Kommentar
23:48 Uhr, 25.11.2011

Expedition Rohstoff-Preise: SILBERBULL ON ICE

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Edelmetalle

Sagen wir, ein Vermögensverwalter würde auf mich zukommen und mir nur eine Frage stellen: Welches ist derzeit ihre beste Anlageidee im Rohstoffmarkt? Dann würde ich ihm antworten: Achten Sie auf Silber! Das Edelmetall wird vermutlich bis 25 Dollar fallen, und sich danach vermutlich verdoppeln. Und achten Sie auf Gold! Der Fluchthafen für Schutz suchende Anleger hat seine Welle an Ansturm in diesem Jahr gesehen - die nächste erwarte ich erst wieder in der zweiten Jahreshälfte 2012. Bis dahin dürfte Gold zwischen 1800 und 1450 Dollar hin- und herschwanken. Dabei gilt: Gold darf per Wochenschlusskurs nicht unter 1300 Dollar fallen, Silber nicht unter 25 Dollar am Ende einer Woche aus dem Handel gehen. Denn dann würde ich die Begriffe „GOLDBULL“ und „SILBERHAUSSE“ mindestens überdenken, höchstens sogar ganz ad acta legen. Das ist aber nicht mein „präferiertes Szenario“, wie es so schön heißt. Verschiedene Hinweise deuten darauf hin, dass der Aufwärtstrend intakt bleiben, sprich: Dass die beiden genannten unteren Begrenzungen (1300 und 25) halten werden. Gold dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2012 über 2000 Dollar steigen, Silber wieder in Richtung 50 Dollar. Das dürfte auch den vollkommen unterbewerteten, aber dem jüngsten Goldpreisanstieg misstrauisch gegenüber stehenden Goldaktien (bzw. den Investoren dort) den nötigen Schluck aus der Optimismus-Pulle geben - sprich: Goldaktien dürften von diesem Szenario massiv profitieren. Derzeit beherrscht noch immer große Skepsis den Markt für Goldaktien - ein tolles Zeichen!

Industriemetalle

Wir steuern auf Nullwachstum hin. Das ist die weichgezeichnete Formulierung. Der europäische Konjunktur-Airbus steht kurz vor Erreichen der Abrissgeschwindigkeit und droht in die Rezession zu stürzen. Das klingt weitaus dramatischer. Drückt aber das gleiche aus: Rezessionsgefahren sind vorhanden, bedürfen aber einem konkreten Auslöser, etwa einem umfangreicheren Sparprogramm in den USA, das nicht wie bisher erwartet endlastig verteilt ist, also erst in vielen Jahren in Form von geringeren staatlichen Investitionen wirklich zu wirken beginnt. Oder die Eurokrise läuft aus dem Ruder. Wir schrieb ein Leser vor kurzem so schön: Die Familie „Hätte“ ist die reichste Deutschlands. Also werden wir konkret. Was machen die konjunkturell sensitiven Industriemetalle konkret? Kupfer kippt und entfernt sich vom Mitte Februar bei 10.190 Dollar pro Tonne erreichten Allzeithoch nach unten. Letzter Kurs: Rund 7.200 Dollar. Bei 6.225 Dollar ist die analoge Marke zu 1300 Dollar im Gold und 25 Dollar im Silber: Diese Preisbereiche dürfen keinesfalls per Wochenschluss unterschritten werden. Wenn 6.225 Dollar halten, dann kann man argumentieren: Kupfer befindet sich im Aufwärtstrend, und die schwache Preistendenz der letzten Monate ist lediglich ein Luftholen, bevor final irgendwann der nächste Bull Move kommt. Das ist beim Aluminium ganz anders. Auf einer Konferenz der Metallindustrie, auf der ich jüngst eine Präsentation hielt, war das Resumee: 2000 Dollar wären unangenehm, 1800 Dollar wären eine Katastrophe. Beides sind aber Szenarien, die sich ableiten lassen, wenn man sich die Preistendenz anschaut. Denn ganz im Gegensatz zu Kupfer ist der Aufwärtstrend seit November 2008 beim Aluminium bereits zerstört. Das liegt wohl auch daran, dass die Aluminiumindustrie schnell auf Preisveränderungen reagiert. Es dauert nur 3-6 Monate, um einen Schmelzer hinzustellen und betriebsfertig zu bekommen. Beim Kupfer sind Jahre nötig, von der ersten Exploration bis zum fertigen Produkt. Da Aluminium teuer war, stieg auch die Produktion. Das belastet jetzt die Preise. Lange Rede, kurzer Sinn: Aluminium ist jetzt wieder interessant, wenn die Preise zu stark unter 1800 Dollar abtauchen. Rein fundamental. Es wird dann eine schnelle Angebotsreaktion wahrscheinlich, die die Preise stützt. Das gilt es zu beobachten.

