Kommentar
16:26 Uhr, 14.08.2008

Euroland: Bruttoinlandsprodukt – Giftcocktail zeigt Wirkung

1. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Eurolands sank preis-, saison- und kalenderbereinigt im zweiten Quartal laut einer ersten Schätzung Eurostats (ohne Details) um 0,2 % qoq (1,5 % yoy). Das entsprach den Erwartungen der Mehrzahl der Analysten (Bloomberg-Median: -0,2 % qoq; DekaBank: -0,3 % qoq). Im Vorquartal war das BIP noch um 0,7 % qoq (2,1 % yoy) gestiegen.

2. Das gute erste Quartal war allerdings von einmaligen Sondereffekten geprägt, die im Frühjahr nun weggefallen waren und das BIP-Wachstum gehemmt haben. Diese Sondereffekten waren der milde Winter, der die Bauproduktion über die Maßen beflügelte, ein Nachholeffekt in der Industrie, weil das Jahresende 2007 von Streiks geprägt war, sowie das ungewöhnlich frühe Osterfest, das privaten Konsum in das erste Quartal verlagerte. Und in der Tat: Die Industrieproduktion Eurolands inklusive Bauproduktion nahm im zweiten Jahresviertel um 1,0 % qoq ab – der stärkste Rückgang seit dem Schlussquartal 2001. Gleichzeitig sanken die Einzelhandelsumsätze in preis-, saison- und kalenderbereinigter Rechnung um 0,9 % – die schwächste Dynamik seit Beginn der Berechnung der Euroland-Einzelhandelsumsätze 1995.

3. Offensichtlich hat im zweiten Quartal der Giftcocktail, der mit Ausbruch der Finanzkrise vor rund einem Jahr angerührt wurde, nun seine Wirkung entfaltet. Drei Quartale konnte die Wirtschaft Eurolands der Mischung aus verschärften Finanzierungsbedingungen, hohem Ölpreis und teurem Euro widerstehen. Im Frühjahr ist der Konjunktur dann die Puste ausgegangen. Auch deshalb, weil die hohe Inflation – die nicht zuletzt von der Ölpreisentwicklung herrührt – die (gefühlte) Kaufkraft beschädigt und den privaten Konsum gehemmt hat.

4. Blickt man auf die einzelnen Länder, so zeigt sich unter den großen Volkswirtschaften des Euroraumes ein gar nicht mehr so heterogenes Bild. Grund zum Jubeln gab es nirgendwo: In Deutschland (-0,5 % qoq), Frankreich (-0,3 % qoq) und Italien (-0,3 % qoq) war das BIP jeweils rückläufig, es stagnierte in den Niederlanden und nahm in Spanien nur minimal zu (+0,1 % qoq). Die spanische BIP-Entwicklung muss allerdings vor dem Hintergrund eines Potenzialwachstums von rund 0,8 % qoq gesehen werden. Dass Spanien trotz seines immer noch vorhandenen Wachstums näher an einer Rezession ist als andere Ökonomien der Eurozone, zeigt sich an der Arbeitsmarktentwicklung: Während seit Jahresbeginn die Arbeitslosenquote in Euroland insgesamt ungefähr stabil blieb und zuletzt bei 7,3 % lag, stieg sie in Spanien deutlich von 9,1 % auf 10,7 % im Juni an.

5. Besonders enttäuschend war die Entwicklung in Frankreich. Hier lagen die Erwartungen bei einem leichten Anstieg des BIPs, doch es kam zu einem deutlichen Rückgang, der sogar noch durch einen Lageraufbau gedämpft wurde. Besonders beunruhigend war hier der Rückgang der Investitionen der privaten Haushalte, die um 2,9 % qoq schrumpften. Dies lässt auf eine krisenhafte Entwicklung beim privaten Wohnungsbau schließen, muss jedoch vor dem Hintergrund des milden Winters relativiert werden: Wie in Deutschland kam es wohl auch jenseits des Rheins zu vorgezogenen Bauinvestitionen zum Jahresstart, die im zweiten Quartal fehlten. Damit dürfte hier die trendmäßige Entwicklung weniger dramatisch sein als es die heute veröffentlichten Zahlen ausdrücken. Dennoch müssen wir – aufgrund der enttäuschenden Daten, die auch Abwärtsrevisionen der Vorquartale beinhalten, sowie des weiterhin trüben Ausblicks – unsere BIPPrognosen für Frankreich deutlich nach unten korrigieren: für 2008 von 1,6 % auf 1,1 % und für 2009 von 1,3 % auf ebenfalls 1,1 %.

6. Die Aussichten sind für Euroland sind weiterhin mau. Zuletzt hat sich – gemessen an den Stimmungsindikatoren, aber auch den Auftragseingängen – die Abwärtsdynamik sogar noch beschleunigt. Ein kleiner Hoffnungsschimmer geht vom gesunkenen Ölpreis und zukünftig nachlassenden Inflationsraten aus. Dies könnte den privaten Konsum bei einem noch soliden Arbeitsmarkt wiederbeleben. Aber über dieser Entwicklung schwebt das Damoklesschwert wieder zunehmender Arbeitslosigkeit – die sich bereits in Spanien, Italien oder auch Irland zeigt.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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