Kommentar
09:34 Uhr, 14.11.2017

Europäische Aktienmärkte mit fundamentaler Stärke

Nach Einschätzungen der EU-Kommission wird die Eurozone dieses Jahr so stark wachsen wie seit zehn Jahren nicht mehr, man erwartet einen Anstieg der Wirtschaftsleistung von 2,2 %.

Gastbeitrag des Guidants-Experten Dr. Christoph Bost

Nach fünf Jahren moderater Erholung hat sich nun endlich eine deutliche Beschleunigung des Aufschwungs eingestellt. Der Einzelhandelsumsatz liegt bereits 3,7 % über dem Vorjahr. Allerdings wird der Aufschwung nun etwas eingebremst, stößt die deutsche Industrie in vielen Bereichen doch bereits an ihre Kapazitätsgrenzen. Entsprechend haben die deutschen Unternehmen im September auf die Produktionsbremse getreten und stellten 1,6 % weniger her als im Vormonat.

Im dritten Quartal zog die Produktion trotz des Dämpfers im September aber um 0,8 % an. Nach Einschätzungen des Wirtschaftsministeriums bleibt die Industriekonjunktur äußerst lebhaft. Nachdem bei den Unternehmen im September sich die Auftragsbücher noch stärker gefühlt haben, die Zahl der Bestellungen nahmen um ein Prozent zu, und nachdem das Geschäftsklima auf neue Rekordstände gestiegen ist, kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Produktionsrückgang lediglich um eine kleine Delle im Aufschwung handelt.

Erhöhung der Wachtumsprognosen

Diese Einschätzung vertreten wohl auch die Wirtschaftsweisen. Der Sachverständigenrat hat seine Wachstumsprognose deutlich angehoben von 1,4 % auf 2 %. Der Aufschwung soll sich auch im nächsten Jahr entsprechend fortsetzen, so dass man gleichzeitig die Prognose für 2018 von 1,6 % auf 2,2 % erhöht hat. Zusammen mit dieser optimistischen Einschätzung fordern die Wirtschaftsweisen zugleich die EZB auf dringend eine Strategie für die Normalisierung der Geldpolitik zu kommunizieren, die Produzentenpreise in der Eurozone steigen bereits um 2,9 % und die Heizkosten dürften im laufenden Jahr rund 10 % zulegen. Die Wirtschaftsweisen sehen bereits jetzt Anzeichen für eine Überauslastung der Kapazitäten in einigen Sektoren. Sollte die Notenbank von ihrer zu lockeren Geldpolitik nicht abweichen befürchtet man verstärkte Fehlallokationen. Der nächsten Bundesregierung empfiehlt man die gute konjunkturelle Lage zu nutzen und den Steuerzahler in den mittleren Einkommensstufen zu entlasten. Darüber hinaus fordert man die Abschaffung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge sowie die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Die gute Lage am Arbeitsmarkt hat sich bereits positiv bemerkbar gemacht, es gibt in Deutschland immer weniger arme Menschen, ihre Zahl ist um 500.000 gesunken (FAZ 7. November). Damit beläuft sich die Zahl der armen Menschen in Deutschland auf nur noch 3,7 % gegenüber 7,5 % im EU Durchschnitt.

Viele leben über ihre Verhältnisse

Der Armut stehen aber andere Probleme gegenüber wie zum Beispiel die steigende Bereitschaft auf die Währung Bitcoin zu setzen (wovor die Finanzaufsicht eindringlich warnt) bzw. sich immer stärker zu verschulden. Trotz der guten Rahmenbedingungen sind inzwischen 6,9 Millionen Deutsche nicht mehr in der Lage ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die vielen Lockangebote lassen manch einen den Überblick verlieren, was laut einem zuletzt veröffentlichten Artikel der FAZ zu einer unwirtschaftlichen Haushaltsführung führt. Auch dies ist eine Art der Fehlallokation, leben doch viele Deutsche damit über ihre Verhältnisse. Die gute Konjunktur führt aber auch zu anderen Fehlentwicklungen wie die OECD zu berichten weiß. Deutschland ist nämlich Vizeweltmeister bei den Fehltagen. Deutschlands Arbeitnehmer liegen weltweit mit an der Spitze bei den Fehlzeiten durch Krankheit. Nur in Mexiko sind Arbeitnehmer häufiger krank. Am stärksten betroffen sind die armen Beamten, hier liegt die Fehlquote überdurchschnittlich hoch. Interessanterweise zeigt die Statistik, dass in Rezessionen kaum noch jemand krank wird. Ein Schelm wer schlimmes dabei denkt.

Fazit

Aus konjunktureller Sicht lassen sich derzeit keine Anzeichen erkennen, welche den Aufschwung gefährden könnten. Die Stimmung verbessert sich von Monat zu Monat, der Sentix für die Eurozone stieg von 29,7 auf 34,0 Zähler. Selbst in Griechenland steigt die Industrieproduktion und die Arbeitslosenquote ist weiter rückläufig. Für die Aktienmärkte bedeutet dies, dass der Aufschwung ein gesundes Fundament aufweist. Die Märkte sind allerdings überhitzt und die Stimmungsindikatoren deuten darauf hin, dass jederzeit eine Korrektur eintreten kann. Im Gegensatz zu den US Märkten kann in der Eurozone auch weiterhin keine Überteuerung erkannt werden. Vorausgesetzt es treten keine geopolitischen Verwerfungen bzw. Überraschungen bei der Liquiditätspolitik ein, besitzen die meisten Indices noch weiteres Potenzial. Wie sehr die deutsche Börse aber am US Aktienmarkt hängt, hat wieder die letzte Woche gezeigt. Kaum setzen die US Märkte zu einer Konsolidierung an, gehen auch DAX & Co. in die Knie. Der DAXL&S DAX (13.123,57 0,38 %) findet nun Unterstützung im Bereich zwischen 12.800 Punkten und 13.100 Punkten. Solange diese Zone nicht unterschritten wird, kann von einer Konsolidierung ausgegangen werden, beim Bruch der Unterstützung von 12.800 Punkten dürfte es sich dann doch um eine Korrektur handeln. Wir halten an unserer Strategie unverändert fest, je nach Risikofreude sollte der Anleger zwischen 25 % und 40 % an den europäischen Aktienmärkten investiert sein.

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