Fallen Angels: Sony
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Der japanische Elektronikkonzern Sony schreibt seit Jahren rote Zahlen. Vor allem die schwache Nachfrage im Fernsehgeschäft, Probleme beim ehemaligen Handy-Joint-Venture mit Ericsson, der starke Yen und die Konkurrenz durch Samsung und Apple machen Sony das Leben schwer. Mit einem umfangreichen Sparprogramm und einer Fokussierung auf Smartphones, Digitalkameras und Videospiele soll jetzt die Wende gelingen. Nach einem schwachen ersten Quartal musste das ehemalige japanische Vorzeigeunternehmen allerdings die Prognose für das laufende Geschäftsjahr senken. Trotzdem rechnet der Konzern weiter mit einer Rückkehr in die Gewinnzone.
Lange Zeit war Sony ein Vorreiter der Technologiebranche, der Innovationen wie den Walkman hervorbrachte und zusammen mit Philips das CD-Format entwickelte. Sony begann seine Geschäftstätigkeit, zunächst noch unter einem anderen Firmennamen, am 7. Mai 1946 im fast vollständig vom zweiten Weltkrieg zerstörten Tokio. Das von Akio Morita und Masaru Ibuka gegründete Unternehmen handelte zu Beginn mit Elektronikprodukten und stellte Reiskocher her. Der weltweite Durchbruch gelang mit der Produktion von Transistorradios. Sony-Mitgründer Ibuka hatte die Lizenz für Transistoren bei einer USA-Reise von Bell Laboratories erworben. Sony stellte die ersten kommerziell erfolgreichen Transistorradios überhaupt her und wurde so zu einem Inbegriff für Innovation. In den 1960er, 70er und 80er Jahren war Sony eine wichtige Stütze der japanischen Exportindustrie. Die hohe Produktqualität sorgte auch für große Verkaufserfolge in Europa und den USA, wo Sony seit 1960 mit einem eigenen Tochterunternehmen vertreten war. Im Laufe der Jahrzehnte expandierte Sony in viele Bereiche außerhalb des Elektronikgeschäfts. So stieg der Konzern auch in das Lebensversicherungsgeschäft ein und wurde durch den Kauf vonCBS Records und Columbia Pictures zu einem wichtigen Player im Schallplatten- und Filmgeschäft. Seit Mitte der 1990er Jahre ist Sony mit den Konsolen der PlayStation-Reihe auch auf dem Videospiele-Markt vertreten. Im Elektronikbereich brachte Sony zeitweise täglich mehr als ein neues Gerät auf den Markt. Die starke Expansion erwies sich aber als unprofitabel und brachte durch den inflationären Gebrauch auch den Wert des Markennamens Sony in Gefahr. Im Jahr 2005 übernahm der britisch-amerikanische Medienexperte Howard Stringer das Ruder bei Sony. Es war das erste Mal, dass ein Ausländer im Chefsessel einer großen japanischen Elektronikfirma Platz nahm. Stringer setzte Sparmaßnahmen durch, reformierte die Mediensparte, strich Arbeitsplätze und wollte Sony wieder stärker auf den Elektronikbereich ausrichten. Die Versuche blieben letztlich erfolglos. Im zurückliegenden Geschäftsjahr (bis März 2012) fuhr Sony mit einem Fehlbetrag von 456,7 Milliarden Yen (rund 4,6 Milliarden Euro) den höchsten Verlust der Firmengeschichte ein, nachdem im Jahr zuvor ein Minus von 259,6 Milliarden Yen verbucht worden war. Am 1. April 2012 wurde Stringer von Kazuo Hirai als CEO und President abgelöst.
Probleme in vielen Bereichen
In den vergangenen Jahren hatte Sony mit Baustellen in vielen Bereichen zu kämpfen. Im Fernsehgeschäft schreibt Sony bereits seit acht Jahren Verluste. Hier belasten insbesondere die zuletzt geringe Nachfrage und sinkende Ergebnismargen durch die zunehmende Billigkonkurrenz aus Asien. Im Handybereich spielte das ehemalige Joint-Venture Sony Ericsson zuletzt kaum noch eine Rolle, weil der Anschluss an Smartphonehersteller wie Apple oder HTC verpasst wurde. Allgemein leidet das Unternehmen auch unter den hohen Produktionskosten in Japan, was nicht zuletzt auf den starken Yen zurückzuführen ist. Zugleich macht Sony die geringe Nachfrage auf dem Heimatmarkt, in Europa und den USA zu schaffen.
