Kommentar
16:16 Uhr, 16.05.2019

Extreme Geldpolitik: Hört das gar nicht mehr auf?

Kaum gibt es Hoffnung auf Stabilität, funkt irgendetwas dazwischen. Die Folge: auch mehr als 10 Jahre nach der Finanzkrise geht der Ausnahmezustand weiter.

Inzwischen fragt man sich, ob dieser Zustand überhaupt jemals wieder endet. Nachdem es 2017 und 2018 einigermaßen ruhig war und alle Zeichen auf Abwicklung der außerordentlichen Politik standen, sieht es 2019 wieder anders aus. Die EZB hat zwar QE beendet, dafür wird sie im September Banken wieder mit Dutzenden, wenn nicht hunderten Milliarden Euro fluten.

Die US-Notenbank für ihren Teil wird die Bilanznormalisierung bald beenden. Da steckt es schon im Namen: das Ende der Normalisierung. Was kommt nach der Normalisierung? Ewiges Bilanzwachstum. Dafür sorgt das System, welches die Notenbank implementiert hat. Das Bankensystem muss mit Reserven geflutet bleiben. Allein aus diesem Grund muss die Bilanz jedes Jahr um 100 bis 150 Mrd. wachsen.

Andere haben niemals offiziell QE gestartet. Das hat allerdings nicht dazu geführt, dass die Bilanzsummen der Notenbank nicht gewachsen wären. Bestes Beispiel: die Schweizer Nationalbank. Hier erreichten die Devisenreserven im April ein neues Hoch, nachdem es eine Zeit lang nach einer leichten Verringerung aussah (Grafik 1).

In Schweden wurde gleich ein neues QE Programm aufgelegt (Grafik 2). Die dortige Notenbank hatte die Zinsen Ende 2018 angehoben. Sie sind jetzt weniger negativ. Gleichzeitig begann die Bilanznormalisierung. Die Kehrtwende der EZB hat diesen Trend beendet. Ein neues QE Programm musste her.

Das wirkt nicht so, als ob wir der außergewöhnlichen Geldpolitik jemals wieder entkommen könnten. In der Eurozone sind wir davon auch tatsächlich noch ein Stück entfernt. In den USA ist die Normalisierung allerdings nicht nur formal beendet, indem die Notenbank ihre Bilanzverkleinerung nicht mehr vorantreibt.

In der Geschichte gab es bereits zwei Mal eine radikale Bilanzausweitung (Grafik 3). Das erste Mal griff die Notenbank während der Großen Depression ein, das zweite Mal, um den Zweiten Weltkrieg mitzufinanzieren. Es dauerte 10 bis 20 Jahre, um den Überhang wieder abzubauen. Gemessen daran, ist die Notenbank in den letzten Jahren ziemlich schnell vorgegangen.

Die Bilanzsumme wird zwar nicht mehr aktiv reduziert, sie wird zukünftig aber deutlich langsamer als die Wirtschaftsleistung wachsen. So absurd es aus heutiger Sicht erscheinen mag: die Normalisierung der Geldpolitik geht schnell voran.

Ewig werden wir nicht im Ausnahmezustand leben müssen. Man muss aber schon mit einer Zeit von 10 bis 20 Jahren rechnen, bevor man von einer kompletten Abwicklung sprechen kann. Vor Mitte der 20er Jahre wird das also nicht geschehen. Das ist zwar noch einige Jahre entfernt, jedoch alles andere als ungewöhnlich. Vielmehr ist es genauso schnell wie in früheren Zeiten.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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