Kommentar
09:18 Uhr, 30.01.2004

Emerging Markets - Was bringt 2004

Im vergangenen Jahr setzte sich die im 4. Quartal 2002 begonnene Rallye an den Rentenmärkten der Schwellenländer unvermindert fort. Der für dieses Marktsegment relevante Index EMBI+ von J.P. Morgan, der die Renditeaufschläge (Spreads) gegenüber Staatsanleihen aus den entwickelten Ländern misst, verringerte sich im Jahresverlauf um über 300 Basispunkte. Die stärksten Spreadrückgänge und damit die höchsten Kursgewinne verzeichneten dabei Anleihen aus Ländern mit geringerem Rating wie Brasilien, Venezuela oder der Türkei. Dagegen war die Performance der meisten osteuropäischen und asiatischen Länder unterdurchschnittlich. Neben der Verringerung der Bonitätsaufschläge war auch die deutlich nachlassende Spreadvolatilität ein klares Indiz für das sehr freundliche Umfeld in den Emerging Markets. Markttreiber war vor dem Hintergrund eines globalen Niedrigzinsumfelds neben den verbesserten Konjunkturaussichten vor allem ein gestiegener Risikoappetit unter den Investoren, der neben den Aktien- und Corporate-Bond-Märkten auch den Schwellenländern zugute kam. Die steilen Renditeanstiege im Spätsommer 2003 an den Bondmärkten der Industrieländer konnten den Anleihen aus den aufstrebenden Ländern dabei nichts anhaben. Steigende Öl- und Rohstoffpreise sowie eine zurückgehende Auslandsverschuldung trugen ebenfalls zu der insgesamt guten Stimmung im vergangenen Jahr bei. Diese Entwicklung fand ihren Niederschlag auch in einem insgesamt positiven Ratingtrend. Bei einem Spread von rund 400 Basispunkten liegt der EMBI+ gegenwärtig auf einem historischen Tief, was sich in einer entsprechenden Wertentwicklung niederschlägt.

Was bringt 2004?

Die Renditeaufschläge sind damit inzwischen sogar noch deutlich niedriger als 1998. Die damalige Hausse fand in der Russlandkrise, in deren Verlauf der EMBI+ um über 12 Prozent zulegte, ein jähes Ende. Doch die Situation heute unterschiedet sich grundlegend von 1998:

- Die Mehrzahl der Schwellenländer verfügt heute über erhebliche Fremdwährungsreserven. In Kombination mit der Freigabe der Wechselkurse hat sich dadurch die Verwundbarkeit durch Währungsturbulenzen in den meisten Emerging Markets deutlich vermindert.

- Das Risikoprofil eines Großteils der Schwellenländer hat sich verändert. Die Auslandsverschuldung ist rückläufig, was nicht zuletzt auf Fortschritte bei der Entwicklung der heimischen Kapitalmärkte zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass in jüngster Zeit gerade längere Laufzeiten auf reges Interesse der Investoren stoßen. Dies hängt vor allem mit der Bereitschaft der Investoren zusammen, sich dauerhaft in diesen Märkten zu engagieren. Auf die nachlassenden Risiken haben die Rating-agenturen mit einer Vielzahl von Heraufstufungen reagiert. Außerdem gibt es Sonderentwicklungen wie die Annäherung der osteuropäischen Länder an die EU, welche sich positiv auf die durchschnittliche Kreditwürdigkeit dieser Anleiheklasse auswirken.

- Anhaltend hohe Rohstoffpreise sorgen für eine stabile Einnahmesituation vieler aufstrebender Länder und entlasten damit deren Staatshaushalte sowie Leistungsbilanzen. Es gibt momentan auch keine Anzeichen dafür, dass sich daran etwas ändern wird.

- Das weltwirtschaftliche Umfeld verbessert sich zusehends. Speziell die hohe Einfuhrquote der schnell wachsenden US-Ökonomie wirkt wie ein globales Konjunkturprogramm, von dem eine Reihe von Schwellenländern - insbesondere die exportorientierten Staaten Asiens - profitieren. Mit China hat zudem ein neuer Player die Arena betreten, der vor 6 Jahren noch keine bedeutende Rolle spielte, bei Wachstumsraten von 10 Prozent aber gegenwärtig vor allem im Rohstoffbereich einen rapide wachsenden Importbedarf zu decken hat.

Wenngleich die Situation heute also nicht mit der von 1998 verglichen werden kann und eine Gegenbewegung mit starken Kursverlusten nicht in Sicht ist, dürfte der Spielraum für eine weitere Verringerung der Renditeaufschläge nun begrenzt sein. Emerging Market Bonds bieten jedoch immer noch einen attraktiven Aufschlag gegenüber Benchmarkanleihen. Und dass dieser Spread durch einen allgemeinen Zinsanstieg mit den damit einher gehenden Kursverlusten "aufgefressen" wird, ist jedenfalls nicht zu erwarten. Weder die amerikanische Notenbank noch die Europäische Zentralbank machen bislang Anstalten, die Leitzinsen anzuheben. Frühestens in der zweiten Jahreshälfte könnte es zu sehr moderaten Anhebungen kommen. Die Zinsdifferenz bleibt damit vor allem am kurzen Ende erhalten.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass sich die Emerging Markets weiterhin kräftiger Mittelzuflüsse erfreuen. Dieses Segment gewinnt spürbar an Bedeutung im Rahmen der strategischen Asset Allokation institutioneller Investoren. Gleichzeitig dürfte die Neuemissionstätigkeit nicht übermäßig anziehen, sodass das technische Bild intakt bleibt. Darüber hinaus tragen regionale Entwicklungen zu dem anhaltend freundlichen Bild bei. In Lateinamerika, welches in den zurückliegenden Jahren unter allen Emerging-Market-Regionen am stärksten gebeutelt wurde, hat sich in vielen Ländern durch politische und wirtschaftliche Reformen die Situation deutlich entspannt. Gerade die verbesserte Lage in Brasilien hat hier einen positiven Ausstrahlungseffekt auf den ganzen Subkontinent. Durch die Annäherung an die EU hat die Kreditwürdigkeit der Türkei, eines der bedeutendsten Schwellenländer, in jüngster Zeit spürbar zugenommen. Russische Bonds profitieren von einer wachsenden politischen Stabilität und insbesondere von hohen Öl- und Rohstoffpreisen.

Was bedeutet dies für den Anleger?

In Anbetracht der historisch geringen Bonitätsaufschläge ist mit einer Fortsetzung der Rallye von 2004 zwar nicht mehr zu rechnen. Begrenzte Spreadeinengungen scheinen dennoch möglich. Attraktiv bleibt dieses Anleihesegment jedoch vornehmlich wegen der immer noch spürbar höheren Kupons - verglichen etwa mit Benchmarkanleihen. Auf der anderen Seite wird am Markt die Wahrscheinlichkeit von wirtschaftlichen und politischen Krisen gegenwärtig als nicht allzu groß eingeschätzt.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 110 Milliarden Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Juni 2003. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 3,9 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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