Kommentar
14:13 Uhr, 14.06.2017

ETFs: Brandbeschleuniger in einem kommenden Abwärtstrend?

ETFs könnten sich in ihrer Auswirkung schon bald als die altbekannten CDS (Credit Default Swaps) herausstellen.

Derzeit durchleben wir den zweitlängsten Bullenmarkt der Geschichte mit einem Anstieg über rund 98 Monate.

Zahlreiche Privatanleger waren lange Zeit skeptisch gegenüber dem Aktienmarkt eingestellt, doch nach einer solch langen Zeit der Geldzuflüsse an den Aktienmärkten möchten nun auch jene mit zu geringem wirtschaftlichen Hintergrundwissen an den Kapitalmärkten rasch Gewinne verzeichnen. Dies geht aus der Anzahl der erneut eröffneten Depots hervor, diese ist im ersten Quartal um 44 Prozent angestiegen.

In Haussephasen scheinen zahlreiche „Spekulanten“ keinen Wert mehr auf eine Analyse der fundamentalen Daten zu legen, diese würden sie auf dem aktuellen Niveau zur Vorsicht aufrufen, der US-Aktienmarkt ist aktuell einer der teuersten seiner Zeit. Während die privaten Anleger mit großer Euphorie beginnen, in den Markt zu drängen, zieht sich das „Smart Money“ (Insider) aus dem überteuerten Markt zurück und holt Gewinne heim. In den kommenden Monaten dürfte das Zitat von Warren Buffet wieder zutreffend sein:

„Der Aktienmarkt ist eine Einrichtung, um Geld von den Ungeduldigen zu den Geduldigen zu transferieren.“

Für die Missachtung fundamentaler Daten und den draus resultierenden endlos scheinenden Kursanstiegen sind die heutzutage beliebten ETFs verantwortlich.

Diese sind besonders bei Privatanlegern beliebt, ermöglichen sie eine Streuung des Kapitals auf indexbasierte Werte und werden mit geringen Ausgabespesen gehandelt.

Was Anleger dabei oft nicht beachten ist, dass ETFs lediglich Indizes abbilden und das Kapital nicht ausreichend auf Basis der zugrundliegenden fundamentalen Daten streuen.

Laut JP Morgan fanden zuletzt 37 Prozent des täglichen Handels an der NY-Stock Exchange in den letzten 30 Minuten einer Börsensitzung statt, da hier die ETFs tätig werden. Viele Besitzer von ETFs halten Stopps, doch sobald es zu einem Abverkauf an den Märkten kommen wird, könnte durch diese zahllosen Stopps eine massive Verkaufslawine ins Rollen kommen. Einen Vorgeschmack lieferte bereits der Flash-Crash im August 2015, als einige ETFs bereits mit einem Abschlag von 20 Prozent in den Handel gingen.

Noch bleibt offen, durch was die Wende am Kapitalmarkt ausgelöst wird, belastend würden sich rasch steigende Leitzinsen der FED und anderer Zentralbanken für Kreditnehmer auswirken. Hier gibt es bereits enorme Probleme in Kanada, Amerika aber auch in anderen Ländern.

In Kanada ist eine enorme Blase am Immobilienmarkt zu erkennen. Wer eine neue Immobilie in Toronto erwerben möchte, muss durchschnittlich 1,78 Mio. CAD hierfür ausgeben, was rund 70 Prozent über dem Vorjahresniveau liegt.

In den USA sind ebenfalls Verwerfungen erkennbar, der Case-Shiller US-National Home Price Index ist seit 2012 um 38 Prozent auf eine neues Rekordhoch gestiegen.

In den USA hat das Home-Flipping (mit Immobilien spekulieren) stark zugenommen und verzeichnet derzeit die höchste Aktivität seit 2006. Doch nicht nur im Immobilienbereich, der seit 2008 schärferen Regulierungen unterliegt, lassen sich Probleme erkennen.

