Kommentar
15:18 Uhr, 21.08.2008

Euroland: Einkaufsmanagerindizes – freier Fall gestoppt

1. Der Gesamtindex der Einkaufsmanager für Euroland legte im August leicht von 47,8 auf 48,0 Punkte zu. Damit ist sein freier Fall der letzten Monate vorerst gestoppt. Diese Entwicklung war zum ersten Mal seit vier Monaten für die Mehrheit der Konjunkturbeobachter eine positive Überraschung (Reuters-Median: 47,7; DekaBank: 46,7). Dabei verhielten sich die Indizes für die Dienstleister und das verarbeitende Gewerbe ähnlich: Der Index für die Dienstleister gab um 0,1 Punkte auf 48,2 nach, der für das verarbeitende Gewerbe stieg um 0,1 Punkte auf 47,5.

2. Die heutigen Daten beruhigen, als sie darauf hindeuten, dass die Konjunktur Eurolands nicht vollkommen wegbricht. Sie bestätigen uns in unserer Prognose einer annähernden Stagnation des Euroland-Bruttoinlandsprodukts im laufenden Quartal (verglichen mit dem Vorquartal).

3. Bemerkenswert an der heutigen Veröffentlichung sind zunächst die Preisindizes: Sie haben sich im August deutlich von ihren Höchstständen der Vormonate entfernt und signalisieren damit abnehmenden Inflationsdruck. Gleichzeitig sind die Einschätzungen der Lieferzeiten deutlich zurückgegangen, was ebenfalls rückläufige Kapazitätsengpässe anzeigt und für Entspannung an der Preisfront sorgen sollte.

4. Am erstaunlichsten aber ist, dass die Gesamtindizes sowohl für Deutschland als auch für Frankreich nachgegeben haben, obwohl der Gesamtindex für Euroland leicht angestiegen ist. In Frankreich sank der Index minimal (von 47,1 auf 47,0 Punkte), in Deutschland aber kräftig (von 52,1 auf 50,3 Punkte). Der Anstieg des Gesamtindex für Euroland ist somit wohl auf (im Wesentlichen) Spanien und Italien zurückzuführen. Hier müssen die Indizes für das verarbeitende Gewerbe und für die Dienstleister (im Durchschnitt) um jeweils gut 2 Punkte angestiegen sein. Die Indizes befinden sich dort allerdings auf niedrigen (Italien: jeweils rund 45 Punkte) bzw. sehr niedrigen Niveaus (Spanien: jeweils unter 40 Punkten).

5. Wie ist die Stabilisierung der Indizes zu erklären? Für das verarbeitende Gewerbe ist dies schwierig, zumal hier für Frankreich und Deutschland die Indizes im August klar nach unten gezeigt haben. Für die Dienstleister kann der deutliche Rückgang der Ölpreise seit Juli angeführt werden, der in den Branchen Transport und Tourismus bzw. Freizeit einen positiven Effekt gehabt haben dürfte. In der Finanzbranche sind wohl zwischenzeitlich die Ängste um die Kreditkrise verblasst. Dass Anfang Juli (Ölpreis- und Eurorekord, Finanzkrisenängste, EZB-Zinserhöhung) einen besonderen Schock für die Serviceanbieter darstellte, von dem sie sich nun erholt haben, veranschaulicht auch ihr Index der (nicht saisonbereinigten) Geschäftserwartungen. Dieser war im Juli eingebrochen und auf ein Allzeittief gefallen. Im August konnte er sich gegen das Saisonmuster verbessern, bleibt aber der schlechteste jemals in einem August gemessene Wert.

6. Der Ausblick für Euroland ist gemischt: Während die Sorgenkinder Italien und Spanien erst einmal durchatmen können, sieht es in Deutschland und Frankreich zunehmend schlechter aus. Letzteres könnte aber in absehbarer Zeit den Rest Eurolands belasten. Schaut man in die Details, so beunruhigt, dass im verarbeitenden Gewerbe Eurolands der Auftragsbestandindex mit knapp 45 Punkten auf einem Allzeittief notiert und insgesamt der Beschäftigungsindex weiter rückläufig ist. Es beruhigt aber, dass sich die Preisindizes zurückgebildet und die Dienstleister-Erwartungen gebessert haben. Denn gerade eine niedrigere Inflation kann dem privaten Konsum wieder auf die Beine helfen. Dieser wird dringend benötigt, um die binnenwirtschafliche Dynamik zu beleben und ein Gegengewicht zur schwächelnden außenwirtschaftlichen Flanke zu bilden.

7. Nach der Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes stiegen die Renditen für die 10-jährigen Bundesanleihen deutlich an. Diese Entwicklung scheint übertrieben. Denn an dem Bild, dass sich die Euroland-Wirtschaft in einer ausgeprägten Schwächephase befindet, hat sich bisher nichts geändert.

Quelle: DekaBank

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