EZB-Kompass auf Jahreshöchststand
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1. Wirtschaftliche Analyse: Der Score der wirtschaftlichen Analyse lag im Mai mit 54,1 Punkten deutlich höher als im April mit 49,8. Während die Daten für den realwirtschaftlichen Bereich kein neues Bild zeichnen, haben die Inflationsdaten klar auf der oberen Seite der bisherigen Prognosen gelegen. Der starke Rohstoffpreisanstieg und der schwächer als erwartet notierende Euro führen dazu, dass die Importpreise im Vergleich zum Vorjahr nicht mehr unter Null liegen, sondern einen Anstieg aufweisen. D.h. sie tragen nun wieder zum gesamten Verbraucherpreisanstieg bei.
2. Monetäre Analyse: Der Score der monetären Analyse ging erneut zurück. Er liegt nun bei 68,8 Punkten und bestätigt den erwarteten Verlauf zurückgehender M3-Wachstumsraten und eine nur moderate Erhöhung der Wachstumsrate der Kreditvergabe.
3. Prognose des Kompass und der Geldpolitik: Die Scores beider Analysebereiche liegen über dem neutralen Wert von 50 Punkten. Anders als in den Vormonaten sind die Signale der beiden Säulen nun gleichgerichtet. Für sich genommen überwiegen damit die Argumente für Zinserhöhungen. Die Signale der einzelnen Zeitreihen innerhalb der monetären Analyse bleiben allerdings inkonsistent, da das Kreditwachstum unterhalb und das M3-Wachstum oberhalb des neutralen Wertes liegt. Auf Sechsmonatssicht sollten sich die Scores innerhalb der monetären Säule und zwischen der monetären und der wirtschaftlichen Säule weiter leicht annähern. Die Sechsmonatsprognose des EZB-Kompass liefert einen Score, der mit 53,1 Punkten wieder näher am neutralen Wert von 50 Punkten liegt. Unser Prognoseprofil des EZB-Kompass zeigt an, dass die nun erreichten 57 Punkte den voraussichtlichen Jahreshöchstwert darstellen. D.h. die Gründe für Zinserhöhungen dürften sich nicht weiter verstärken. Die bereits am Geldmarkt eingepreisten Zinserhöhungen halten wir folglich für übertrieben und aktuelle Zinsniveaus für attraktiv. Wir gehen weiter von unveränderten Leitzinsen auf 12-Monatsfrist aus.
4. Geldpolitik und Rohstoffpreisanstieg: In einem Umfeld steigender Rohstoffpreise kann die EZB mit Zinssenkungen oder Zinserhöhungen reagieren. Einerseits könnte man argumentieren, dass die EZB bei einer sich erholenden Wirtschaft, einem Geldmengenüberhang und wieder ansteigenden Inflationsraten den Expansionsgrad der Geldpolitik durch graduelle Zinserhöhungen wieder zurücknehmen muss. Andererseits wirken steigende Rohstoffpreise ähnlich einer Steuererhöhung, sodass auch Zinssenkungen denkbar sind. Nachdem der Wechselkurs sich in den letzten Monaten wieder in stabileren Bahnen bewegt, hatte die EZB den privaten Konsum zuletzt als Schlüsselgröße für die Geldpolitik identifiziert. Bei durch steigenden Rohstoffpreise induziertem Kaufkraftentzug ist klar, dass sich der private Konsum schwächer als andernfalls entwickelt. Bei steigenden Rohstoffpreisen ist aber auch klar, dass die Gesamtinflationsraten ansteigen werden. Die EZB wird deshalb voraussichtlich im vierten Jahr in Folge ihre Inflationsnorm verfehlen. Ob die EZB die Leitzinsen trotzdem senken wird, hängt nun von den Inflationserwartungen ab. Diese bestimmen nämlich, ob sich aus den steigenden Rohstoffpreisen über Lohn-Preisspiralen Zweitrundeneffekte ergeben oder nicht. Sie zeigen auch an, ob die Anleger und Bürger das Stabilitätsversprechen der EZB als glaubwürdig erachten oder nicht. Selbstverständlich ist dies nicht und für eine junge Zentralbank schon gar nicht. Tatsächlich zeigen inflationsindexierte Anleihen, dass die eingepreisten Inflationserwartungen bereits stark angestiegen sind.
Hier rächt sich nun, dass sich die Politik in der EU entgegen der klaren Forderungen der EZB nicht dazu durchringen konnten, Preisstabilität als Ziel in die EU-Verfassung mit aufzunehmen. Es rächt sich auch, dass die Finanzpolitik das Vertrauen der Bürger in die EWU durch die Verletzung oder Aussetzung des Stabilität- und Wachstumspakts bereits unterminiert hat. Dies führt zu einer um so größeren Last für die EZB, ihr Stabilitätsversprechen einzuhalten. Die EZB weiß auch, dass eine Folge der gebrochenen finanzpolitischen Stabilitätsversprechen das Angstsparen ist, das insbesondere in Deutschland zur Konsumschwäche führt. Würde nun noch das Vertrauen in die innere Stabilität des Euro - die Preisstabilität - schwinden, könnten eine Kapitalflucht, steigende Risikoprämien und eine neue Investitionsschwäche folgen.
5. Wir erwarten, dass die Inflationserwartungen sich in den nächsten Monaten wieder etwas zurückbilden. Schließlich liegt unsere Prognose für den HVPI im Dezember wieder bei 1,9 % yoy. Die EZB braucht dann vermutlich bis weit in das Jahr 2005 keine Leitzinsänderungen vorzunehmen. Die Realzinsen dürften dann auf dem gegenwärtig mäßigen Niveau bleiben und die Nominalrenditen zunächst etwas zurückgehen. Mittelfristig könnte sich dann bei steigenden Renditen in den USA wieder eine leichte Tendenz zu höheren Renditen in Euroland ergeben, die bei 10-jährigen Bundesanleihen auf Jahresfrist zu Renditen von maximal 4,5 % führen würden. Das derzeitige Niveau von 4,35 % halten wir angesichts der steilen Zinsstrukturkurve aber daher für attraktiv.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 131 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.
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