Agrar

Weizen befindet sich im Abwärtstrend. Nach einer Seitwärtsbewegung im Oktober kommt jetzt Abwärtsdynamik in diesen Markt. Wir rechnen mit einem Rückgang bis auf 5,15 Dollar , möglicherweise sogar darunter. Auch der Zucker, ein mit den konjunkturellen Erwartungen eng korrelierter und hochvolatiler Rohstoff, tendiert wie erwartet abwärts. Wir rechnen aber damit, dass wir im Bereich von 21,30 Cents eine Wende nach oben sehen könnten. Die im Rohstoff-Blog empfohlene Short-Position, die sich 78% im Plus befindet, sollte also langsam aufgelöst werden. Das gilt nicht für Kakao. Da hielten sich lange Gerüchte darüber, dass die Elfenbeinküste wegen politischen Unruhen weniger ernten könnte, oder dass die Bäume schlecht gepflegt werden und daher die Mengen an Kakaobohnen geringer werden, die dort von den Bäumen geschlagen werden können. Vieles davon ist Humbug, wie sich jetzt zeigt. Die Elfenbeinküste freut sich über eine Rekordernte. Die Preise rutschen immer weiter ab. Die von uns in der Erwartung, dass sich die Gerüchte als heiße Luft erweisen werden, vorgestellte Short-Position liegt 54% im Plus und dürfte noch weiter steigen. Kakao dürfte bis 1230 Pfund fallen, gegenüber rund 1550 Pfund aktuell.

Energie

Die Kanadier mischen groß mit im Ölmarkt der USA. Enbridge, der Betreiber des größten Rohöl- und Flüssigkeiten-Pipeline-Systems der Welt, wird noch größer und übernimmt die Hälfte der Seaway-Pipeline. Die Öltrasse lieferte bislang Öl von Tankern am Golf ins Landesinnere nach Cushing, dem Öl-Lagerort, dessen Lagerpegel den Preis von WTI bestimmen. Die Lager waren Mitte des Jahres fast bis zum Zerbersten gefüllt. WTI fiel auf 75 Dollar. Endbrige kehrte jetzt direkt mit dem Kauf die Flussrichtung der Seaway-Trasse um, sodass diese Öl von Cushing an den Golf fließen lässt, was WTI quasi freigibt um Export auf den Weltmarkt. Jetzt kostet WTI nicht mehr 75 Dollar, sondern 95 Dollar. So schnell kanns gehen. Aber seien wir mal vernünftig: Seabridge macht nur das, was Lastkähne auf dem Mississippi bislang auch schon gemacht haben. Nur schneller. Und zuverlässiger. Und günstiger. Aber das wird nicht dazu führen, dass die Cushing-Tanks morgen leer ist. Wir werden WTI daher mit Ziel bei 82 Dollar shorten, wenn es uns einen Tagesschlusskurs unter 94,50 Dollar zeigt. Aber diese Marke wird fein säuberlich bislang verteidigt. Auf meiner Watchlist ist WTI jetzt aber ganz oben. Um 94,50 Dollar wird sich die nächste Trendrichtung entscheiden. Wenn die Marke hält, können wir schnell deutlich oberhalb von 100 Dollar landen. Spannend!

Dieser Artikel erschien am Donnerstag im Rohstoff-Report

Der Rohstoff-Report ist eine Publikation der BörseGo AG

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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