Entstehung und Bedeutung von Zins-Futures
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Der eigentliche Wegbereiter des weltweiten Siegeszugs von Zins-Futures an den globalen Terminmärkten war zweifellos der Wunsch vieler international tätiger Institutionen und multinationaler Unternehmungen nach effizienten Instrumenten zum Zwecke der Kurssicherung ihrer sich stetig ausweitenden Anleihebestände. Vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs des Bretton Woods Systems fester Wechselkurse im August 1971, aber auch angesichts der aufkommenden Deregulierungs- und Liberalisierungstendenzen anfangs der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts, einhergehend mit einem Umfeld gestiegener Staatsverschuldungen, einem rapiden Anstieg der Geldmengen, enormen Haushaltsdefiziten, explosionsartig gestiegenen Energiepreisen und Zahlungsbilanzungleichgewichten sowie hohen Inflationsraten in den wichtigen westlichen Industrienationen, kam es zu rasant steigenden Volatilitäten an den globalen Kapitalmärkten mit der Folge nunmehr unkalkulierbar schwankender Zinssätze. Dies forcierte – zuerst ausschließlich in den USA – die Bestrebungen zur Aufnahme des Handels mit Zins-Terminkontrakten. Nachdem bereits seit 1972 Futures auf Devisen ("foreign currency futures") am International Monetary Market/> IMM (als erste "financial futures" überhaupt) sehr erfolgreich gestartet waren, führte der Chicago Board of Trade (CBOT) im Oktober 1975 erstmalig einen Futures auf Zinsinstrumente ein. Als Basiswert dienten hierbei zunächst festverzinsliche Wertpapiere in Gestalt von Hypothekenzertifikaten: sogenannte Government National Association Pass Through Certificates (GNMA, auch grazil "Ginnie Mae" genannt; hierbei handelt es sich um staatlich garantierte hypothekengesicherte verzinsliche Finanzierungstitel der Government National Mortgage Association).
Als Antwort auf die Herausforderungen an den internationalen Kapitalmärkten in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts und des erheblich angewachsenen Geldvermögens wurden in der Folgezeit von den US-amerikanischen Derivatebörsen weitere Zins-Futures auf kurz-* und auf langlaufende Zinstitel konzipiert, die bei den privaten ebenso wie bereits zuvor bei den institutionellen Investoren sehr rasch einen beeindruckenden Nachhall fanden. Jeder dieser Kontrakte orientierte sich dabei an den jeweils typischen Ansprüchen und Interessenlagen der unterschiedlichen Gruppen von Marktteilnehmern. Die größte Anerkennung verzeichnete zweifellos der im Oktober 1977 am CBOT eingeführte 30 Year U.S. Treasury Bonds Futures (Terminkontrakt auf US-Staatsanleihen mit 30-jähriger Laufzeit). Der bahnbrechende Erfolg dieser neuartigen Finanzinstrumente veranlasste schließlich auch außeramerikanische Terminbörsen die Entwicklung von Futures auf festverzinsliche Wertpapiere weiter voranzutreiben: so etwa in Europa LIFFE 1982 (London), Marché à Terme Internationale de France MATIF 1986 (Paris), Swiss Options and Financial Futures Exchange (SOFFEX) 1988.
[* Als erste Zins-Futures über kurzfristige Zinstitel folgten in Jahre 1976 US-T-Bill-Futures. Hierbei handelt es sich um Futures auf US-amerikanische Schatzwechsel mit Laufzeit von 91 Tagen.]
Das enorme Wachstum und die hohen Volatilitäten an den Geld- und Kreditmärkten, die parallel dazu gestiegenen Zinsänderungsrisiken, verbunden mit dem Einstieg in das Informationszeitalter und dem dadurch ausgelösten Innovationsschub in der Informationstechnologie, haben entscheidend mit zu einer beispiellosen Popularität von Zins-Futures beigetragen. Seit etwa Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts bis in die Gegenwart zählen Zins-Derivate unstreitig zu den im Weltmaßstab mit Abstand umsatzstärksten Futures-Kontrakten überhaupt. Der erste deutsche Zins-Futures indes: der in Deutsche Mark (DM) denominierte BUND-Futures, wurde erst reichlich spät, am 29. September 1988, zunächst an der LIFFE (London International Financial Futures and Options Exchange) und nach Ausräumung anfänglicher Besorgnisse seitens der Deutschen Bundesbank im November 1990 auch an der Deutsche Terminbörse (DTB) in Frankfurt zugelassen. Die LIFFE war im Geschäftsfeld dieses Kontrakts zunächst lange Zeit federführend, wurde hierin jedoch um die Jahrtausendwende von der Eurex abgelöst, die ihre Marktposition zwischenzeitlich mehr und mehr auszubauen vermochte.
