Euroland: Im Schatten des Krieges
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Die wirtschaftliche Stimmung in Euroland hat sich erwartungsgemäß im März wieder eingetrübt, der Index des Economic Sentiment sank von 98,4 auf 97,8 Indexpunkte. Damit wurden sowohl die Erwartungen der von Bloomberg befragten Volkswirte als auch unsere genau getroffen. Mit Ausnahme Portugals und der Niederlande sank die wirtschaftliche Stimmung in allen Ländern der Eurozone.
Kein Teilindikator der wirtschaftlichen Stimmung wies eine Verbesserung auf, allein das Vertrauen der Bauwirtschaft konnte seinen Vormonatsstand in den März retten. Dagegen trübte sich die Stimmung im Einzelhandel, in der Industrie und bei den Konsumenten ein.
Stärker als erwartet hat sich das Verbrauchervertrauen von -19 auf -21 Punkte verschlechtert. Hier sind es vor allem die Einschätzungen über die allgemeine Wirtschaftslage und die Arbeitslosigkeit in den kommenden zwölf Monaten, die zu diesem Rückgang beigetragen haben. Die finanzielle Situation in den kommenden zwölf Monaten wird nur geringfügig schlechter, die Sparabsichten unverändert eingeschätzt. Auch wenn nur mit großer Vorsicht direkte Rückschlüsse aus dem Verbrauchervertrauen auf die Konsumentwicklung gezogen werden sollten, der dramatische Einbruch seit September letzten Jahres muss als ein deutliches Warnsignal verstanden werden. Dies umso mehr, als das Verbrauchervertrauen, für das seit 1985 Daten vorliegen, nur im Zuge der 1993er Rezession schlechterer Werte aufwies. Der Nachrichtencocktail, der den Haushalten seit geraumer Zeit täglich serviert wird, hemmt jede Konsumlust: steigende Arbeitslosigkeit, hohe Energiepreise, schlechte Aktienmarktentwicklungen und angesichts des Irakkriegs die ausgesprochen hohe Unsicherheit über die künftige Entwicklung. Solche Faktoren zeigen sich besonders bei langfristig ausgerichteten Entscheidungen, also beispielsweise bei den größeren Anschaffungen: Diese haben die Haushalte im März offensichtlich deutlich zurückgefahren.
Das Industrievertrauen hat sich erwartungsgemäß von -11 auf -12 Punkte verschlechtert. Allein in Portugal und Finnland hat sich die Stimmung der Industrie aufgehellt, in Italien, Spanien und den Niederlanden blieb sie unverändert, in allen anderen Volkswirtschaften Eurolands trübte sie sich ein. Es waren vor allem die Produktionserwartungen, die sich im März spürbar verschlechtert hatten, aber auch die Auftragsbücher werden schlechter als im Vormonat eingeschätzt, lediglich die Fertigwarenlager werden etwas besser beurteilt. Die Unternehmen leiden ebenfalls wie die Haushalte unter der Unsicherheit und den Aktien- und Rohstoffmarktentwicklungen. Hinzu kommt, dass die Unternehmen angesichts der Lage der Haushalte derzeit nicht mit einer raschen Belebung der Binnennachfrage rechnen und sich gleichzeitig die Exporterwartungen wieder eintrüben.
Dies wird am Geschäftsklima (Business Climate) deutlich, das letztendlich die Teilinformationen des Industrievertauens so verdichtet, dass Indikatorwerte von -0,5 einem Nullwachstum der Industrieproduktion Eurolands gegenüber dem Vorjahr entsprechen. Dieser Indikator hat sich im März spürbar von -0,27 auf -0,6 Punkte verschlechtert und signalisiert mithin wieder eine langsamere Gangart bei der Produktion.
Unsicherheit ist nicht nur das derzeit vorherrschende Kennzeichen, sie bestimmt auch die Qualität der Indikatoren. Einer rein mechanistischen Interpretation im Sinne einer Zuordnung von Indexständen und der konjunkturellen Entwicklung sind daher gewisse Grenzen gesetzt. Allerdings erlauben diese Indikatoren einen Einblick in das "Seelenleben" der Haushalte und Unternehmen und lassen damit Rückschlüsse auf deren Verhalten in der kurzen Frist zu. Für die nahe Zukunft ist daher bei einem Fortgang des Krieges im Irak mit einer schlechten Konsum- und Investitionsentwicklung zu rechnen.
Quelle: Deka
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