Laut einer Umfrage haben rund 70 Prozent der Amerikaner nicht einmal 1.000 US-Dollar an Ersparnissen. Der Großteil der US-Bevölkerung lebt von der Hand in den Mund und daher ist Autoleasing normal. Binnen der letzten 10 Jahre ist die Zahl der geleasten Fahrzeuge um 20 Prozent auf fast 80 Prozent angestiegen (die Zahl der Eigenheimbesitzer ist allerdings deutlich unter dem Vorkrisenniveau von 2008 geblieben).

Seit Jahresbeginn lassen sich nun Schwächen am Automobilmarkt erkennen, hier ist alleine im April um einen Einbruch bei den Verkäufen um 4,7 Prozent gekommen. In Folge dessen wurde die Produktion auf den niedrigsten Stand seit 2011 zurückgefahren. Wen wundert es bei solch geringen Ersparnissen, dass die Kreditkartenschulden wie im Krisenjahr 2008/2009 erneut über die Marke von 1 Bilionen US-Dollar gestiegen sind. Das Volumen der Studentenkredite hat mit 1,44 Billionen Dollar ebenso wie das der Autokredite mit 1,2 Billionen US-Dollar ein neues Allzeithoch markiert.

Dem aktuellen Anstieg an den Aktienmärkten sollte mit einem hohen Maß an Skepsis begegnet werden, weitere Kurssteigerungen mögen noch auf Sicht der nächsten Wochen bzw. Monate möglich sein, dies geht aber mit deutlich steigenden Risiken einher. Erste Rissen lassen sich inzwischen an den Finanzmärkten erkennen und Aktien die von den Unternehmen zurückgekauft und deren Gewinn pro Aktie hiervon profitiert hat tragen lediglich zur Illusion einer nachhaltig wachsenden Wirtschaft bei. Sollte es zu einer weiteren Anhebung der Leitzinsen durch die FED kommen, könnte schon bald viele Kredite nicht mehr bedienbar sein und die Risse, die bereits jetzt erkennbar sind aufbrechen und zu einer Reihe von Zahlungsausfällen führen.

Privatanleger sollten auf dem aktuellen Niveau ETFs und Aktien, die fernab jeder fundamentalen Bewertung liegen, meiden. Der Aufbau von Cash-Reserven dient dazu, in Zukunft Aktien zu kaufen, die nach einer größeren Korrektur wieder günstig bewertet sein werden. Eine weiterhin stark unterbewertete Anlageklasse bleiben Edelmetallminen, zu einer gesunden Portfoliodiversifikation gehören rund 5 bis 10 Prozent physisches Gold.

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bost

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2 Kommentare

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  • Sarge
    Sarge

    Bei ihrem Artikel vermisse ich den begründeten Zusammenhang zwischen ETFs und einem beschleunigten Abwärtstrend. Warnung vor einem Crash ist ja in Ordnung, aber was hat das mit ETFs zu tun?

    "Für die Missachtung fundamentaler Daten und den draus resultierenden endlos scheinenden Kursanstiegen sind die heutzutage beliebten ETFs verantwortlich."

    Diese Behauptung scheint mir aus der Luft gegriffen und wird auch nicht weiter begründet. Aus meiner Sicht ist vor allem die Niedrigzinspolitik für die Hausse verantwortlich und die daraus resultierende Alternativlosigkeit bei der Anlage.

    Und da scheint eine Investition in breit streuende ETFs sicher nicht unvernünftiger zu sein, als in Einzelaktien.

    16:31 Uhr, 14.06.2017
  • vonder
    vonder

    es ist für privatanleger eine trügerische ruhe nachdem die etf's von jeder seite als allheilmittel empfohlen wurden - jeder anleger mit etf's fühlt sich wohl wobei die meisten die zusammensetzung gar nicht kennen - auch für normalanleger könnten bei einer verkaufswelle schwierigkeiten entstehen da niemand mehr nachvollziehen kann welche aktie in welchen/wievielen etf's enthalten sind - zumindest werden wir bei einer aktie noch "einigermaßen faire und nachvollziehbare" kurse bekommen was ich bei etf`'s bezweifle

    ich hoffe das es nicht so kommt aber...............

    lösung wäre - langlaufende puts einsammeln

    911/996

    15:18 Uhr, 14.06.2017

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