Kommentar
11:13 Uhr, 07.09.2016

Emerging Markets: Kommt das dicke Ende noch?

Von der Panik zu Jahresbeginn ist nicht mehr viel zu spüren. Ob die Angelegenheit damit vom Tisch ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Bei der Schnelllebigkeit des Marktes macht es Sinn, sich noch einmal in Erinnerung zu rufen, was Anfang des Jahres überhaupt passierte. Es kam zu einer massiven Kapitalflucht aus Risikoanlagen. Dazu gehörten Rohstoffe, Aktien, Unternehmensanleihen und Emerging Markets.

Was die Panik genau ausgelöst hat, lässt sich nicht mit endgültiger Sicherheit sagen. Die Flucht aus Emerging Market Assets lässt sich allerdings durch zwei Faktoren begründen. Einerseits fielen die Rohstoffpreise, andererseits waren die politische Situation (z.B. Brasilien) und die Geld- und Wechselkurspolitik (China) abstrus.

Die Kausalkette ist damit sicherlich noch nicht zu Ende gedacht. Einige führen den Selloff auf die Zinsanhebung in den USA zurück. Persönlich zähle ich nicht zu denen, die dieser Meinung sind. Vielmehr dürfte dahinter China gesteckt haben. Mit der undurchsichtigen Wechselkurspolitik, die darauf hindeutete, dass China in den Währungskrieg einsteigt, lassen sich die Geschehnisse noch am besten erklären.

Braucht China eine Abwertung der Währung, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen, dann muss etwas im Argen liegen. Da China der weltweit größte Konsument von Rohstoffen ist, macht der freie Fall der Rohstoffpreise unter diesen Umständen Sinn. Eine kompetitive Abwertung hätte zudem das Wachstum in anderen Ländern stark beeinträchtigt, sodass Unternehmensanleihen, insbesondere Hochzinsanleihen, extrem spekulativ wirkten.

Die Folgen der Panikattacke des Marktes hätten katastrophal sein können. Eine weitere Abwertung der Währungen von Ländern wie Brasilien, Indonesien oder Südafrika hätten in einer großangelegten Schulden- und Finanzkrise enden können, denn inzwischen sind die meisten Entwicklungsländer abhängig vom Dollar-Schuldentropf.

Besonders China und Brasilien haben sich in den vergangenen Jahren massiv in Dollar verschuldet (Grafik 1). Daran hat auch die heimische Wirtschaftsflaute in vielen dieser Länder nichts geändert. Im Normalfall verschulden sich Unternehmen in Fremdwährungen, wenn die Wirtschaft boomt und die eigene Währung stark ist. Zwischen 2012 und Anfang 2016 gaben die meisten Emerging Markets Währungen gegenüber dem Dollar jedoch deutlich nach. Die Verschuldung stieg trotzdem rasant an. Bei hohen Zinsen konnten internationale Investoren einfach nicht widerstehen Geld zu verleihen.

Zwischen 2012 und 2015 gaben chinesische Unternehmen Anleihen von knapp 300 Mrd. Dollar aus. Brasilien brachte es auf 102 Mrd. Auf Platz 3 folgt Mexiko mit 73 Mrd., dicht gefolgt von Russland mit 69 Mrd. Insgesamt wurden 923 Mrd. an Dollaranleihen ausgegeben.

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Der Schuldenexzess zeigt sich besonders gut, wenn man die Verschuldung von Unternehmen ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung setzt (Grafik 2). In der entwickelten Welt stagniert die Verschuldung bei Werten von gut 80 %. In Entwicklungsländern stieg der Prozentsatz von weniger als 60 % vor 10 Jahren auf nunmehr knapp 120 %. China ist ganz vorne mit dabei. Zwischen 2008 und heute verdoppelten sich die Schulden beinahe.Emerging-Markets-Kommt-das-dicke-Ende-noch-Kommentar-JFD-Brokers-GodmodeTrader.de-2

Die Schulden müssen irgendwann zurückgezahlt werden. In den kommenden drei Jahren werden es knapp 350 Mrd. sein. Es ist das erste Mal, dass ein Teil der im Schuldenexzess aufgenommenen Kredite und begebenen Anleihen konzentriert fällig wird.

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So, wie das Sentiment zu Jahresbeginn war, konnte man sich ausmalen, dass das nicht gutgehen würde. Die Panik ist nun aber vorbei und die Chancen stehen gut, dass es zu keinem Refinanzierungsengpass kommt. Derzeit schmeißen Anleger den Emerging Markets das Geld nur so hinterher.

Risikofrei ist das nach wie vor nicht. Die Profitabilität der Unternehmen (Grafik 3) hat stetig abgenommen. Schreiben Unternehmen keine Gewinne mehr, dann können sie auch auf Dauer schlecht ihre Schulden bedienen. Bis es soweit ist, vergehen allerdings noch Jahre. Bis dahin kann sich das Blatt wieder wenden und höhere Gewinne geschrieben werden.

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Die akute Gefahr einer Schuldenkrise der Privatwirtschaft in den Emerging Markets ist gebannt. Sie ist aber nicht verschwunden. Vor allem China hat nach wie vor das Potential das ganze System zu sprengen. Die Schuldenberge türmen sich bei Unternehmen und Lokalregierungen so hoch, dass eine Bankenkrise kaum vermeidbar scheint. Diese Krise muss nicht zwangsläufig kommen, vor allem nicht in den nächsten Monaten. Das Sentiment für China ist derzeit überraschend positiv. Die Probleme der chinesischen Wirtschaft werden einfach ignoriert.

Von alleine löst sich das Schuldenproblem in China nicht. Die Emerging Markets Krise, die wir zu Jahresbeginn gesehen haben, kann zurückkommen. Wenn sie das tut, dann war das, was wir Anfang des Jahres gesehen haben, nur ein milder Vorgeschmack auf das, was noch kommen kann.

Kurz- und mittelfristig haben China und andere Entwicklungsländer Glück gehabt. Das dicke Ende ist allerdings nach wie vor absehbar, wenn auch nicht in naher Zukunft.

Lars Gottwik

Partner & CEO JFD Brokers
JFD Brokers – Just FAIR and DIRECT
www.jfdbrokers.com

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