Fed signalisiert anhaltende Niedrigzinspolitik
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1. Die gestern erschienenen Sitzungsprotokolle (Minutes) des Offenmarktausschusses (FOMC) der US-Notenbank vom 28. Oktober 2003 deuten an, dass die Fed für sehr lange Zeit ihre Niedrigzinspolitik beibehalten wird. Zwar prognostiziert das FOMC, dass die Realwirtschaft im nächsten Jahr knapp über Potenzial wachse. Dies würde aber nicht reichen, um den Arbeitsmarkt signifikant vor Ende 2005, wenn nicht sogar erst später, zu verbessern. Grund hierfür ist, dass das Produktivitätswachstum sich möglicherweise stärker entwickelt als bislang erwartet. Dementsprechend wird auch der Inflationsdruck niedrig bleiben. Eine moderate Disinflation sei möglich. Die Deflationsängste nehmen im FOMC aber im Zuge des Aufschwungs immer mehr ab. Wir erwarten eine Jahresdurchschnittsinflationsrate von 1,7 % für 2004 und von 2,0 % für 2005. Vor diesem Hintergrund werde auch die Geldpolitik anders agieren als in vergangenen Aufschwungsperioden. Sie habe mehr Zeit, bis sie die Zinsen erhöhen müsse. Das FOMC äußerte im Oktober die Ansicht, dass die Risikoeinschätzung im Statement zum Zinsentscheid bei zunehmender Aufschwungsdynamik geändert werden müsse.
2. Am Dienstag hat die Fed die Zinsen wiederum bei 1,00 % belassen:
"The Federal Open Market Committee decided today to keep its target for the federal funds rate at 1 percent. The Committee continues to believe that an accommodative stance of monetary policy, coupled with robust underlying growth in productivity, is providing important ongoing support to economic activity. The evidence accumulated over the intermeeting period confirms that output is expanding briskly, and the labor market appears to be improving modestly. Increases in core consumer prices are muted and expected to remain low. The Committee perceives that the upside and downside risks to the attainment of sustainable growth for the next few quarters are roughly equal. The probability of an unwelcome fall in inflation has diminished in recent months and now appears almost equal to that of a rise in inflation. However, with inflation quite low and resource use slack, the Committee believes that policy accommodation can be maintained for a considerable period."
3. Das Statement vom 10.12. zeigte im Gegensatz zum Statement vom 28. Oktober erhebliche, wenngleich subtile Veränderungen auf: Das FOMC erkennt an, dass die Konjunkturentwicklung erfreulich positiv verläuft und sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt moderat verbessert. Die für die Notenbank entscheidende Kerninflationsrate wird auch in nächster Zeit niedrig bleiben. Das FOMC macht sich zusehends weniger Sorgen um einen zu starken Fall der Inflationsrate und hat daher die Risikoeinschätzung dahingehend geändert, dass sie die Risiken zwischen einer Disinflation und einer Beschleunigung der Inflation fast schon wieder als ausgeglichen ansieht. Da die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten auf absehbare Zeit noch stark durch Unterauslastung gekennzeichnet sein werden, wird die Notenbank ihre Niedrigzinspolitik "for a considerable period" weiter verfolgen. Das Statement ist damit das optimistischste seit Monaten.
4. Im Gegensatz zum Oktobermeeting hat die Fed aber die Worte "for a considerable period" nun mit einer Bedingung versehen: die Niedrigzinspolitik wird solange anhalten, wie die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten unterausgelastet sind und die Inflation niedrig bleibt. Von Analysten war erwartet worden, dass dieser Satzteil angesichts der starken Konjunkturdaten der letzten Wochen aus dem Statement gestrichen werde. Die Fed hatte aber schon seit Monaten signalisiert, dass ein starkes Outputwachstum angesichts hoher Überkapazitäten auf den Gütermärkten und hoher Arbeitslosigkeit nicht zu einer sich beschleunigenden Inflation führen werde. Hinzu kommt, dass adverse Schocks immer noch zu einer Verlangsamung der Aufschwungsdynamik führen können, was angesichts des starken Potenzialwachstums und der ohnehin schon niedrigen Inflationsraten nicht wünschenswert wäre. Die Fed hatte sich daher entschieden, auf "Nummer Sicher" zu gehen, und die Zinsen länger als "normal" niedrig zu halten, um eine weitere Disinflation zu verhindern. Indem die Fed die Risiken zwischen Disinflation und Inflation fast schon wieder als ausgeglichen ansieht, signalisiert sie, dass sie ihr Augenmerk wieder verstärkt auf die Inflationserwartungen legt.
5. Der Fahrplan der Fed sollte daher wie folgt sein: Die Fed sollte am 28. Januar 2004 entweder die Worte "for a considerable period" aus dem Wording aus dem Statement zum Zinsentscheid streichen oder weiter subtil die Märkte auf die Zinswende vorbereiten. Alan Greenspan hat dann im Februar bei seiner Anhörung vor dem Kongress die Möglichkeit, das Weltbild der Fed für 2004/2005 zu zeichnen. Dann sollte für die Märkte endgültig klar sein, wohin die Reise geht. Da sich die Fed durch die Worte "for a considerable period" selbstverpflichtet hat, die Zinsen nachhaltig niedrig zu halten, muss sie - um glaubwürdig zu bleiben - noch eine ganze Weile bei ihrer 1 %-Zinspolitik bleiben. Eine Zinserhöhung ist daher frühestens im Mai zu erwarten. Ein Problem für die Fed ist, dass am 2. November 2004 Wahlen zur Präsidentschaft anstehen. Eine unabhängige Notenbank hat natürlich wenig Lust durch ihre Zinspolitik den Wahlkampf zu beeinflussen. Man könnte daher argumentieren, dass die Fed bis zum 10. November 2004 mit Zinserhöhungen warten wird, da am 2. November die Wahlen stattfinden, oder Zinserhöhungen im Zeitraum zwischen Mai und August vornehmen wird, um nicht in die Endphase des Wahlkampfes im September mit Zinserhöhungen zu platzen. Letztendlich sind dies alles Spekulationen. Greenspan hat sich Anfang der 90er Jahre nicht gescheut, durch Zinserhöhungen George Bush senior die Wahl zu verhageln. Auf Grundlage unseres Konjunktur- und Inflationsszenarios erwarten wir die erste Zinserhöhung im September 2004. Der Zinsschritt sollte aufgrund der langen Verzögerungseffekte der Geldpolitik keine ökonomischen Wirkungen mehr auf die Wahl haben. Das Risiko für unsere Zinsprognose liegt angesichts der Inflationseinschätzung der Fed in den heutigen Sitzungsprotokollen bei einer Zinserhöhung zu einem späteren Zeitpunkt.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 122 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.
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