Kommentar
11:52 Uhr, 25.04.2007

Eine Lobeshymne auf Euroland - 1,4000 keine Utopie mehr

Aktuell überschlagen sich förmlich die positiven Nachrichten aus Euroland. Das Wachstum läuft den Analystenschätzungen davon. Selbst die Wirtschaftweisen zeigen einen Hauch von Euphorie über die Stärke der europäischen Wirtschaft – zumal sich diese partiell vom Abschwung in den USA abkoppeln könnte und dürfte. Nicht zuletzt die robusten Konjunkturen in Osteuropa und Asien tragen dazu bei. Die EU-Finanzminister reiben sich indes die Hände - dank der kräftig sprudelnden Steuereinnahmen.

Zeit also für eine Lobeshymne auf Euroland? Teilweise. Denn dort, wo es viel Licht gibt, existiert zumeist auch Schatten. Aber zurück zum Licht: Das EU-Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im vierten Quartal 2006 um 3,3% im Jahresvergleich gestiegen und hat damit das US-BIP mit +3,1% hinter sich gelassen. Im dritten Quartal hatte das BIP-Plus in Euroland bei 2,8% gelegen. Auch die EZB betonte auf der Pressekonferenz im Anschluss an den jüngsten Zinsentscheid am 12. April (der Leitzins wurde unverändert bei 3,75% belassen), dass die Konjunktur im ersten Halbjahr und darüber hinaus trotz der bislang vorgenommenen Zinserhöhungen weiterhin auf allen Zylindern läuft.

Die Entwicklung der Weltwirtschaft stützt anhaltend den Exportsektor, hohe Unternehmensgewinne in Verbindung mit einem immer noch akkomodierenden Zinsniveau begünstigen das Investitionsklima, so die EZB. Bestes Beispiel ist der deutsche Maschinenbau, der aktuell auf das vierte Rekordjahr in Folge zusteuert. Im vergangenen Jahr bereits hatten die deutschen Unternehmen die japanische Konkurrenz im Produktionsvolumen überholt und avancierten zur weltweiten Nr. 2 hinter den USA. Ein Blick auf das ifo-Geschäftsklima bestätigt die überaus positive Stimmung im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland: Mit 108,6 Punkten im April kletterte das Barometer auf nur noch 0,1 Zähler an sein Allzeithoch aus dem Dezember 2006 heran. Dieses könnte schon bald übertroffen werden, denn die ZEW-Konjunkturerwartung, die mit einem Vorlauf von einem Monat die ifo-Geschäftserwartungen vorhersagt, hat den Turnaround im ersten Quartal geschafft und im April auf 16,5 Punkte angezogen. Die letzte Lesung der ifo-Geschäftserwartungen, also die Einschätzung der wirtschaftlichen Zukunft, übertraf übrigens mit 104,3 Punkten die Erwartungen klar. Der Vormonatswert lag bei 103,2 Zählern.

Auf europäischer Ebene ist das Bild ähnlich rosig: Der EU-Geschäftsklimaindex manifestierte im März seinen Höchststand von 1,55 Zählern aus dem Vormonat. Die Geschäfts- und Verbraucherstimmung kletterte entgegen den Erwartungen von 109,7 Punkten auf 111,2 Zähler. Der Konsens hatte hingegen einen leichten Rückgang auf 109,5 Punkte erwartet. Dementsprechend warnte die EZB vor Inflationsgefahren. Zumal das Geldmengenwachstum M3 wie auch die Kreditvergabe derzeit jeglichen Rahmen sprengt. Im März ist die EU-Inflation wieder etwas auf 1,9% im Jahresvergleich von zuvor +1,8% gestiegen. Den Preisdruck noch erhöhen dürften die jüngst wieder nach oben gedrehten Rohstoffpreise – allen voran der für Rohöl. Allerdings sollten sich in der zweiten Jahreshälfte hier Basiseffekte ergeben, die das EZB-Ziel einer Teuerungsrate von 2,0% im Jahresvergleich erreichbar erscheinen lassen. Vorausgesetzt, die Währungshüter in Frankfurt straffen die Zinszügel weiter.

Dies zeigte sich auch in der Aussage von Jean-Claude Trichet über eine hohe Wachsamkeit in punkto Preisstabilität. Denn mittelfristig dürfte der wirtschaftliche Aufschwung sich auch am Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Nicht nur, dass qualifiziertes Personal europaweit heute bereits knapp ist, die Löhne sollten deutlich steigen. Einen kleinen Vorgeschmack auf eine Lohn-Preisspirale liefern aktuell die deutschen Gewerkschaften mit ihren hohen Forderungen. Der Tenor ist, die Arbeitsnehmer müssen endlich etwas von den riesigen Gewinnen der Unternehmen abbekommen. Das ist vielleicht auch gut so: Denn mehr Geld im Portemonnaie der Konsumenten dürfte vor allem in Deutschland dem nach der Mehrwertsteuererhöhung von 16% auf 19% zu Jahresbeginn unter die Räder gekommenen Einzelhandel stützen. Dennoch wiederholte EZB-Chef Trichet seine Forderung nach maßvollen Tarifabschlüssen – wohl auch, um geldpolitisch nicht allzu stark unter Druck zu geraten.

Der Euro sollte unterdessen von der Aussicht auf mindestens zwei weitere Zinserhöhungen durch die EZB auf dann 4,25% profitieren. Wirtschaftlich verkraftbar – auch bei einer schwächelnden US-Konjunktur – sind 4,50% allemal. Das nächste EZB-Treffen findet am 10. Mai statt. Allerdings ist erst im Juni mit einem Dreh an der Zinsschraube zu rechnen. Denn immer wenn Trichet in der Vergangenheit die Preisentwicklung „genau beobachtete“, folgte beim übernächsten EZB-Treffen eine Zinserhöhung. Wer an das europäische Wirtschaftswunder glaubt, kommt am Euro nicht vorbei.

Wie in den Devisen Reports von 14. Februar und 14. März 2007 besprochen, besitzt EUR/USD noch einiges Aufwärtspotenzial. Auch wenn die EZB und manch ein Politiker die Euro-Rally wahrscheinlich ab einem neuen Allzeithoch über 1,3667 verbal zu bremsen versuchen werden. Da die EU-Wirtschaft dank eines sich selbsttragenden Aufschwungs im Jahr 2008 noch Spielraum nach oben hat, der US-Dollar aufgrund eines rückläufigen Wachstums, ab dem dritten Quartal vermutlich sinkender Zinsen (Prognose: -50 Basispunkte bis Jahresende auf 4,75%) und anhaltender Diversifikationsbestrebungen der Notenbanken rund um den Globus weg vom Greenback weiter leiden dürfte, sind Notierungen für EUR/USD über 1,4000 keine Utopie mehr. Bei etwa 1,4300 liegt die 138,2%-Fibonacci-Extension der Aufwärtswelle aus 2004 von 1,2000 auf das Allzeithoch. Rückschläge sind jedoch einzukalkulieren!

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