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10:00 Uhr, 16.05.2024

EZB: Ausblick für Finanzstabilität bleibt fragil

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Die Stabilität des Finanzsystems des Euroraums hat sich nach Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) zwar etwas verbessert, der Ausblick bleibt aber fragil. "Die Bedingungen für die Finanzstabilität im Euroraum haben sich verbessert, weil die Rezessionsrisiken abnehmen, aber die Märkte bleiben möglichen negativen makrofinanziellen und geopolitischen Überraschungen ausgesetzt", heißt es in einer EZB-Mitteilung.

Die EZB verweist auf restriktive Finanzierungsbedingungen, die die Widerstandsfähigkeit anfälliger Haushalte, Unternehmen und Regierungen im Euroraum auf die Probe stellten, während der Abschwung auf dem Immobilienmarkt die Immobilienunternehmen unter Druck setze. "Die Banken des Euroraums waren ein Hort der Widerstandsfähigkeit, aber ihre niedrigen Marktbewertungen deuten auf weitere Herausforderungen hin, insbesondere in Bezug auf die Asset-Qualität, die Refinanzierung und die Erträge", heißt es weiter.

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos erklärte anlässlich der Veröffentlichung des Bericht: "Die geopolitischen Risiken trüben weiterhin den Ausblick für die Finanzstabilität." Es sei jedoch wichtig, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems angesichts der weltweiten wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheit weiter auszubauen.

Die EZB befürchtet vor allem, dass die Stimmung der Anleger, die von der Erwartung einer Lockerung der Geldpolitik gestützt werde, schnell umschlagen könnte. So könnten akute geopolitische Spannungen die Volatilität anheizen und das Potenzial für überzogene Marktreaktionen schaffen, die von Nicht-Banken mit strukturellen Liquiditätsschwächen verstärkt werden könnten. Auch stabilisiere sich die Staatsverschuldung auf Niveaus, die höher als vor der Corona-Pandemie seien.

Ganz allgemein könnten laut dem Bericht die Kosten des Schuldendienstes in allen Wirtschaftssektoren weiter steigen, da fällig werdende Verbindlichkeiten zu den aktuellen, deutlich höheren Zinssätzen neu bewertet würden.

Sorge bereitet der EZB zudem der Abschwung auf den Immobilienmärkten. "Insbesondere das gewerbliche Segment erleidet eine erhebliche Preiskorrektur, und weitere Rückgänge sind nicht auszuschließen", warnt die EZB. Dagegen zeigten die Wohnimmobilienmärkte nach einer bislang geordneten Preiskorrektur erste Anzeichen einer Stabilisierung.

Herausforderungen für die Banken des Euroraums können sich laut EZB aus drei Ursachen ergeben:

Erstens wachse die Besorgnis über die Qualität der Assets, da es Anzeichen für zunehmende Verluste in einigen Kreditportfolios gebe, die empfindlicher auf konjunkturelle Abschwünge reagieren, insbesondere bei Gewerbeimmobilien.

Zweitens dürften die Finanzierungskosten der Banken nach Einschätzung der EZB hoch bleiben, selbst wenn die Leitzinsen zu sinken beginnen.

Drittens könnten die Erträge der Banken gemindert werden, da die operativen Einnahmen aufgrund des gedämpften Kreditwachstums und geringere Erträge aus variabel verzinsten Krediten gedämpft würden.

Die EZB rät den nationalen Aufsichtsbehörden, an den bestehenden zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen für Banken festzuhalten.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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