Erdöl: BPs Prudhoe-Probleme zu delikatem Zeitpunkt
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Die Zeit der Ölinvestoren ist gekommen. Die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten, die Raketentests Nordkoreas, brutale Geiselnahmen in Nigeria, die ausbleibende Lösung des Konfliktes um das iranische (zivile?) Atomprogramm: Das lässt die Herzen der Ölinvestoren höher schlagen. Das Thema ethisches Investment und Rohstoffe wird gerade durch die immer weitere Verbreitung von Anlagezertifikaten immer aktueller: Wie können aus ethischer Sichtweise Kursgewinne aus Ölinvestments gerechtfertigt werden, wenn die Preissteigerungen durch den Verlust von Menschenleben, durch Krieg, Zerstörung und Verderben ausgelöst werden?
Das Angebot der Ölproduzenten, die nicht in der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) organisiert sind, fällt in diesem Jahr erneut enttäuschend aus. Besonders schwach ist die Ölproduktion von Großbritannien und Nordwegen (Nordsee) sowie der USA und Mexiko.
Während die Förderrückgänge der Nordsee bereits seit 1999 andauern, und die USA immer noch an den Hurrikanschäden aus dem letzten Jahr leiden, ist es in Mexiko primär das Candarell-Ölfeld, das größte des Landes, welches nach offiziellen Angaben des mexikanischen Ölkonzerns Pemex seinen Förderhöhepunkt überschritten hat. Die mexikanische Ölproduktion wird also in den nächsten Jahren weiter fallen, wenngleich die staatseigene Pemex nun nach Tiefseevorkommen im Golf von Mexiko bohren möchte. Bis aus diesen neuen Projekten das erste Öl am Markt ist, werden jedoch noch viele Jahre verstreichen.
Für mehrere Monate könnte die Ölversorgung der USA aus dem großen Prudhoe-Ölfeld der BP unterbrochen sein. Das Ölfeld versorgt die USA täglich mit 400,000 Fass Rohöl. Das sind 2,6% des US-Erdölbedarfs. Nachdem mehrere Schwachstellen durch Korrosion an den mittlerweile schon 29 Jahre alten Pipelines (Regellaufzeit: 25 Jahre) gefunden wurden, entschloss sich die BP kurzerhand, die Pipeline auf 35 Kilometer Länge stillzulegen. Die Rohrleitungen sollen nun neu gelegt werden, was „Monate“ dauern könnte. Nun will die US-Regierung Raffinerien mit Versorungsengpässen Erdöl aus strategischen Reserven zur Verfügung stellen.
Das Angebot außerhalb der OPEC fällt also; gleichzeitig erholt sich das OPEC-Angebot nur schwach. In Nigeria häufen sich die Stimmen von Experten vor Ort, die vor dem Ausbruch eines Bürgerkrieges in der Region warnen. Schon seit Monaten sind rund 800,000 Fass Erdöl pro Tag durch Anschläge vom Export unterbrochen, immer wieder gibt es Entführungen. Zuletzt wurde ein deutscher Ölarbeiter von Rebellen verschleppt. Die Ölproduktion im Nahen Osten wurde bisher nicht von den militärischen Ausschreitungen zwischen der Hisbollah und Israel beeinflusst.
"Wir räumen steigenden Ölpreisen in den nächsten Tagen eine hohe Wahrscheinlichkeit ein", so Jochen Stanzl, Chefredakteur des Rohstoff-Report.
Die Nachfrage ist gleichzeitig auf einem hohen Niveau; die berüchtigte Hurrikansaison in den USA hat noch nicht ihren Höhepunkt erreicht. Im Zuge der angespannten Lage kam es allerdings bisher nicht zu einem deutlichen Ansteigen der Öl- und Benzinpreise; die Erdgaspreise kamen sogar von ihren erhöhten Niveaus wieder etwas zurück.
"Auch wenn zurzeit alles nach weiter steigenden Ölpreisen aussieht, könnten die Preise fallen, wenn sich die Weltwirtschaft abkühlen oder die Lage im Nahen Osten beruhigen sollte. Auch ein Ölinvestment ist nicht ohne Risiken, der Ölpreis könnte bis auf 55 Dollar pro Fass fallen, ohne dass das bullische Szenario gebrochen wäre", so Stanzl.
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