EZB: 75% der Kreditportfolios passen nicht zu Klimazielen
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Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones) - Die Banken des Euroraums erreichen ihre Ziele für eine stärker an den EU-Klimazielen orientierte Kreditvergabe nach Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht schnell genug. Wie die EZB in einem jetzt veröffentlichten Bericht warnt, steigt dadurch das Risiko, dass die Assets der Banken beim Übergang zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft unnötig stark an Wert verlieren. "Unsere Analyse von 95 Banken, die 75 Prozent der Kredite im Euroraum abdecken, zeigt, dass die Kreditportfolios der Banken derzeit nicht mit den Zielen des Pariser Abkommens übereinstimmen, was bei etwa 90 Prozent dieser Banken zu erhöhten Übergangsrisiken führt", heißt es in dem Bericht.
Das "Übergangsrisiko" für eine Bank besteht vor allem darin, dass Teile ihres Kreditportfolios (zum Beispiel Kredite im Zusammenhang mit der Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen oder der Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren) durch den staatlich erzwungenen Übergang zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft an Wert verlieren.
Die Studie basiert auf Daten von Ende 2022 und erfasst fünfzehn verschiedene Technologien in den sechs wichtigsten "Übergangssektoren", die zusammen für etwa 70 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sind. Die Übergangsrisiken stammten weitgehend aus Engagements bei Unternehmen im Energiesektor, die bei der schrittweisen Abschaffung kohlenstoffintensiver Produktionsprozesse und der Umstellung auf Erneuerbare Energien hinterherhinkten.
Für rund 70 Prozent der untersuchten Banken sieht die EZB ein erhöhtes Risiko, verklagt zu werden, weil sie sich öffentlich verpflichtet haben, zum Erreichen der Ziele der Pariser Vereinbarung beizutragen. "Daher ist es wichtig dass diese Banken mehr mit ihren Vertragspartnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die von ihnen finanzierten Unternehmen sie nicht daran hindern, ihre Netto-Null-Verpflichtung zu erfüllen", mahnt die EZB. Weltweit seien seit 2021 etwa 560 neue Klagen eingereicht worden, und zwar zunehmend auch gegen Unternehmen und Banken.
Als weitere negative Implikation nennt die EZB Reputationsrisiken. Zusätzliche Eigenkapitalanforderungen aufgrund des Klimarisikos von Kreditportfolios erhebt die EZB noch nicht. Sie hat kürzlich angekündigt, Klimarisiken für Banken künftig nicht nur auf der Ebene von Einzelinstituten, sondern auch auf Systemebene zu überwachen. Für die Banken könnte das bedeuten, dass sie künftig zusätzliches Eigenkapital vorhalten und sich bestimmten Obergrenzen bei der Kreditvergabe an besonders klima- oder umweltschädliche Akteure unterwerfen müssen.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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