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14:24 Uhr, 05.08.2025

EZB-Studie: China litte unter Lieferstopp stärker als der Westen

Von Hans Bentzien

DOW JONES--Der wirtschaftliche Schaden, den China durch einen Handelskonflikt mit dem Westen erleiden würde, wäre wahrscheinlich größer als der entsprechende Schaden für den Westen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Mitarbeitern der Europäischen Zentralbank (EZB), die die EZB jetzt veröffentlicht hat. Demnach haben die Kosten eines plötzlichen Stopps der Lieferung kritischer Güter durch China (das einen östlichen Staatenblock vertritt) für die USA und den Euroraum in den vergangenen drei Jahrzehnten zugenommen. Sie sind aber immer noch niedriger als die seither gesunkenen Kosten Chinas im Falle einer Abschneidung von westlichen Lieferungen.

"Zwar ist China nach wie vor anfälliger für westliche Lieferunterbrechungen bei kritischen Gütern, sein Streben nach Eigenständigkeit hat seine Anfälligkeit in den vergangenen 30 Jahren aber verringert", heißt es in dem Bericht. Die Verluste der chinesischen Endnachfrage durch einen plötzlichen Lieferstopp von im Westen produzierten kritischen Gütern seien Schätzungen zufolge von 2,1 Prozent 1995 auf 1,4 Prozent 2023 zurückgegangen.

Beim Euroraum und den USA ist es demnach umgekehrt: Seit 1995 haben sich die potenziellen Verluste der Endnachfrage von 0,04 Prozent auf 0,41 Prozent beziehungsweise von 0,08 Prozent auf 0,32 Prozent erhöht, doch wäre der Schaden damit nicht mal halb so groß wie der Chinas.

Die EZB-Autoren weisen darauf hin, dass sich China in den vergangenen Jahrzehnten eine zentrale Rolle im Handel mit kritischen Rohstoffen wie Kobalt, Magnesium und Lithium gesichert hat.

1. Kobalt

Das meiste Kobalt wird in der Demokratischen Republik Kongo gefördert. China selbst produziert wenig, hat sich jedoch eine zentrale Stellung im Handel mit Kobalt gesichert. Im Jahr 2000 gingen 75 (1995: 10) Prozent der kongolesischen Kobaltausfuhren nach China.

2. Magnesium

China steht für 75 (1995: 30) Prozent der weltweiten Exporte unverarbeiteten Magnesiums. Auch seine Stellung im weltweiten Netzwerk ist zentraler als die der USA oder des Euroraums.

3. Lithium

In den 2020er Jahren entfielen 75 Prozent der Lithium-Exporte auf China, während sein Anteil in den 1990ern nur marginal war. Die hohe Exportkonzentration wurde durch den starken Ausbau von Förderung und Anreicherung ermöglicht, wodurch teilweise andere Produzenten verdrängt wurden. Seine Stellung im Netzwerk ist inzwischen stärker als die der USA.

Die Forscher nehmen jedoch an, dass die makroökonomischen Kosten einer vollständigen Entkopplung der geopolitischen Blocks bei bis zu 12 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung lägen und damit höher als die Kosten einer anhaltenden Abhängigkeit von chinesischen Lieferungen wären. Politiker wären daher ihrer Ansicht nach gut beraten, bestimmte Abhängigkeiten gezielt zu verringern, aber die Vorteile einer globalen Integration nicht vollständig aufzugeben.

Kontakt: hans.bentzien@dowjones.com

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