Die ganze Misere Sonys lässt sich anhand eines Vergleich mit dem südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung zeigen. Während Samsung den Umsatz seit 2007 mehr als versechsfachen konnte und damit zum weltweit größten Elektronikkonzern aufstieg, sanken bei Sony die Umsätze um mehr als 20 Prozent. Die Marktkapitalisierung von Sony ist mit knapp 10 Milliarden Euro nur noch rund ein Zehntel so hoch wie die des koreanischen Konkurrenten.
Chronisch rote Zahlen
Im ersten Quartal (bis Juni 2012) des bis März 2013 laufenden Geschäftsjahres schrieb Sony weiter rote Zahlen. Unter dem Strich vergrößerte sich der Nettoverlust von 15,5 auf 24,6 Milliarden Yen (256 Millionen Euro). Der operative Gewinn brach im Vergleich zum Vorjahresquartal von 27,5 auf 6,3 Milliarden Yen (65 Millionen Euro) ein, was auch mit höheren Restrukturierungskosten zusammenhing. Der Umsatz erhöhte sich um 1,4 Prozent auf 1,515 Billionen Yen (15,8 Milliarden Euro). Dies war vor allem auf die vollständige Integration des ehemaligen Joint-Ventures mit Ericsson zurückzuführen.
Wegen der schwachen Zahlen kappte Sony die Prognose für das laufende Geschäftsjahr und rechnet nun nur noch mit einem Nettogewinn von 20 Milliarden Yen (rund 208 Millionen Euro), nachdem im Mai noch 30 Milliarden Yen (310 Millionen Euro) angekündigt wurden. Die Prognose für den operativen Gewinn wurde von 180 Milliarden Yen auf 130 Milliarden Yen (1,34 Milliarden Euro) gesenkt. Die Umsatzprognose reduzierte Sony von 7,4 auf 6,8 Billionen Yen (70 Milliarden Euro).
In zahlreichen Sparten musste Sony auch die ebenfalls erst im Mai veröffentlichten Absatzprognosen senken. So wurde die Verkaufsprognose für Fernseher von 17,5 Millionen auf 15,5 Millionen Stück heruntergeschraubt. Bei den Fotokameras sollen noch 18 Millionen Geräte verkauft werden, nachdem im Mai noch 21 Millionen in Aussicht gestellt worden waren. Ein kleiner Lichtblick ist hingegen das Smartphone-Geschäft. Hier wurde die Verkaufsprognose leicht von 33,3 auf 34 Millionen Geräte angehoben. Der Ausblick für die PlayStation-Konsolen wurde mit 16 Millionen Geräten bestätigt. Bei den Handheld-Geräten PSP und PS Vita rechnet Sony allerdings nur noch mit 12 Millionen Geräten (bisher: 16 Millionen). Verantwortlich für die Schwäche der tragbaren Videospielgeräte ist die zunehmende Konkurrenz durch Smartphones.
Zurück zu alter Stärke
Ende Juni stellte der neue Konzernchef Kazuo Hirai Einzelheiten eines Restrukturierungsplans vor, mit dem Sony wieder zur alten Stärke zurückkehren soll. Geplant ist vor allem eine Fokussierung auf mobile Geräte (v.a. Smartphones), die digitale Bildverarbeitung (Digitalkameras) und Videospiele. In diesen Bereichen sieht Sony in den kommenden Jahren die größten Wachstumschancen. Auch der Einstieg in neue Geschäftsfelder wie die Medizintechnik ist geplant. Weltweit sollen außerdem rund 10.000 Stellen gestrichen werden, womit mehr als ein Zwanzigstel der Gesamtbelegschaft das Unternehmen verlassen soll.
