrplan zum Frieden, den anhaltenden Terrorismus und die Auswirkungen der Lungenkrankheit SARS auf die Wirtschaft.

Im ersten Quartal 2003 haben sich die Unternehmensgewinne in den USA verbessert: Ungefähr 63% der im S&P 500 Index geführten Unternehmen wiesen Gewinne aus, die über den Prognosen lagen. Im Gegensatz dazu waren die Gewinne in Europa im ersten Quartal schwach. Viele europäische Konzerne litten unter sinkenden Absatzzahlen. Die Gewinne wurden durch gleich bleibende Kosten und steigende Defizite bei den Altersrenten aufgezehrt.

Fidelity versucht nicht, die wirtschaftliche Entwicklung bzw. die Entwicklung der Märkte vorherzusagen. Wir sehen uns die Unternehmensdaten an und spüren solche Unternehmen mit den besten langfristigen Aussichten auf. Es scheint so, dass sich die Unternehmensdaten im Jahresvergleich verbessert haben, obwohl den Unternehmen aufgrund weltpolitischer Risiken und eines nominal niedrigen Wachstumsumfeldes noch immer der Wind ins Gesicht bläst.

Branchenauswahl

Spekulieren ist einfach. Schwieriger ist, mit voller Überzeugung rechtzeitig in eine bestimmte Branche zu wechseln. In Europa war es in diesem Jahr beispielsweise schwer, ein bestimmtes Muster bezogen auf Branchen zu erkennen. In diesem Umfeld ist ein langfristiger diversifizierter Ansatz die Hauptstrategie für langfristig orientierte Anleger. Fidelitys Fondsmanager sehen sich die einzelnen Unternehmen an. Die Branchenallokation versteht sich daher als Ergebnis der Einzeltitelauswahl.

Einzeltitelauswahl

Da die Lage im Irak geringere Auswirkungen auf das Anlegervertrauen hat, wächst wieder die Bedeutung der Fundamentaldaten (der Wirtschaft und bei Unternehmen/Aktien).

Fondsmanager verwenden andere Kriterien bei der Einzeltitelauswahl. Zu den allgemeinen Themen, die sich aus der aktuellen Marktsituation ergeben, gehören Unternehmen mit starkem Wachstum, d.h. das Aufspüren von Unternehmen, die sich auch in einem Umfeld mit niedrigem Wachstum weiterhin poitiv entwickeln und Unternehmen, die eine hohe Dividende oder eine freie Cash-Flow-Rendite bieten. Weitere allgemeine Themen sind Unternehmen mit stabiler Bilanz und Unternehmen, die überzeugende und wirksame Maßnahmen zur Umstrukturierung eingeleitet haben.

Bewertungen, wie das Preis/Cash-Flow-Verhältnis (oder Free Cash-Flow, der Zinsen, Steuern, Investitionsvolumen und Änderungen beim Betriebsvermögen ausschließt) oder das Preis/Rendite-Verhältnis sehen bei vielen Unternehmen günstiger aus als vor einem Jahr. Allerdings ist es wichtig, die besten Anlagechancen aufzuspüren.

Beobachter der Märkte für Staatsanleihen achten darauf, in welchem Maß sich Einzelhandelsumsätze und das Verbrauchervertrauen entwickeln. Sie interessieren sich ebenfalls dafür, in welche Richtung sich die Zinsen entwickeln angesichts des relativ schnellen Endes der Kampfhandlungen im Irak und der daraus resultierenden Wachstumsrate der Weltwirtschaft. Als völlige Umkehrung der Situation in den 1990er Jahren, als die Regierung vom starken Wirtschaftswachstum und der Friedens-Dividende profitierte, d.h. von den Vorteilen durch den Frieden im Anschluss an den Kalten Krieg, und als das Ausmaß der Staatsverschuldung überwiegend niedriger war, erfahren die Rentenmärkte derzeit eine Abnahme der Unternehmensverschuldung, da sich die Unternehmen auf eine Verbesserung ihrer Bilanzen konzentrieren. Die Spreads bei den Unternehmen haben sich im Wesentlichen verringert, da Anleger, die nach höheren Renditen als bei Staatsanleihen suchen, zu höher wertigen Unternehmensanleihen gewechselt sind. Bezogen auf den Gesamtertrag ist letzterer sicherlich ein Kennzeichen, das wir in den vergangenen Monaten beobachtet haben. Denn auf Euro-Basis berechnet holen Unternehmensanleihen derzeit gegenüber Staatsanleihen auf.

Staatsanleihen

Ein sinkendes Wirtschaftswachstum und ein nachlassender verbrauchsgesteuerter Inflationsdruck könnten zusätzlichen Spielraum bieten für eine monetäre Abschwächung. Dies könnte positive Auswirkungen für Gilts (Staatsanleihen Großbritanniens) mit kürzerer Laufzeit haben. Allerdings könnte eine weitere Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfeldes, verbunden mit einem Engagement der Regierung bei den langfristigen Staatsausgaben zu weiteren Emissionen von Gilts führen und Gilts mit längerer Laufzeit schaden. Ebenfalls als ungünstig für Gilts könnten sich steigende Aktienmärkte auswirken.

Unternehmensanleihen

Die Einsparungen der Unternehmen und ihre Fähigkeit, ihre Schulden zu verringern, könnte sich als einer der Hauptfaktoren herausstellen, die die Märkte für Unternehmensanleihen beeinflussen. Eine starke Nachfrage der Anleger - vor allem bei institutionellen Anlegern - könnte sich als Unterstützung erweisen. Dies gilt insbesondere für niedriger bewertete Branchen. Allerdings dürfte das vom jeweiligen Emittenten ausgehende "Credit Risk" für Anleger im Bereich Unternehmensanleihen von größter Bedeutung bleiben.

Hochverzinsliche Anleihen

Die hohen Renditen der letzten Zeit entstanden durch eine relativ geringe Anzahl von Emittenten, die einen relativ großen Teil der Marktkapitalisierung ausmachen. Eine breite und nachhaltige Erholung könnte erheblich von den Einsparungen der Unternehmen abhängen. Anleger sollten der Entwicklung der einzelnen Emittenten hochverzinslicher Anleihen ebensoviel Aufmerksamkeit schenken, wie sie es beim Markt insgesamt gewohnt sind.

Quelle: Fidelity

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