Es muss erst schlechter werden, ehe es besser wird
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Europa gibt derzeit in vielerlei Hinsicht ein gespaltenes Bild ab. Die Volkswirtschaften driften auseinander, Deutschland und ein paar andere Länder stehen top da, während die Südländer vor sich hin leiden. Die Schuld dem „Spardiktat“ zuweisen ist einfach, aber falsch. Selbstverständlich führen sinkende staatliche Ausgaben zunächst zu einer weiteren Verschlimmerung der Lage. Die Reformmaßnahmen sind aber eine notwendige Voraussetzung für die spätere Genesung der Wirtschaft. Sie kennen alle den Spruch: „Es muss erst schlechter werden, ehe es besser wird“. Genauso ist es. Ohne die schmerzlichen Einschnitte der letzten Zeit würde es vielen Menschen in Griechenland vielleicht im Moment deutlich besser gehen. Aber was würde dann dort in Sachen Restrukturierung passieren? Wahrscheinlich wenig bis gar nichts!
Generell finde ich den vielbenutzten Begriff „Spardiktat“ völlig unangemessen. Die Problematik wird damit von der falschen Seite her angegangen. Ausgangspunkt ist doch, dass bestimmte Staaten sich nicht mehr vernünftig refinanzieren können. Sie haben schlicht kein Geld, damit können sie auch keines ausgeben. Also wenden sich die notleidenden Regierungen an andere (EZB ,ESM, EFSF) und bitten um Hilfe. Und diese Hilfe wird an Bedingungen geknüpft. Die eine Seite will etwas, die andere verlangt etwas dafür.
Stellen Sie sich kurz vor, ein Freund will sie anpumpen. Er ist pleite. Er hätte gerne eine stattliche Summe aus Ihrem Ersparten. Würden Sie ihm das Geld einfach so geben? Was würden Sie sagen, wenn er danach in Urlaub fliegt. Wenn er sich keinen Job sucht? Wenn Sie fleißig sind, er faul?
In Europa prallen verschiedene Kulturen aufeinander. Das ist einfach ein Fakt. Wir sprechen nicht mal eine Sprache. Altkanzler Helmut Schmidt sagte dazu kürzlich in einer Talkshow: „Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn wir alle Englisch reden würden“. Süffisant fügte er hinzu: „Aber die Franzosen werden das nicht zulassen“. Da hat er völlig Recht – mit beidem.
Während Schmidt aber dennoch die europäische Einigung um quasi jeden Preis weiter vorantreiben will, wachsen vielerorts die Zweifel. Gerade diejenigen, die Europa als Friedensprojekt betrachten, sollten aufpassen, die Einigung nicht mit (politischer) Gewalt zu erzwingen.
Daniel Kühn
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.