An der chronisch verlustschreibenden Fernsehsparte will Sony-Chef Hirai festhalten, aber einen strikten Sparkurs durchsetzen und so die Kosten deutlich senken. Displays mit OLED-Technik und größere Bildschirme will Sony gemeinsam mit dem Rivalen Panasonic entwickeln, um so die Kosten unter Kontrolle zu halten und zum Wettbewerber Samsung aufzuschließen, der bereits im Januar marktreife Bildschirme aus organischen Leuchtdioden präsentierte. Sony stieg außerdem aus der LCD-Produktion mit Sharp aus und will LCD-Displays extern zukaufen. Sony kopiert damit die Strategie erfolgreicher Unternehmen wie Apple, die ihre Produkte nicht mehr selbst herstellen, sondern von Auftragsfertigern wie Foxconn Technology vor allem in China billig produzieren lassen und so extrem hohe Gewinnmargen einfahren. Neuen Schub könnte Sony auch die Integration von Google TV in seine Geräte bringen. Die Software-Plattform soll auf Set-Top-Boxen und Fernsehgeräten künftig einen besseren Zugang zum World Wide Web ermöglichen. Der Internet-Player NSZ-GS7 ist seit Juli in Großbritannien auf dem Markt. In Deutschland und den USA soll das Gerät ab September zu kaufen sein.
Anfang des Jahres übernahm Sony auch das ehemalige Handy-Gemeinschaftsunternehmen Sony Ericsson vollständig. Das Joint Venture mit dem schwedischen Netzwerkausrüster Ericsson war 2001 gegründet worden. Beide Unternehmen hielten 50 Prozent der Anteile. Sony erwarb den Ericsson-Anteil für 1,05 Milliarden Euro. Den Handy-Bereich will Sony nun in die Unterhaltungselektronik-Sparte eingliedern und so für eine bessere Integration mit den übrigen internetfähigen Sony-Geräten sorgen. Vorbild ist dabei einmal mehr Apple. Der amerikanische Konzern legt viel Wert auf ein einheitliches Produktdesign, einen hohen Wiedererkennungswert der Geräte und produktübergreifende Software-Lösungen wie iTunes. Diesen Weg will nun auch Sony gehen. Vaio-Laptops, Tablet-Computer, die Playstation und Bravia-Fernsehgeräte sollen bei Sony künftig ein einheitliches digitales Erlebnis bieten.
Chance für Anleger
Trotz der vielfältigen Probleme in den vergangenen Jahren bietet Sony große Chancen für Anleger. Der Markenname hat in den vergangenen Jahren zwar viel von seinem Glanz verloren. Trotzdem steht Sony noch immer für innovative Produkte mit einem vergleichsweise hohen Qualitätsstandard. Der Konzern ist mit seinen Aktivitäten im Medien- und Finanzbereich breit aufgestellt und damit weniger stark abhängig vom Konsumelektronikbereich als viele Konkurrenten.
Im Elektronikbereich könnten die angekündigten Sparmaßnahmen Sony wieder auf die Erfolgsspur verhelfen. Vor allem die von Apple geprägte Strategie, wichtige Produkte nicht mehr selbst herzustellen, sondern von Auftragsfertigern produzieren zu lassen, könnte Sony zu deutlichen Kostensenkungen verhelfen. Denn die hohen Produktionskosten in Japan sind ein Hauptgrund für die Misserfolge in den vergangenen Jahren. Apple und Samsung setzten stärker als Sony auf die Produktion in China und hatten damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Der Neustart im Handybereich könnte Sony außerdem wieder zu einem ernstzunehmenden Wettbewerber im Smartphone-Bereich werden lassen.
Da für die kommenden Quartale nur ein magerer Gewinn erwartet wird, ist das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis für das Kalenderjahr 2012 mit aktuell 54 noch sehr hoch. Bereits 2013 soll der Gewinn aber wieder deutlich anziehen, so dass sich für das kommende Jahr ein von den Analysten geschätztes Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 ergibt. Für risikobewusste Anleger könnte bereits jetzt eine Einstiegschance gegeben sein.
Name: Sony Corporation
ISIN: JP3435000009
Aktienanzahl: 1,004 Mrd.
Kurs: 9,68 Euro
Marktkapitalisierung: 9,46 Mrd Euro
Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten derzeit nicht investiert.
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