Als die größte Derivatebörse ("derivative exchange") all jener Börsen der Welt, an der auch Zins-Futures gehandelt werden, gilt seit dem Frühjahr 1999 die ausschließlich im elektronischen Handel mit europäischen Finanzderivaten tätige, zur Deutschen Börse AG und Schweizer Börse (SWX) gehörende Terminbörse Eurex*. Eurex verzeichnet derzeit weltweit die höchsten Umsätze in Futures überhaupt und belegt damit auch eindeutig die Spitzenposition im Segment von Zinsfutures**. Mit einigem Abstand folgen die Chicago Mercantile Exchange (CME), der Chicago Board of Trade (CBOT), Euronext.liffe und Mexican Derivatives Exchange (MexDer).
[* Die Eurex etablierte sich aus dem Zusammenschluss der DTB und der schweizerischen SOFFEX.]
[** Im Jahre 2005 wurden an Eurex insgesamt ca. 1,25 Mrd. (Vorjahr: 1,07 Mrd.) Terminkontrakte gehandelt, wovon allein rund 300 Mio. (240 Mio.) auf das "Benchmark-Produkt" Euro-BUND-Futures entfielen. Dies entspricht umgerechnet mehr als 1 Mio. Kontrakte täglich.]
Zu den international umsatzstärksten Futures-Kontrakten auf mittel- und langfristige Schuldverschreibungen zählen neben dem bereits zitierten Euro-BUND-Futures, der 10 Year U.S. Treasury Notes Futures, der Euro-SCHATZ-Futures, der Euro-BOBL-Futures, der 5 Year U.S. Treasury Notes Futures und – der einstige Umsatzspitzenreiter – der 30 Year U.S. Treasury Bonds Futures. Auf allen genannten Zins-Futures werden zudem Zins-Optionen ("interest rate futures options") rege gehandelt.
Wie aus dem Vorstehenden deutlich wurde, war der Wunsch, den Marktwert eines offenen bzw. zukünftig noch zu öffnenden Postens in festverzinsliche Wertpapiere gegen kurzfristig zu erwartende, ungünstige Kurs- resp. Zinsentwicklungen abzusichern, das vorrangige Motiv, die eigentliche Triebfeder, für die Aufnahme des Handels mit Zins-Futures. Zins-Futures entsprechen diesem Begehren insofern als sie es auf einfache Weise gestatten, einen als befriedigend empfundenen Zinssatz gewissermaßen für eine zukünftige Zinsreferenzperiode im Vorhinein festzuschreiben. Neben dem Motiv eines geschärften Bewusstseins gegenüber Zins- und Marktpreisrisiken (Kurssicherungsmotiv) lassen sich fernerhin das Spekulations- sowie das Zins-Arbitragemotiv als weitere Motive anführen, welche entscheidend mit zu einem weltumspannenden Erfolg von "fixed-income futures" beigetragen haben.
Beim Trading mit Zins-Futures gilt grundsätzlich der bekannte inverse Zusammenhang zwischen Zins und Preis: Der Käufer eines Zins-Futures profitiert von einer fallenden künftigen Entwicklung des maßgeblichen Zinses des Basisinstruments ebenso wie ein Anleger, der die hierzu entsprechenden Anleihen direkt als Bestand in seinem Portfolio hält. Der Verkäufer eines Zins-Futures profitiert demgegenüber von einer steigenden Entwicklung des Zinses beim Basisinstrument, vergleichbar etwa mit einem Leerverkauf ("short sales") der zugrunde liegenden börsengehandelten Schuldtitel.
Die Wertänderung eines Zins-Futures als Resultat von Änderungen im Zinsumfeld wird im Allgemeinen und unter sonst gleichen Umständen (c.p.) umso stärker zu Buche schlagen, je deutlicher die Zinsänderung, je länger die Laufzeit und je niedriger der Zins-Kupon der zugrunde liegenden Anleihe ausfällt.
Als eine Besonderheit bei der Spekulation mit Zins-Futureskontrakten lässt sich der hierbei zur Wirkung kommende Hebeleffekt anführen: Da statt einer sofortigen Bezahlung der Obligationen zunächst lediglich ein relativ geringer Ersteinschuss ("initial margin") als Garantieposten für den Kontraktgegenwert erforderlich ist (zumeist nur ein Bruchteil in Höhe von etwa 5 bis 15% des Marktwertes der zugrunde liegenden Wertpapiere), resultiert hieraus ein beträchtlicher Hebeleffekt mit sehr hohen Gewinnchancen, aber andererseits auch mit entsprechend hohen Verlustrisiken. Überdies entfallen beim Handel mit Zins-Futures im Vergleich mit dem tatsächlichen Halten der Gläubigerpapiere die sonst üblichen Depotverwaltungsgebühren für die Wertpapierverwahrung.
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Autor: Bert H. Deiters - Experte für Futures bei GodmodeTrader.de
Bert H. Deiters studierte Wirtschaftswissenschaften in Essen, ist European Merchant und Futures- und Options-Broker nach US-amerikanischem Recht (National Commodity Futures Exam der NFA) sowie Honorardozent für Finanzwirtschaft. Nach seinem Studium spezialisierte er sich im Bereich des Investmentbanking auf die Analyse und das Management von Finanzderivaten sowie den Handel mit Futures und Optionen und ist dort derzeit in unabhängiger Beratungsfunktion sowohl für private Investoren als auch für Finanzdienstleistungsunternehmen tätig. |
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